Im neu erforschten Evangelium des Judas sieht Jesus in seinem Jünger einen Helfer
von Berthold Seewald
"Der geheime Bericht der Offenbarung, die Jesus im Gespräch mit Judas Iskariot verkündete" - mit diesen Worten beginnt der Text, der gestern im Hauptquartier des "National Geographic Magazine" als Weltsensation vorgestellt wurde, um als Titelgeschichte und TV-Film in 163 Ländern und 27 Sprachen um die Welt zu gehen. Doch die Zeitschrift der altehrwürdigen, 1888 im Washingtoner Cosmos Club gegründeten Gesellschaft blieb auf dem Teppich und versprach nicht, die Geschichte umzuschreiben. Die restaurierte und übersetzte Fassung des lange verschollenen "Evangeliums des Judas" sei, was schon im Vorfeld bekannt gewesen war (WELT v. 6. 4.): ein herausragendes Dokument aus jener Zeit, als "das Christentum versuchte, seine Identität zu finden", so Marvin Meyer, Bibelforscher der kalifornischen Chapman-University.
Der 13seitige Kodex in koptischer Sprache kam um 1970 in Mittelägypten ans Licht und landete nach einer Odyssee durch den Antikenmarkt schließlich in der Schweizer Maecenas-Stiftung für antike Kunst". Fünf Jahre lang finanzierten "National Geographic" und das Waitt Institute für Historical Discovery Rekonstruktion und Übersetzung des Textes. "Wenn Sie ein auf neun bis zehn Seiten getipptes Dokument nehmen, es in winzige Stücke reißen, die eine Hälfte wegwerfen und die andere zu rekonstruieren suchen, haben Sie eine Vorstellung davon, wie schwierig die Arbeit war", sagt der Augsburger Koptologe Gregor Wurst, der an dem Unternehmen beteiligt war.
Entsprechend dunkel sind manche Passagen des Textes, der wohl im 2. Jahrhundert n. Chr. entstand, dessen vorliegende Fassung aber auf das 4. Jahrhundert datiert wird. Kurz vor dem jüdischen Passahfest führen Jesus und Judas darin ein Gespräch. "Du wirst den Menschen opfern, der mich kleidet", sagt Jesus zu Judas, ein Satz, den die vom "National Geographic" aufgebotenen Gelehrten für den zentralen halten. Judas wird Jesus den Tod bringen, und er wird ihm damit helfen, seine Mission zu erfüllen.
"Erhebe deinen Blick und schaue auf die Wolke und das Licht darin und die Sterne, die sie umgeben", sagt Jesus. "Der Stern, der den Weg anzeigt, ist dein Stern", ermutigt er Judas. Doch bei aller Wertschätzung, die Jesus seinem Jünger erweist, warnt er ihn auch vor den Folgen seines Tuns: "Du wirst verflucht werden" - von den anderen Jüngern, den "Dienern des Irrtums", den Menschen.
Doch was wie eine Gegendarstellung zur Geschichte der Evangelien des Neuen Testaments erscheint, schöpft nur scheinbar aus authentischen Zeitzeugenberichten. Tatsächlich handelt es sich um einen plakativen theologischen Entwurf, den der Bischof Irenäus von Lyon um 170 n. Chr. Abtrünnigen zuweist, die in Judas nicht den Verräter, sondern den Vollender des göttlichen Planes sahen. Damit wird das "Judas-Evangelium" zu einem Zeugnis für die frühchristliche Debatte, in der weder die Kirche Dogma und Struktur, noch die heiligen Schriften ihren Kanon gefunden hatten.
Das "Evangelium des Judas" war eine Art "Gegenbibel", die im Umfeld der Gnostiker entstand, wie seit Irenäus die "abtrünnigen" Mitglieder seiner Gemeinde genannt werden. Dabei handelt es sich um Mystiker, die alles Irdische für Böse hielten und Beistand für den Ausbruch daraus zu Gott suchten. Judas, aber auch Kain, erschienen als ideale Gehilfen, zeigten sie doch, daß auch Satan und seine Dienstleute nur einem verschlungenen Weg des guten Gottes folgten, den es mit dem Mittel der Erkenntnis (Gnosis) zu verstehen und für sich einzusetzen galt.
Während also zahlreiche Forscher den Fund als wichtigen Ausweis für die Buntheit frühchristlicher Theologie deuten, muß für den niederländischen Kirchenhistoriker Hans van Oort das Bild von Judas als eines Verräters jetzt umgeschrieben werden.
Artikel erschienen am Fr, 7. April 2006, welt.de
Studiert das Thomasevangelium, leider werden die darin liegenden Geheimnisse kaum beachtet, selbst die katholische Kirche akzeptiert diese Schriften nicht. Die Forscher behaupten, es sind Worte von mehreren Personen, es sind aber nur zwei.
greetz bammie |