BERLIN/FRANKFURT. Die Lage des stark angeschlagenen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) bleibt labil. Nach Informationen des Handelsblatts aus Finanzkreisen befindet sich das Institut derzeit in Gesprächen mit Ratingagenturen über seine künftige Bonitätsnote. Nach der geplanten Abspaltung eines Teilportfolios aus toxischen Wertpapieren und strategisch nicht mehr notwendigen Geschäften in Höhe von 191 Mrd. Euro auf eine Abwicklungsanstalt benötigt die verbleibende Kernbank ein „A minus“-Rating, um sich ausreichend an den Kapitalmärkten refinanzieren zu können. Das ist aber derzeit alles andere als sicher. Künftig will sich die Kernbank um Staats- und Kommunalfinanzierung kümmern sowie risikolosere Immobilienfinanzierungen anbieten.
Zweifel am Geschäftsmodell der Bank
Die Ratingagenturen glauben wohl vor allem nicht so recht an die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells. Auch die EU-Kommission hat hier bereits Zweifel angemeldet. Zwar genehmigten die EU-Wettbewerbshüter vor wenigen Tagen die zusätzlichen Bürgschaften des Staates über 40 Mrd. Euro. Damit hat der Bund mittlerweile allein gut 140 Mrd. Euro Garantien an die Bank vergeben. Doch Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hält es für fraglich, dass damit die dauerhafte Überlebensfähigkeit gesichert sei.
Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jörg Asmussen, schloss nach Angaben aus Parlamentskreisen auf der gestrigen Sitzung des parlamentarischen Kontrollgremiums einen weiteren Kapitalbedarf der HRE nicht aus. Das hänge von der weiteren Entwicklung der Staatsanleihen im Euro-Raum ab. In Finanzkreisen hieß es, es sei fraglich, ob die Brüsseler Wettbewerbshüter einer neuen Kapitalspritze zustimmten.
Der staatliche Rettungsfonds Soffin wird die Kern- und Abbaubank der HRE nach Abschluss der laufenden Transaktionen zusätzlich zu den Garantien mit rund zehn Mrd. Euro Eigenkapital versorgt haben. Damit ist der maximal mögliche Rahmen zunächst vollständig ausgeschöpft. Bisher seien von den zehn Mrd. Euro gut zwei Mrd. Euro von Brüssel noch nicht abschließend genehmigt, hieß es.
Der haushaltspolitische Sprecher der SPD, Carsten Schneider, hat sich bereits für eine Abwicklung der HRE-Kernbank ausgesprochen. Dieser Ansicht ist auch der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Alexander Bonde. „Mit einer geregelten Abwicklung der HRE können wir künftig Milliardenrisiken für Steuerzahler verhindern. Ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell für die Kernbank ist nicht absehbar“, sagte er dem Handelsblatt.
Dagegen warnt der Vorsitzende des parlamentarischen Kontrollgremiums für den Bankenrettungsfonds Soffin, Florian Toncar (FDP), vor voreiligen Forderungen: „Wer wie die SPD in der Regierung die komplette Verstaatlichung der HRE betrieben hat und jetzt mitten in der lange vorbereiteten Umstrukturierung einer Abwicklung das Wort redet, schadet nicht nur der eigenen Glaubwürdigkeit. Er beschädigt auch die Chancen der Bank“, sagte Toncar dem Handelsblatt. Diese Variante werde mit weitaus höheren Verlusten verbunden sein für den Steuerzahler. „Denn jetzt haben wir noch die Möglichkeit, eine geschrumpfte Kernbank in absehbarer Zeit zu privatisieren und damit die Verluste für den Staat zu verringern“, sagte Toncar.
Kritik an Millionenboni hält an
Die HRE sorgt auch wegen hoher Bonuszahlungen an Manager für Zündstoff. Auslöser der Verärgerung sind Sonderzahlungen von insgesamt 25 Mio. Euro an 1400 Beschäftigte der HRE. Reine Appelle an eine angemessene Bezahlung nützten offenbar nichts, kritisierte der Unions-Finanzexperte Leo Dautzenberg. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte, die Koalition müsse prüfen, ob die Gehälter in den Banken gedeckelt werden könnten.
Bisher gibt es nur eine gesetzliche Grenze von 500 000 Euro für Vorstände geretteter Banken. Die Bundesregierung sieht sich aber weitgehend machtlos, die Regelung auf Managementebenen unterhalb des Vorstands auszuweiten. Dazu müsste der Gesetzgeber in Arbeitsverträge eingreifen, was rechtlich problematisch ist. „Wir warten schon länger auf eine Prüfung aus dem Bundesjustizministerium, wie in laufende Verträge in Banken eingegriffen werden kann, wenn Banken staatliche Unterstützungsmaßnahmen erhalten und zugleich die Bankenaufsicht Maßregeln anordnet“, sagte Dautzenberg.