Für Roger Federer begann nach seinem 6. Major-Titel der gewohnte Medienmarathon. Knapp zwei Stunden nach dem x-ten grossen Erfolg trat der 24-Jährige vor die Weltpresse und absolvierte auch diesen Parcours gewohnt souverän.
[Si/daw] - Roger Federer, wie speziell ist dieser Erfolg für Sie?
«Sehr speziell, gerade unter diesen Bedingungen. Einen Final hier beim US Open gegen Andre Agassi zu gewinnen ist toll, er ist die wohl einzige noch aktive Legende neben Martina Navratilova. Vielleicht war dies der wichtigste Match in meinem Leben.»
Hatten Sie im Spielverlauf je an eine Niederlage gedacht? «Ja, im dritten Satz bei 2:4 dachte ich, dass ich bald 1:2 Sätze hinten liegen und dann verlieren würde. Als mir aber unmittelbar danach das Rebreak gelungen ist, habe ich die Trophäe wieder in Sichtweite gehabt. Da hat das Spiel in wenigen Minuten gekehrt, das ist eine meiner Stärken.»
Die Zuschauer waren schon sehr eindeutig auf Andres Seite. Hat Sie das gestört? «Es war schon recht extrem und härter als erwartet. Ich hätte mir vielleicht ab und zu erhofft, dass sie bei meinen schönen Punkten etwas mehr applaudieren. Aber ich kann schon verstehen, dass sie Andre stark unterstützt haben und bin ihnen auch nicht böse. Schliesslich waren die Sterne günstig, und es schien möglich zu sein, dass er gegen Ende der Karriere einen ähnlich schönen Erfolg feiert wie Pete Sampras oder Goran Ivanisevic.»
2004 hatten Sie drei Major-Titel geholt, nun auch wieder zwei und insgesamt zehn Turniersiege. Ist dieses Jahr etwa ähnlich gut wie 2004? «Ich hatte mir gedacht, es sei fast unmöglich, das letzte Jahr zu toppen. Mitte Jahr habe ich mir dann gedacht, ich sei auf gutem Weg, wieder eine sehr gute Saison hinzulegen, und das gelingt mir auch. Aber ich habe einen Grand Slam weniger, und die WM fehlt auch noch. Dass es mir gelungen ist, nach den beiden Halbfinals in den ersten beiden Grand-Slam-Turnieren die nächsten beiden zu gewinnen, ist für mich aber eine ziemliche Überraschung.»
Fühlen Sie sich wie der beste Spieler der Welt? «Ja, wie der beste Spieler meiner Generation. Insgesamt aber überhaupt nicht, schaut nur einmal die Rekorde an, die einige Spieler haben. Dagegen bin ich nur ein kleiner Fisch (lacht).»
Mit 23 Finalsiegen in Serie sind Sie doch der beste Spieler. Sie haben ja auch den Rekord von Borg und McEnroe gebrochen ... «Ja, in dieser Statistik schon. Vielleicht auch im Verhältnis von Finalteilnahmen zu Siegen und bei der Prozentzahl gewonnener Major-Finals. Das sind Rekorde, auf die ich stolz bin. Es ist lustiger für mich, nicht immer nur gegen Gegner zu spielen, sondern manchmal auch gegen die Geschichte. Ich kann immer noch nicht glauben, wie gut ich die letzten paar Jahre gespielt habe und dass es immer so weitergeht.»
Sie haben jetzt 60 Prozent der letzten zehn Major-Turniere gewonnen, eine schlichtweg unglaubliche Quote. Hätten Sie früher je gedacht oder nur davon geträumt, das Tennis dereinst so dominieren zu können? «Nein, ich bin genauso baff wie ihr. Es ist für mich nach wie vor eine grosse Überraschung, und ich betrachte es weiterhin nicht als selbstverständlich. Ich wäre schon glücklich, wenn ich pro Jahr einen Grand-Slam-Titel gewinnen würde. Man kann von sich und von seinem Körper auch nicht jedesmal alles erwarten.»
Mit Ihrem 6. Major-Titel haben Sie unter anderem auch zu Ihren Jugendidolen Stefan Edberg und Boris Becker aufgeschlossen. Ein spezielles Gefühl? «Auf jeden Fall. Als ich das heute gehört habe, war ich sehr stolz, es ist fantastisch, zu seinen Idolen aufschliessen zu können. Das ist wohl der Traum jedes kleinen Jungen, und ich habe ihn heute in einem denkwürdigen Final für mich realisiert. Ich glaube, ich habe in meiner Karriere immer noch einige Möglichkeiten, und hoffe, dass ich diese Marke übertreffen kann. Das wäre noch besser.» |