Freitag, 5. Dezember 2008 Abfallprodukt Energie Spaniens Landwirte und Energieunternehmer entdecken, was in Mittel- und Nordeuropa längst alle wissen: Abfall ist Geld. "Bei uns fallen riesige Mengen von Rückstände in der Lebensmittelindustrie an, die bisher ungenutzt entsorgt werden", erklärt der Vorsitzende der Abteilung für Biomasse und Biogas bei der Vereinigung der Produzenten erneuerbarer Energie (APPA), Josep Turmo. Dank eines gesetzlichen Rahmens aus dem Jahre 2007, soll daraus jetzt bare Münze werden. Das Gesetz sieht bis 2010 250 MW Kapazität zur Stromerzeugung aus Biogas vor. Das Geschäft ist rentabel. Für Anlagen auf Müllhalden gibt es 15 Jahre lang 7,99 Cent pro KWh, für Anlagen für Abfälle aus der Viehzucht und der Lebensmittelindustrie bis zu 13,79 Cent/ KWh. Ob Gülle, Mist oder Abfälle aus der Lebensmittelindustrie, alles wird damit zum wertvollen Rohstoff.
166 MW sind bereits installiert. 75 Prozent davon entfallen auf Anlagen, die das Gas der spanischen Mülldeponien verwerten. Der Rest verarbeitet meist Abfälle aus der Viehzucht. Bis 2010 fehlen 84 MW, um das Dekret zu erfüllen. Doch der Markt gebe viel mehr her, ist sich Turmo sicher. Er geht davon aus, dass Spanien mindestens das 500 MW an Energie aus Biogas produzieren kann. Das sind lukrative Zukunftsaussichten, die vor allem Unternehmen aus Mittel- und Nordeuropa – die dort seit Jahren Erfahrungen mit Biogas gesammelt haben - anziehen Unter ihnen befinden sich die deutschen Biogas-Nord und EnviTec Biogas.
Biogas Nord hat sich in der Mittelmeerstadt Valencia niedergelassen. Das Unternehmen konzentriert sich hauptsächlich auf die Rückstände aus der Lebensmittelproduktion und auf Klärschlämme. EnviTec spezialisiert sich mit einer Filiale im Baskenland auf Rückstände aus der Viehzucht.
Seit vergangenem Jahr engagiert sich die spanische Politik verstärkt in der Forschung im Bereich Biogas. Neben kleinen, von den Regionalregierungen unterstützten Projekten, beschäftigt sich vor allem das Forschungsinstitut der spanischen Lebensmittelindustrie AINIA mit dem Thema. "Wir haben hier in Spanien Rückstände, die die technologischen Marktführer im Norden nicht kennen", erklärt der Leiter der AINIA-Umweltabteilung, Andrés Pascual. Er denkt dabei vorallem an Rückstände der Zitrusfrüchte, die er zur Zeit erforscht. Pascuals Vorzeigeprojekt ist der Zusammenschluss ProBiogás, in dem neben AINIA Unternehmen, öffentliche Forschungsinstitute sowie Universitäten mit von der Partie sind. Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung unterstützt das Projekt mit fünf Millionen Euro.
"Eines unserer Hauptprojekte ist eine genaue Bestandsaufnahme der anfallenden Produktionsrückstände", erklärt Pascual. Eine Abfallkarte Spaniens soll zeigen, wo Fruchtfleisch aus der Herstellung von Säften, Rückstände aus der Konservenproduktion und Überschüsse aus dem Anbau von Obst und Gemüse sowie tierische Abfällen und Glyzerin aus der Biodieselgewinnung anfallen, und in welchen Mengen. "Dies sind die Hauptrohstoffe für die Biogasproduktion in Spanien", erklärt Pascual, für den selbst die 500 MW mögliche Kapazität, von denen APPA spricht, niedrig gegriffen sind./ Foto: Alex Marshall, Clarke Energy, Wikimedia Commons. |