Pressekritik an Ferrari "Formel Farce"
Weil Rubens Barrichello seinem Mannschaftsgefährten Michael Schumacher beim Großen Preis von Österreich den Sieg überlassen musste, steht das Ferrari-Team mächtig in der Kritik. Die internationale Presse wirft der Scuderia sogar Betrug an der Formel 1 vor.
Italien: Gazzetta dello Sport: Großer Barrichello, kleiner Todt. Ferrari hätte einen großartigen Doppelsieg feiern können. Der Tag ist zu einem Sonntag der Schande geworden. Ferrari erntet einen neuen Erfolg, verlässt Zeltweg aber mit den Pfiffen der Fans in den Ohren. Der Triumph ist von einer Sünde überschattet, die schwer zu vergessen ist. Die Ferrari-Teamorder ist eine Beleidigung für Piloten, die ihr Leben auf der Piste aufs Spiel setzen, für das Publikum in Zeltweg, das Hunderte von Euro für zwei Stunden Rennen zahlt, und für die Millionen Zuschauer zu Hause. Die Ferrari-Teamorder ist vor allem eine Beleidigung für den Sport, eine eklatante und unnötige Geste, die dem Image der Scuderia und der ganzen Weltmeisterschaft schadet.
DPA Triumph und Tränen: Rubens Barrichello und Michael Schumacher Corriere dello Sport: Rubens, zum Verlieren bezahlt. Warum hat Ferrari einen fantastischen Doppelsieg mit einer derartigen Geste der Arroganz beschmutzt? Warum hat Ferrari Barrichello nach der Verlängerung des Vertrags zu diesem Opfer gezwungen? Ferrari hat vor den eigenen Fans bewiesen, dass der Rennstall nicht nur wegen seiner Technologie, Taktik und politischer Wendigkeit glänzt. Ferrari ist auch in schlechtem Geschmack groß.
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Tuttosport: In der Welt der Formel 1 weiß jeder, dass Schumacher und nicht Jean Todt das letzte Wort zu sagen hat. Der Franzose hat wie ein Bürokrat gehandelt, ohne an die Folgen zu denken. Vor den Augen der Fans steht nicht Ferrari, sondern ein kleines Team, das im Orkan der Pfiffe untergeht. Der Mythos Ferrari darf nicht mit solchen Gemeinheiten beschmutzt werden. Die Millionen Fans in der Welt verdienen Respekt, weil sie auch vor Beginn der Ära Todt mit seinen Teamgesetzen an der Ferrari-Seite standen.
La Repubblica: Bei Ferrari siegt die Staatsräson. Schumacher führt die Weltmeisterschaft an, er muss Punkte gewinnen. Genau wie letztes Jahr. Doch damals war Schumis Position nicht so solide wie jetzt. Wäre Ferrari ein normales Team, wäre einfach Entrüstung angebracht. Aber Ferrari ist etwas mehr, eine weltweite Legende. Warum soll man diese Legende mit einer Bagatelle beschmutzen? Es ging ja nur um vier WM-Punkte. Das wäre wirklich nicht notwendig gewesen.
Corriere della Sera: Barrichello, Siegen verboten. Ferrari ist zu einem weltweiten Mythos, nicht nur wegen seiner Duelle mit den Kolossen der Formel 1, sondern auch dank seines Images aufgerückt, eine Mischung aus Menschlichkeit der Piloten, Mechaniker und Ingenieure. Eine Mischung aus sportlichem Duell und Sympathie, die die Leute mehr als das militärische Klima der nördlicheren Rennställe anzieht. Eine derart unpopuläre Teamorder kann ausschließlich in entscheidenden Momenten der Meisterschaft gerechtfertigt werden, was in Zeltweg aber nicht der Fall war.
Österreich: Kronenzeitung: Falscher Sieger, echter Verlierer. Statt dramatischer Oper ein lächerlicher Schwank. Barrichello darf nicht gewinnen - und Michael Schumacher kann nicht jubeln. Alle Schutzengel der Welt stehen Sato bei.
Kurier: Formel-1-Fest wird zum Betrug am Sport. Schumachers geschenkter Sieg empört Millionen Grand-Prix-Fans. Formel Farce. Skandal-Finish. Ein Sieger, der nicht strahlen will.
Die Presse: Empörung über die Ferrari-Manipulation. Man kann's nur in ein Wort fassen: Skandal! Ein Schlag ins Gesicht des Sports, der Zuschauer und der Piloten.
Der Standard: Schiebung beim Ferrari-Sieg. Die skandalöse Oper. Michael Schumacher gewinnt zum ersten Mal den GP von Österreich, und das ist eine Farce. Der Weltmeister tilgt mit Teamhilfe den letzten weißen Fleck auf der Siegerkarte seiner Formel-1-Karriere.
Frankreich: Liberation: Dieser Grand Prix hätte ein faires Ende verdient gehabt. Die Piloten in der Formel 1 verdienen zwar Respekt, dass sie bei der Ausübung ihres Luxusberufs ihr Leben riskieren. Das Verhalten von Ferrari kann dadurch aber nicht legitimiert werden.
Le Parisien: Ferrari soll sich schämen. Schumacher, bereits viermal Weltmeister und inzwischen auf den Spuren von Fangio, braucht keine geschenkten Siege. So wird sein Image zerstört.
L'Equipe: Rote Karte! Es war eine traurige Vorstellung, die Ferrari auf den letzten 100 Metern geboten hat. Das war eine Vorstellung, die ganz im Gegensatz zu dem Mythos von Ferrari steht. Ferrari hat seinen Doppelsieg in eine Parodie verwandelt. Das hat den legitimen Zorn bei Tausenden Zuschauern an der Strecke und Millionen vor den Fernsehern ausgelöst.
Deutschland Berliner Kurier: Schiebung brachte Schumi den Sieg
Bild: Schumi: Sieg der Schande
Berliner Zeitung: Der Weltmeister schämt sich. Einen solch unglücklichen Sieger gab es in der Formel 1 noch nie.
Berliner Morgenpost: Betrug an den Fans
Tagesspiegel: Am Ende gab es nur noch Pfiffe und Buhrufe vom aufgebrachten Publikum und kopfschüttelnde bis fassungslose Konkurrenten
BZ: Schumi, hattest Du diesen Sieg nötig?
Stuttgarter Nachrichten: Ferraris Sieggeschenk an Michael Schumacher ist so etwas wie ein Totalschaden für eine ganze Sportart.
Stuttgarter Zeitung: So werden aus Siegern große Verlierer. Der Bremsbefehl für Barrichello war ein Eigentor.
Südwest Presse Ulm: Für Fair-Play gibt es in der Formel 1 keine Trophäe. In dieser Geld-Schein-Welt macht die Banknote die Musik.
Leipziger Volkszeitung: So mancher Radsportler hat schon auf seinen Etappensieg verzichtet und seinem Kapitän, der den Gesamterfolg erringen will, den Vortritt gelassen.
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