Immobilienfirma Agiv bekommt neue Aktionäre [Von ftd.de, 22:24, 07.04.04]
Der angeschlagene Immobilienkonzern Agiv erhält offenbar neue Großaktionäre. Nach Informationen der FTD verhandelt das Hamburger Unternehmen derzeit mit zwei Interessenten über einen Einstieg. Schon in der kommenden Woche könne eine Entscheidung fallen, heißt es aus unternehmensnahen Kreisen. Damit wackele auch der Stuhl von Agiv-Chef Rainer Behne. Dem Vernehmen nach erwägt einer der beiden Interessenten, die Agiv-Aktien aus dem Besitz des Energiekonzerns EnBW sowie der ING BHF-Bank zu übernehmen. EnBW hält derzeit 14,2 Prozent an Agiv, die ING BHF-Bank weitere 13,2 Prozent. Beide Unternehmen wollten am Mittwoch keine Stellungnahme abgeben. Im Gespräch ist zudem eine durch einen der beiden Investoren, heißt es. Ein Agiv-Sprecher sagte, er werde die Gerüchte "weder bestätigen noch dementieren." Mit dem Verkauf der Aktienpakete an neue Geldgeber wäre für die Agiv ein drängendes Problem gelöst: Beide Altaktionäre haben sich über Optionsverträge das Recht gesichert, ihre Papiere zu einem Preis von 4,53 Euro - und damit weit über dem gegenwärtigen Kurs von rund 1,75 Euro - an die Agiv zurück zu verkaufen. Die Verträge gehen noch auf die Zeit vor der Verschmelzung der Agiv mit dem Immobilienkonzern HBAG Mitte 2002 zurück.
Klage belastet Unternehmen
Ursprünglich hätten EnBW und ING BHF-Bank danach bereits bis zum März 2003 ihre Aktienpakete abgeben können. Die Agiv weigerte sich bisher allerdings, die Verträge anzuerkennen und die Aktien zurückzunehmen. Mit der Fusion, so das Argument, sei das Verkaufsrecht erloschen. Die ING BHF-Bank hat deshalb Klage eingereicht, um die Frage per Gericht klären zu lassen. "Das hängt wie ein Damoklesschwert über dem Unternehmen. Wenn die Agiv zahlen müsste, wäre der Konzern pleite", hieß es zuletzt in unternehmensnahen Kreisen. Nun hätten sich beide Altaktionäre jedoch bereit erklärt, ihre Aktien - zu einem niedrigeren Preis - an einen Dritten zu verkaufen, heißt es. Ein Grund für das mögliche Einlenken dürfte auch die wirtschaftliche Situation der Agiv sein: Mietausfälle und Wertberichtigungen bei den Gewerbeimmobilien sowie Kosten aus der Fusion haben dem Konzern im Jahr 2002 einen Verlust von 80 Mio. Euro beschert, und auch das vergangene Jahr dürfte die Agiv mit einem Verlust abschließen. Wann die endgültigen Zahlen für das Geschäftsjahr 2003 veröffentlicht werden, steht noch nicht fest. Besiegelt werden könnte der Einstieg eines Investors bereits in der kommenden Woche. Dann werde womöglich auch schon ein Nachfolger für Konzernchef Behne benannt, heißt es. Der ehemalige Manager der Bank M.M. Warburg hält gemeinsam mit seiner Familie 12 Prozent an der Agiv. 13,7 Prozent gehören der Familie Knapp-Voith. Weitere 7 Prozent besitzt die Beteiligungs- und Immobiliengesellschaft WCM, deren Anteile nach Angaben von Konzernchef Roland Flach aber nicht von den Investoren übernommen werden.
Unklare Rolle der HSH Nordbank
Noch unklar ist, welche Rolle die HSH Nordbank in dem Geschäft spielt. Die Bank ist größter Kreditgeber der Agiv. Bereits seit längerem halten sich Gerüchte im Markt, wonach die HSH Nordbank plane, diverse problematische Kreditkunden aus der Immobilienbranche zu einer größeren und damit auch für den Kapitalmarkt wieder attraktiven Einheit zu fusionieren. Hierzu zählen neben der Agiv auch die beiden Unternehmen TAG und Büll & Liedtke. Im Gespräch ist dabei immer wieder auch eine Verschmelzung auf den Bonner Immobilienkonzern IVG, an dem die HSH Nordbank derzeit 11,2 Prozent besitzt. Ob der Einfluss der HSH Nordbank bei der IVG über den eigenen Anteil hinausreicht, ermittelt derzeit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die Behörde prüft, ob die Privatbank Sal. Oppenheim beim Einstieg in die IVG vor wenigen Wochen als "Strohmann" für die HSH Nordbank fungierte. Sal. Oppenheim besitzt 25,1 Prozent an der IVG. Aus Branchenkreisen heißt es nun, nicht auszuschließen sei, dass auch der Einstieg eines Investors bei der Agiv auf Betreiben der HSH Nordbank erfolge. Die Bank will zu den Gerüchten keine Stellungnahme abgeben. |