Dossier Premiere werkelt an neuer Struktur von Isabell Hülsen (München) Premiere erwägt den Umbau des Konzerns in drei weitgehend selbstständige Geschäftsbereiche. Damit reagiert der Abosender auf die Umwälzungen im deutschen Markt für Bezahlfernsehen.
"Ich schließe nicht aus, dass daraus auch einmal einzelne Unternehmen entstehen", sagte Premiere-Chef Georg Kofler der FTD. So soll sich ein Konzernteil künftig nur um Inhalte kümmern, also vor allem den Einkauf von Filmen und Sportrechten. In einem zweiten Bereich will Premiere Kundenbetreuung, Marketing und Verbreitung der Sender und Empfangsgeräte bündeln. Die Sparte Premiere Interactive soll neue Geschäfte wie Wetten oder Handy-TV forcieren.
Nach dem Verlust der Bundesliga-Rechte im Dezember hatte der Bezahlsender seine langjährige Monopolstellung durch neue Rivalen, vor allem Arena, eingebüßt. Branchenbeobachter zweifeln seither daran, dass Premiere sein bisheriges Geschäftsmodell einfach aufrechterhalten kann. Sie hatten bemängelt, dass das Unternehmen lange Zeit keine neue Strategie präsentierte - die will Kofler nun liefern.
"Um unsere Plattform beneiden uns viele"
Mit der geplanten Struktur hofft er, den Sender künftig stärker als Partner und Dienstleister für andere Pay-TV-Anbieter wie Arena, aber auch Kabelnetzbetreiber oder Satelliten- und Telekomfirmen zu positionieren. Sie drängen zunehmend in den Markt für Abofernsehen und müssen dazu Programm kaufen und Kunden betreuen. Als selbstständigere Einheiten könnten die Premiere-Sparten ihre Dienste nicht nur dem eigenen Sender, sondern auch Dritten zur Verfügung stellen, also etwa andere Bezahlkanäle vermarkten oder sie mit Programm beliefern. Vor allem die Erfahrung in der Betreuung von 3,4 Millionen Kunden will Kofler zu Geld machen. "Um unsere Plattform beneiden uns viele", sagte der Senderchef. "Selbst der Verlust der Bundesliga hat die Premiere-Plattform nicht substanziell beschädigt, und für andere ist es ungleich teurer, etwas Vergleichbares aufzubauen."
Eine mögliche Gründung einzelner Firmen würde es zudem erlauben, neue Partner zu beteiligen oder zu übernehmen und Geschäfte zu fusionieren. Kofler wollte sich dazu nicht äußern. "Premiere kann in allen drei Bereichen zur Konsolidierung der Branche beitragen", sagte der Senderchef nur. Seit dem Verlust der Bundesliga, der die Aktie einstürzen ließ, gilt Premiere selbst als Übernahmekandidat - auch das könnte Kofler mit dem Umbau abzuwenden versuchen.
Doch muss Premiere erst noch beweisen, dass der Konzern auch ohne die Bundesliga nicht so geschwächt ist, dass potenzielle Partner das Interesse an einer Kooperation verlieren. Im ersten Quartal hatte Premiere 44.000 Kunden verloren, im zweiten 80.000 - weniger als von Analysten befürchtet. Mit Spannung werden nun die Zahlen für das dritte Quartal erwartet, die der Sender am 7. November vorlegt. "Das dritte Quartal wird uns interessanter machen", gab sich Kofler optimistisch. Bei Umsatz und Gewinn dürfte der Sender davon profitieren, dass er Hunderttausende neuer Empfangsboxen nun erst ab November statt wie geplant im August von den Herstellern abnimmt - und damit erst später zahlen muss.
Der Verkauf von Arena-Abos an Kabelkunden, den Premiere in 14 Bundesländern übernommen hat, wird neuen Umsatz liefern. Premiere steuert gut die Hälfte der über 900.000 Arena-Kunden bei. Laut Friedrich Schellmoser, Analyst der HypoVereinsbank, profitiert Premiere künftig davon, dass sich Arenas eigener Vertrieb schwierig gestaltet. Beim Abo-Verkauf an Satellitenkunden versucht es der neue Sender bisher ohne Premiere - mit mäßigem Ergebnis. Wegen der finanziellen Belastung für die Arena-Mutter Unity hält Schellmoser eine Zusammenarbeit für wahrscheinlich, Arena aber dementiert das.
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