Seltsames neues Deutschland Marin Majica
Max ist in einem seltsamen Land gestrandet. Eigentlich hat er nur ein Büro gesucht, um seine Magisterarbeit zu schreiben. Das Gebäude am Franz-Mehring-Platz schien perfekt. Der Ostbahnhof ist nah. Trotzdem liegt das schick-kaputte ehemalige Redaktionsgebäude des Neuen Deutschland auf einer Insel ohne ablenkende Cafés oder Bars zwischen Kreuzberg und Friedrichshain. Deswegen sitzt Max jetzt im früheren Zentralorgan der SED und schreibt über die unendlichen kapitalistischen Weiten von George Lucas' Star Wars-Filmen.
Wenn Max Hunger hat, geht er zum Imbiss am Ostbahnhof. Da sitzen meist lustige Leute in geselliger Runde bei einem Gläschen Apfelkorn. Wobei Max nur wenige gesellige Runden kennt, die schon mittags so lustig sind. Auch im Bahnhof selbst ist immer was los. Am Kiosk gibt es das deutsche Popliteraten-Magazin "Der Freund", das in einem Hotel in Katmandu gemacht wird. In der Bahnhofshalle waren gerade die "Wirtschaftstage Friedrichshain-Kreuzberg". Ein Freund verstand den Witz sofort: "Das ist ja so wie Antifa-Sächsische Schweiz."
Am Bahnhof belauschte Max eine Gruppe bärbeißiger Stahlbauer, die sich über Rezepte für Rouladen austauschten. Max holte sich noch einen Latte Macchiato bei "World Coffee" und ging zurück in sein Büro, über dem noch immer "Neues Deutschland" steht.
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