Ich hatte ja schon geschrieben, dass man den Markt heute nach den Daten besonders beobachten sollte. Die Marktreaktion wird weiteren Aufschluss über das Sentiment geben, das ich - zumindest temporär - für angeknackst halte. Diese Beobachtung ist wichtig, weil der Markt zur Zeit rein psychologisch von Hoffnungen getrieben ist. Sollten die enttäuscht werden steht der Kaiser nackt (d.h. mit miesen Rahmendaten) da. Heute schreibt auch Ronad Gehrt im Daily Observer darüber. Also: Augen auf, aber noch nicht zu bearischen Positionen verführen lassen :-) -------------------------------------------------- Arbeitsmarktdaten und Quartalsbilanzen ... Bewegung in Sicht!von Ronald Gehrt Guten Morgen, verehrte Leserinnen und Leser! Heute Punkt 14:30 Uhr sollten wir uns mal am besten über nichts wundern. Denn dann stehen die US-Arbeitsmarktdaten an ... neben Notenbanksitzungen zu den wichtigsten Eckpunkten für die Entwicklung der Aktienmärkte hochstilisiert. Da wird was gehen ... aber was? Der S&P 500 könnte endlich dem Dow hinterherlaufen und neue Höchststände erzielen, der Dax die 8.000 bezwingen ... oder beide Hand in Hand eine Korrektur einleiten. Ich würde mal im Vorfeld auf 60:40 auf steigende Kurse tippen ... aber das ist erstens keine besonders überzeugende Quote, zweitens von nur kurzfristiger Bedeutung und drittens völlig unabhängig von den Daten, die auf den Tisch kommen. 
Egal was kommt: Positiv kann man alles sehenDas klingt blöd, passt aber zum Trading a la Absurdistan, das wir momentan sehen. Es ist ja nun so: Egal, wie die Daten ausfallen werden, man kann sie entweder positiv oder negativ interpretieren. Konkret: Fällt die Zahl neu geschaffener Stellen deutlich unter den Erwartungen aus, ist das faktisch negativ für die Konjunktur und damit in direkter Folge für den Aktienmarkt. Vor allem, weil die Arbeitsmarktdaten ja nachlaufende Indikationen sind. Deshalb sind sie eigentlich auch weniger bedeutsam um herauszubekommen, wie sich die Lage jetzt entwickelt ... und darauf käme es ja vor allem an. Doch ein schwacher Arbeitsmarkt im September findet seine Ursachen Monate zuvor. Ob und wie stark der „Credit Crunch“ im August auf diesen Bereich einwirken wird, werden wir hingegen frühestens am Jahresende zu sehen bekommen. Was übrigens bedeuten würde: Gute Daten würden nicht heißen, dass die Kreditkrise nicht gewirkt hat ... das kann noch kommen. Schlechte Daten bedeutet aber, dass vorher schon Probleme da waren ... und es durchaus schnell schlimmer kommen kann, wenn die „Credit Crunch“-Faktoren noch zusätzlich hinzukommen. Aber: Negatives kann so bullish sein ...Negative Fakten lassen sich alle fröhlich wegpusten indem man einfach sagt: Oh, fein, dann steigt die Wahrscheinlichkeit weiterer Zinssenkungen. Sprich man freut sich darüber, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands bedeutet, dass man noch mehr bunte Pillen bekommt ... auch, wenn es durchaus nicht mehr als Placebos sein könnten. Aber gute Arbeitsmarktdaten könnten ebenfalls steigende Kurse bedeuten, denn da kann man sich hinstellen und sagen: Seht ihr, die Kreditkrise hat doch gar keine echten Auswirkungen (oben stehende Zeitverzögerung ignorierend, aber ignorieren ist ja gerade „in“) ... und wir stehen so gut da, da muss die Notenbank ja nicht einmal mehr die Zinsen weiter senken. Es kommt auf die Kursreaktion anUnd genau deshalb bin ich der Ansicht, dass es für die unmittelbare Situation völlig egal ist, wie die Daten ausfallen – es kommt rein auf die Reaktion an! Wenn schlechte Nachrichten so lange verwurstet werden bis sie gut klingen und die Kurse dadurch trotzdem steigen ... ist davon auszugehen, dass die „Rallye der Ahnungs- und Sorglosen“ erst einmal weitergeht – zumindest ein paar Tage. Darauf kommt es jetzt an! Im Gegenzug wird sehr wahrscheinlich eine Korrektur einsetzen, wenn auf schlechte Daten auch negativ reagiert wird, oder, noch markanter, wenn einigermaßen gute Daten nach kurzer Aufwärtsbewegung zu fallenden Kursen führen. Darauf muss man kurzfristig jetzt achten. Denn bislang kann man aus dem bisherigen Wochenverlauf wenig Honig saugen: Neue Allzeithochs bislang ohne AnschlusskäufeAm Montag ging es im Dow Jones, nicht zuletzt weil es der erste Handelstag im neuen Quartal war, zwar deutlich nach oben und zugleich auf neue Allzeithochs, danach aber wieder bergab. Doch dieses „bergab“ war einfach zu wenig, ohne Dynamik, als dass man das als Korrektur ansehen könnte – es war bestenfalls ein Abwarten bei leichten Gewinnmitnahmen. Auch, wenn dabei die steile kurzfristige Aufwärtstrendlinie knapp unterboten wurde – die ist zu steil, um wirklich dauerhaft Bestand zu haben. Die Aussagekraft dieser Tage ist bislang gleich Null – damit allerdings auch die Aussagekraft des Aufwärtsschubes auf neue Hochs. 
Jetzt aber, heute und vor allem in der kommenden Woche, wird sich weisen, aus welchem Holz diese Rallye geschnitzt ist. Denn dann kommt neben den ohnehin nonstop einlaufenden neuen Konjunkturdaten ein weiterer Aspekt hinzu: It’s earnings time!Die Quartalsberichte für das 3. Quartal rollen an. Da wollen wir jetzt mal sehen, was die großen Adressen tun! Sie wissen ja, die Umsätze sind die ganze Zeit bei stark steigenden Kursen nicht angesprungen, nicht einmal, als der Dow Jones neue Rekorde erzielte. Aber: „Oben“ sind wir ja trotzdem. Nun machen wir mal eine Rechnung auf: Im Juli sausten die Kurse auf das nun wieder erreichte Niveau bei: - weitaus höheren Dollarkursen und klar niedrigeren Ölpreisen - einer klar besseren Konjunkturlage - ohne sichtbare Probleme am Hypotheken- und Kreditmarkt und - mit deutlich bullisheren Perspektiven für die Gewinne eben dieses 3. Quartals! Gerade gestern hat Thompson Financial, die ja mit zu den Spezialisten für diese Prognosen zählen, den durchschnittlichen Gewinnanstieg der US-Unternehmen für das 3. Quartal von +3,9% in der Vorwoche auf nun nur noch +1,7% nach unten korrigiert. Klar, da mag immer der alte Trick dahinter stehen, dass man niedrige Prognosen leichter übertreffen kann und so die gute Stimmung erhalten bliebe. Aber dennoch: Erst ein Test der Unterstützungen ist eine NagelprobeWenn wir die Lage vor drei Monaten und heute vergleichen – bei nahezu gleichem Kursniveau am Aktienmarkt – wäre es durchaus nicht von der Hand zu weisen, dass es nicht nur eine ohnehin anstehende Korrektur gäbe, sondern deutlich mehr nach unten. Und, wenn man sich die nach einer Woche abflauender Euphorie schon wieder weit über 50% gestiegene „Bullenrate“ im Sentiment ansieht, käme das möglicherweise für sehr viele überraschend ... Fazit: Lassen wir uns mal überraschen, was da morgen vom Arbeitmarkt auf den Tisch kommt. Entscheidend wird in den kommenden Tagen aber sein, wie die Kurse reagieren – egal, auf welche Nachrichten. Erst in dem Moment, wo wir die nun nächstgelegenen Unterstützungslinien testen würden wäre erkennbar, ob dann die Kurse wieder deutlicher Luft nach unten haben oder aber jeder Test solider Unterstützungen wieder aufgekauft wird ... und somit zumindest für sehr spekulative Akteure eine Einstiegchance bilden würde. 
Der Nachteil, das hatte ich ja in den vergangenen Tagen angesprochen: Diese Unterstützungen liegen nicht allzu nahe. Für den Dow Jones liegen diese Linien bei 13.700 und 13.500 (auf letztere käme es mehr an, das ist die untere Begrenzung des Aufwärtstrendkanals). Beim S&P 500 ist es der Bereich 1.504 bzw. 1.485 (letztere wichtiger). Beim Dax, Sie wissen es, sind es eine kleine Linie (7.750) und eine massivere bei 7.630. Wollen mal sehen, wie es laufen wird ... spannender als bislang in dieser ruhigen Woche dürfte es allemal werden! Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende – bis Montag! Ronald Gehrt The Daily Observer |