CIA verschleppt Deutschen Schily war informiert
In der Affäre um angebliche CIA-Geheimgefängnisse gerät nun auch der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) unter Druck. Nach einem Bericht der "Washington Post" haben die USA ihn im Mai 2004 über die heimliche Verschleppung eines Deutschen durch die CIA informiert. Der damalige US-Botschafter Daniel Coats persönlich habe Schily aufgesucht, da die Angelegenheit zu heikel für normale diplomatische Kanäle gewesen sei, meldete die Zeitung am Sonntag unter Berufung "auf mehrere Personen mit Kenntnis von dem Gespräch".
Dem Blatt zufolge handelt es sich bei dem Verschleppten um Khaled el-Masri, der während eines Aufenthalts in Mazedonien Silvester 2003 von der Polizei festgenommen, später in CIA-Gewahrsam genommen und in ein geheimes Gefängnis nach Afghanistan gebracht worden sei. Nach El-Masris Aussagen wurde er unter extrem belastenden Bedingungen festgehalten und als Terrorverdächtiger verhört. Fünf Monate später sei er ohne Begründung in Albanien abgesetzt worden.
Wie die Zeitung schreibt, informierte Coats Schily darüber, dass El-Masri auf Grund einer Namensverwechslung irrtümlich festgehalten worden sei und seine Freilassung bevorstehe. Der Botschafter habe zugleich darum ersucht, dass die Bundesregierung die Informationen über den Vorfall nicht publik mache, auch dann nicht, wenn El-Masri selbst an die Öffentlichkeit gehen sollte. Die US-Seite habe befürchtet, dass ein geheimes Programm zur Festnahme von Terrorverdächtigen und deren Transport innerhalb verschiedener Länder bekannt werde und El-Masri sowie andere die CIA verklagen könnten.
Erste Vorwürfe in dem Fall waren bereits im April laut geworden. Die "Washington Post" zitierte nun etwa einen früheren CIA-Mitarbeiters mit den Worten, eine führende CIA-Mitarbeiterin habe gedacht, der Verdächtige sei jemand anders.
Wie es weiter heißt, gab es innerhalb der CIA Überlegungen, die Bundesregierung nicht zu informieren und El-Masri einfach wieder nach Mazedonien zu bringen und ihn dort freizulassen. "Es würde keine Spuren geben, keine Flugtickets. Nichts. Niemand würde ihm (El-Masri) glauben", wurde ein namentlich nicht genannter früherer Beamter zitiert. Unter anderem die damalige nationale Sicherheitsberaterin und heutige Außenministerin Condoleezza Rice, die am Montag in Berlin erwartet wird, habe aber für eine Offenlegung plädiert. Hohe Beamte des US-Außenministeriums hätten sich dann entschieden, Schily zu kontaktieren, der auch während der deutsch-amerikanischen Differenzen über den Irak-Krieg ein fester Bush-Unterstützer gewesen sei.
Der "Washington Post" zufolge wollen El-Masris Anwälte am Dienstag in den USA Klage gegen die CIA einreichen. Am gleichen Tag soll Rice in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) treffen.
Ob es sich dabei um den am Freitag von der US-Bürgerrechtsunion (ACLU) angekündigten gerichtlichen Vorstoß im Zusammenhang mit Berichten über CIA-Geheimgefängnisse handelt, blieb zunächst unklar. Die ACLU hatte lediglich mitgeteilt, ihr Mandant sei ein Ausländer, der nach Afghanistan verschleppt und später freigelassen worden sei. Einzelheiten will die Organisation am Dienstag in Washington mitteilen. |