Sortieren wir das Durcheinander etwas:
1. Historie Indizien für kleine und mittlere Unregelmäßigkeiten des Unternehmens waren ab 2019 immer vorhanden (ein gewisser Jigajig erkannte die recht früh und ist heute ein gemachter Mann, wenn er seine damaligen frühen Kenntnisse rechtzeitig in den Kauf von Puts umsetzte).
Erste Unregelmäßigkeiten, die auch der BaFin gemeldet wurden, fanden sich im Geschäftsbericht der Infogenie 2003, die meldung erfolgte zum Jahreswechsel 2004/2005 und führte dazu, dass die DPR die Geschäftsberichte 2005/2006 beanstandet hat. 2007 nicht, weil der GB Thema einer Nichtigkeitsklage SdK v Wirecard war, die 2011 mit "unentschieden" bewertet wurde (LG München) Bei Bedarf kann ich Belege posten.
Bereits 2002 gab es eine erste Strafanzeige u.a. gegen Markus Braun im Zusammenhang mit der Insolvenz der Wire Card AG. Der ermittelnde (bzw. nicht ermittelnde) Oberstaatsanwalt weigerte sich lange, gegen Comroad zu ermitteln. Mehr dazu in meinem Buch, wenn ich es jemals fertig bekomme.
Weitere sehr detaillierte Vorwürfe gab es 2008, seinerzeit "geklärt" durch ein Gutachten von EY, das Beanstandungen fand. Es wurde nie veröffentlicht.
2010 gab es eine umfangreiche Strafanzeige wegen Geldwäsche, die "Ermittlungen" wurden 2012 eingestellt. Ebenfalls 2010 gab es eine Sonderprüfung der Wirecard Bank durch die BaFin, die mit Beanstandungen endete, die Nachprüfung 2011 ergab keine Vorbehalte.
Selbst der Zatarrabericht bezog sich (nur) auf Scheinbüros und andere Dinge, die eine Pleite von Wirecard noch nicht nach sich gezogen hätte.
Dennoch beunruhigen diese Ergebnisse viele Anleger und der Kurseinbruch begann.
Es gab insgesamt 9 Zatarraberichte, nicht einen und die Vorwürfe waren sehr weit gefasst. Das Kursziel "0 Euro" wurde u.a. mit der Wertlosigkeit von assets, drohenden Ermittlungen und dem Verlust der Visa/Mastercad-Lizenz begründet.
In diesen Berichten wurde übrigens bereits der spätere Treuhänder Shanmugaratnam erwähnt (soweit ich mich erinnere aber nur indirekt) und eine ganze Menge Namen, die ab 2023 im Prozess in Stadelheim zentral wurden.
Wirecard hatte im Oktober ein ATH von knapp 50€ erreicht und fiel am Tag von Zatarra von 42€ auf 28€ (Schlusskurs 32€), erholte sich nur langsam und erreichte erst nach dem Citi-Deal zur Jahreswende wieder halbwegs den Stand vor Zatarra.
Im Dezember 2016 fand ein Gerichtsverfahren in Tel Aviv statt, bei dem ein wichtiger früherer Wirecardmanager angeklagt wurde wegen geldwäsche, begangen in einer Zeit, zu der er noch für Wirecard tätig war. Im Umfeld dieses Verfahrens tauchten Verträge der Wirecard mit der in den Skandal verwickelten israelischen Bank auf. Ebenfalls beteiligt der frühere COO Trautmann, der wenige Tage nach seinem usscheiden eine Firma in Singapur gründete beim späteren Treuhänder Shanmugaratnam, diese Firma tauchte 2019 in den Commerzbank-Daten auf. Wie die Commerzbank das übersehen konnte, ist mir schleierhaft, ich gehe davon aus, dass sie es gar nicht übersehen haben, denn das konnte man eigentlich nicht übersehen... 2018 erschienen mehrere sehr gut recherchierte Artikel zu Indien und Singapur und es wurden Namen genannt, die später eine große Rolle spielten, u.a. Henry O'Sullivan. 2019 tauchte die Seite "mca-mathematik" auf, die ebenfalls sehr detaillierte Vorwürfe mit Belegen machte und später eine wichtige Rolle spielte für die Entscheidung, KPMG zu beauftragen. In diesem Zusammenhang wurde nach dem Artikel von McCrum im Oktober bekannt, dass bereits im August Briefe an den Aufsichtsrat und EY verschicklt wurden, die eindeutig auf die persönliche Verantwortung hinwiesen. Diese Briefe waren NICHT an Markus Braun geschickt worden (Dazu mehr in meinem Buch)
Zurück ins Jahr 2017: da kam es zu einer beeindruckenden Hausse, später wurde bekannt, dass in amerikanischen Börsenforen positive Artikel zur Wirecard gepostet wurden von Fake-Identitäten, die im Zusammenhang mit einem "Stealth Network" eines später (soweit ich mich erinnere) verurteilten Börsenmanipulateur standen.
Erst am 22.06.20 wurde festgestellt, dass die 1,9 Mrd Euro, ein wesentliches Aktivum in der Bilanz, nicht vorhanden waren und das Unternehmen auf eine Insolvenz zusteuerte.
Nein, Wirecard steuerte nicht wegen der fehlenden 1,9 Milliarden auf die Insolvenz zu. Auslöser der Insolvenz war eine akute Liquiditätslücke, nachdem Felix Hufeld am 25.06.2020 alle Konten der Wirecard bank einfror, u.a. ein Konto der Wirecard AG mit 200 Mio €
Mehrere Zeugen in Stadelheim, u.a. James Freis, haben direkt oder indrekt bezweifelt, dass diese Insolvenz (bzw. die im August aufgrund des Insolvenzgutachtens des Michael Jaffé erfolgte tatsächliche Eröffnung der Insolvenz) zwingend war. Michael Jaffé war nicht nur vor seiner offiziellen Bestellung als Insolvenzverwalter schon in Aschheim aktiv, er verkaufte auch VOR der Insolvenzeröffnung Firmen, darunter eine der zentralen Firmen, die Card Solutions UK - und zwar unter Beteiligung des langjährigen Firmenanwaöts, der bereits 1999 für die Firma tätig war.
Was danach mit dem Aktienkurs passierte, war das, was es in solchen Situationen immer gibt: Zocker und Daytrader hoffen schnelle Gewinne und der Kurs springt erratischen hin und her (siehe Varta). Irgendwelche vermeintlich seltsamen Kursbewegungen lassen sich so leicht erklären.
Der Kurs stieg am Morgen des 18.06.2020 auf 108€, was ein lokales Hoch ausmachte. Als Braun zurücktreten musste, stieg der Kurs noch einmal von 30€ auf 40€ an. Erst am 22.ö06.2020 setzte der endgültige Zusammenbruch des Kurses ein. Der Tag mit dem höchsten Umsatz, dem höchsten prozentualen Verlust und den größten gewinnen der Leerverkäufer war nicht der 18.06., sondern der 25.06.2020
2. Betrug Dass wir darüber überhaupt noch sprechen müssen: Wer 1,9 Mrd. Euro als Guthaben bilanziert, obwohl es dieses Geld nicht gibt, betrügt.
Diese Gleichung ist so nicht richtig, wie ich auch - unter Zustimmung eines der am intensivsten recherchierenden Journalisten - im Tagesschau-Podcast aussagte. Dass Du hier schreibst "Dass wir darüber überhaupt noch sprechen müssen" zeigt genau das Problem. Markus Braun sprach bereits am 19.06.2020 davon, Wirecard sei womöglich "Opfer eines Betrugs mit erheblichem Schaden" geworden. darüber haben gerade "wir" Aufklärer herzlich gelacht... Ich verweise dazu auf meine Veröffentlichung "Das Stadelheimer Glauibensbekenntnis", die derzeit aus juristischen Gründen nicht zugänglich ist, aber durchaus gefunden werden kann.
Die Bilanzierung des Geldes, unabhängig von seiner Existenz, war sehr umstritten zwischen KPMG und EY, die auf der Richtigkeit ihrer Bilanzierung bestanden haben. Der GB 2019 war quasi fertig und mehr oder weniger unterschriftsreif, wozu es dann nicht mehr gekommen ist. Vor dem 16.08.2020 ist niemand ernsthaft davon ausgegangen, dass die Gelder nicht exitieren. Auch an der Existenz des Geschäftes gab es eigentlich kaum Zweifel, es ging nur um die Nachweisbarkeit.
Die Betrüger sind mindestens diejenigen, die die Bilanz unterzeichnet haben. Ich nehme Markus Braun nicht aus der Haftung, weil er für die Implementierung eines internen IKS Systems verantwortlich war und ich ihm nicht abkaufen, dass er von all den Scheinbüros, wo angeblich die ganzen Gewinne erzielt wurden, nichts wusste.
Der Unterzeichner ist nur dann Betrüger, wenn er von der Nichtrichtigkeit der Bilanz weiß. Falls nicht, ist er möglicherweise wegen "bedingtem Vorsatz" dran oder wegen (grober) Fahrlässigkeit, nicht aber wegen Betrugs.
Dass EY Teil der Betrügerbande gewesen sein soll, erschließt sich mir nicht.
Dann solltest Du mal ein bisschen mehr lesen oder das Video von Marc Liebscher aus 220 anschauen oder den Wambachbericht lesen unter Berücksichtigung der Tatsache, dass Wambach damals von falschen tatsachen ausgegangen sein könnten. Im Übrigen gibt es mindestens ein weiteres Gutachten, das nicht öffentlich, mir aber bekannt ist. Auch dieses geht noch von der These aus, dass es kein geschäft gibt, die ein führender Geschädigtenvertreter in Schriftsätzen als "Bellenhaus-Märchen" tiruliert. Es ist weiß Gott nicht meine Schuld, dass - ähnlich wie damals - solche Dinge nicht in der Zeitung stehen. Es ist aus meiner Zeit ein Wettlauf mit der Zeit, da heute bekannt gegeben wurde, dass am 22.11.2024 das KapMug-Verfahren eröffnet wird. Zum jetzigen zeitpunkt sieht es für die Geschädigten schlecht aus, aber ich kämpfe wie ein Löwe darum, dass sich das noch ändert.
Für mich ist das so ähnlich wie damals die KPMG bei Flowtex, die sich auch an der Nase hat herum führen lassen.
Das hat KPMG behauptet und man konnte ihnen das Gegenteil nicht gerichtsfest beweisen.
3. Anlegerkampf: Dazu habe ich schon mehrfach geschrieben (ich habe beruflich viel mit Insolvenzen zu tun). Das Unternehmen hat nichts Der Vorstand hat fast nichts Die BaFin ist nicht haftbar, weil sie sich auf die Bilanzen von EY verließ und es nicht ihre Aufgabe ist, Bilanzen zu prüfen
Diese Aussage ist in dieser Absolutheit falsch und es gibt juristische Maßnahmen gegen das entsprechende BGH-Urteil, an denen ich aktiv mitwirke. Wenn das Erfolg hat, können die Geschädigten mir gerne ein Bier ausgeben. Weitere Details möchte ich aus prozessualen Gründen nicht schreiben.
EY entzieht sich seiner Haftung durch formaljuristische Tricks
EY versucht das. Es gibt Gegenwehr. Bin ich auch beteiligt, ist ja klar ;)
Die Gläubiger haben weit höhere Forderungen gestellt und selbst, wenn bei den o. g. Parteien noch etwas zu holen ist, werden deren Forderungen vor den Anleger Forderungen befriedigt.
Das ist ein Skandal im Skandal, weil etwa 800 Mio der strittigen vorrangigen Forderungen für 11% an eine unbeteiligte anonyme irische Firma verkauft wurden, die schon jetzt davon ausgehen kann, ihren Kapitaleinsatz zu vervielfachen. Wer die Nutznießer sind, ist unbekannt. Dieselbe Firma ist auch bei Benko engagiert.
Wer hier also Arbeit investiert, muss sich bewusst sein, dass am Ende nur ein Anspruch, aber keine Entschädigung herauskommen kann.
Das ist bei EY noch nicht sicher und bei der BaFin letztlich auch nicht. Der Kampf lohnt sich, immerhin sind in den Beweisanträgen etwa 2 Milliarden strittig, die letztlich durchaus einmal Wirecard zugerechnet werden könnten. Entschieden ist das nicht. Es ist - auch das wird im Podcast der Tagesschau deutlich - eine nicht abschließend geklärte Frage.
4. EY: So sehr ich EY auch verfluchte, so haben nicht die die Bilanz gefälscht, sondern die Protagonisten von Wirecard.
Diese Aussage kannst Du nicht machen, solange nicht klar ist, wer hier gefölscht hat.
Das müssen wir uns schon auch vor Augen halten. Und der Betrug war ja wohl ganz geschickt gemacht und es mag sogar politischen Einfluss gegeben haben, der auch an EY nicht ganz spurlos vorbeiging. Immerhin hat sich Wirecard ja als Opfer der Leerverkäufer dargestellt und ist mit diesen Unfug eine ganz Weile durchgekommen (auch ich habe ihnen das eine Weile abgekauft, wofür ich mich noch heute schäme).
Spekulation. Der Betrug war entweder grotesk frech oder letztlich bocksimpel.Politischer Einfluss kam erst NACH dem Kollaps zum Tragen hinsichtlich der Bilanz(betrugs)frage. Der politische Einfluss VOR dem Kollaps ist ganz anders zu bewerten. Für die hier erörterten Fragen ist das aber nicht wichtig, sofern Du nicht an der Unabhängigkeit der Justiz zweifelst.
5. TPA (Drittgeschäft) Es gab sicher Drittgeschäft, in welchem Umfang auch immer. Ich habe dazu ja schon Vorschläge gemacht, wie man das leicht herausfinden könnte. Nachdem dieser Weg nicht beschritten wird (der Markus Braun entlasten würde), gehe ich davon aus, dass es das TPA nur in homöopathischen Mengen gab.
Ich weiß nicht, ob 2 Milliarden € für Dich "peanuts" sind, dazu müsste ich deinen Kontostand kennen :)
6. Zusammenfassung So kompliziert, wie ihr versucht, alles darzustellen, ist es nicht. Viele Eurer gestellten Fragen haben für Anleger schlicht keine Relevanz. Kursbewegungen eines in Insolvenz geratenen Unternehmens ergründen zu wollen, führt zu nichts.
Der Jan sitzt mit mehreren 100 Mio. von den Banken ergaunertem Geld auf Putins Schoss, Meimsteph wirft Nebelbomben und versucht, ihre braune Propaganda zu verbreiten, Leo kommt über seinen historischen Fehler nicht hinweg und Pastapasta/Jigajig ist auf der Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit und verliert sich in Nebensächlichkeiten.
Und der Markus sitzt im Knast. Meiner Meinung nach zu Recht!
Ich habe eine Menge Denkanstöße geliefert. Ich schlage vor, dass Du in einem ersten Schritt einfach mal davon ausgehst, dass alles so ist, wie ich es darstelle, bei den strittigen Punkten bitte einfach mal annehmen, dass meine Alternative zutrifft. Dann haben wir hier ein völlig anderes Bild. Wenn Du nicht bereit oder nicht in der Lge bist, Dich vorübergehend auf diese Denkweise einzulassen, können wir uns jede Diskussion schenken.
Wenn Du dann in Details Fragen hast, kann ich Belege liefern, soweit nicht prozessuale oder juristische Aspekte dagegen sprechen (immerhin gibt es einen Rechtsstreit mit der Justiz).
Deine Kritik an Meimsteph und Leo teile ich. Was Nebensächlicheiten sind, kannst Du womöglich aufgrund Deines Nichtwissens relevanter Sachverhalte nicht beurteilen. Markus Braun sitzt in U-Haft und es gibt kein Urteil. Ob die lange U-Haft rechtens ist, wird sich zeigen - das Gericht hält die U-Haft aufrecht, weil es den Ausführungen der StA folgt. Auch hier weise ich darauf hin, dass es innerhalb der Hauptverhandlung und außerhalb Diskussionen gibt und juristische Auseinandersetzungen. Der Sachverhalt ist mitnichten so klar, wie es manipulierende Medien Euch erzählen.
Gute Nacht!
Geschädigte Wirecardanleger, die anwaltlich vertreten sind, werden dringend aufgefordert, bei ihren Anwälten nach dem Stand der Dinge zu fragen und ggf. auf einige meiner Ausführungen zu verweisen. Ich bin allerdings bereits bei mehreren Anwälten (unentgeltlich) beratend tätig, die jedoch nur etwa 4-5000 Geschädigte vertreten.
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