Rohstoffe und Rohstoff-Aktien werden von den Anlegern zur Zeit "mit Füßen getreten". Aber warum ist das so? Scheinbar sieht es so aus, als wäre, nachdem Anleger und Investoren über die vergangenen gut 15 Jahre steigende Rohstoffpreise erlebten, mittlerweile ein erneuter negativer Rohstoff-Zyklus im Gange. Die Edelmetalle rauschen ebenfalls synchron dazu in den Keller, dort wo sich die Inflation und Zinsen bereits ebenfalls seit längerem aufhalten, während die Preise von US-"Standardaktien" seither scheinbar nur noch die Richtung Norden kennen.
Die Schwäche im Rohstoffsektor ist hier im Thread bereits schon frühzeitig thematisiert worden, man schaue sich dazu beispielsweise nur mal die kritischen Posts aus dem Frühjahr 2013 an. Und man muss sich zwingend vor Augen führen, dass eine derartige Schwächephase durchaus länger anhalten kann, als manch einer glaubt. Beispielsweise sahen wir vom Beginn der 80er Jahre bis knapp zur Jahrtausendwende ca. 20 Jahre lang fallende Rohstoff-Notierungen, bevor die Kurse dann wie gesehen drehten und wieder 1 1/2 Jahrzehnte gen Norden liefen.
Es sei an dieser Stelle auch noch kurz an die "wilden" inflationären Zeiten der 70er Jahre erinnert . Damals befanden sich die Rohstoffe ebenfalls in einer gigantischen Übertreibungsphase: Während der Ölpreis von Anfang 1970 bis 1981 um 1900% von 2 auf 40 USD anzog, konnten die Edelmetalle (Gold: + 2300%/ Silber: + 3900%) sogar noch stärker zulegen. Die Aktienmärkte liefen damals trotz zwischenzeitlicher stärkerer Einbrüche jedoch eher seitwärts und traten auf der Stelle. Da jedoch die jährliche Inflationsrate von unter 3% (1970) bis auf 14% (1981) kletterte, verlor man in den 70er Jahren mit "normalen" Aktien trotz eines nominalen Nullergebnisses aufgrund der stark anziehenden Inflation real einen großen Teil seines ursprünglich eingesetzten Kapitals.
Auch hieß es noch vor relativ kurzer Zeit im Zuge der Peak-Oil-Debatte, dass die Zeit der billigen Ölfelder und damit des billigen Öls nun endgültig Geschichte seien. Und heute? Seit 2009 steigt der Ölausstoß wieder, und zwar stetig dank deutlich verbesserter Fördertechniken.
Nimmt man z.B. Öl, Gas, Getreide, Kupfer, Eisenerz und Gold zusammen, also den Löwenanteil des Rohstoffsektors, welcher sich entweder durch ausreichendes Angebot oder sinkende Nachfrage auszeichnet, oder gar durch beides, so darf schon bereits zum jetzigen Zeitpunkt 2014 als ein Jahr der enttäuschten Hoffnungen für den Rohstoffsektor betrachtet werden. Nur exogene Schocks - etwa ein unerwarteter Kriegsausbruch oder irgendeine andere Katastrophe - könnten eine mögliche Preisspirale bei den Rohstoffen in Gang setzen.
Und die sinkenden Rohstoffpreise sind sicherlich nicht nur auf ein Bashing der großen Player sondern allem Anschein nach im Wesentlichen auf drei simple Gründe zurückzuführen: Neu entdeckte Vorkommen und ausgebaute Kapazitäten, neue Technologien wie z. B. Fracking sowie dem deutlichen Nachfragerückgang aufgrund der schwachen Weltkonjunktur. Die hier früh angerissene Schwächephase der chinesischen Wirtschaft sowie auch der Schwellenländer hat seit dem letzten Jahr wohl auch das Ende der zuvor deutlich gestiegenen Rohstoffpreise eingeläutet.
Es gibt nicht wenige Protagonisten, die den Zyklus steigender Rohstoffpreise nunmehr für lange Zeit als beendet ansehen und für die nächsten 20 Jahre unter großen Schwankungen fallende Preise prognostizieren. In diesem Kontext liest sich da auch die Warnung der IWF-Chefin Lagarde, die kürzlich vor einer "neuen Mittelmäßigkeit" warnte, sprich ein mittelmäßiges Wachstum mit mäßigen oder rückläufigen Investitions- und Konsumraten, anhaltend hoher Arbeitslosigkeit und zahlreichen finanziellen Risiken – und zwar "für eine recht lange Zeit".
Hinzu kommt zudem, dass die Entwicklungen in den USA - steigender Dollarkurs, die Beendigung der lockeren Geldpolitik und die kommenden Zinssteigerungen eine mögliche Umkehr der Kapitalflüsse zwischen Ländern und Sektoren auslösen dürften. Anders ausgedrückt: Die Faktoren, die den "Dollar-Carry Trade" – die Aufnahme billigen Kapitals in den USA und seine Anlage in rentierlichere Sektoren u.a. auch in Rohstoffe – kehren sich sehr wahrscheinlich um.
So lautet meine demgemäße und hier auch schon gepostete Devise, dass ich Rohstoffe und Rohstoff-Aktien z.Z. eher als kurzfristige Trading-Chance sehe denn als Langfrist-Invests begreife, da die aktuelle Situation alles andere als bullisch ausschaut und die weitere Entwicklung für mich da eher schwerlich abschätzbar ist. Leider geht das auch zu Lasten einer mangelnden Pflege meinerseits hinsichtlich dieses Threads. In so genannten "Bullenmärkten" kann man nur "long" oder neutral positioniert sein, in "Bärenmärkten" dagegen nur "short" oder neutral. Das mag einleuchtend klingen, doch wenige verstehen es und noch weniger handeln auch entsprechend.
Als überzeugter Contrarian benötigt man vor allen anderen Dingen Muße: Befinden sich die Notierungen einer Aktie, oder auch die eines ganzen Sektors, über einen längeren Zeitraum im Sinkflug, dann wirft die Masse der Anleger irgendwann entnervt und verzweifelt das Handtuch und steigt aus. Nach einigen Monaten, manchmal aber auch erst durchaus nach ein paar Jahren, findet der abgestürzte Wert dann doch einen Boden. In dieser Phase beginnen Kontra-Strategen, das Papier bzw. den Sektor zu beobachten. Schließlich zeichnet sich, von der Masse der Investoren völlig unbemerkt, eine Trendwende ab: Die Aktie oder das Segment beginnen wieder zu steigen. Übrigens, jedoch obacht, was die Devise "Der frühe Vogel pickt den Wurm" anbelangt: Wie viele Beobachter waren nicht schon frühzeitig in 2013 der Ansicht, dass z.B. bei Barrick Gold nun der Boden definitiv erreicht sei und es somit Zeit für einen fetten Einstieg wäre? Aber Pustekuchen!
Viele Rohstoff-Anhänger glauben nach wie vor, dass wir uns inmitten einer "Golden Bull" - einem Super-Rohstoffzyklus - befinden, auch ein Marc Faber oder Jim Rogers glauben das. Die große und überwiegende Anzahl der Rohstoff-Notierungen verkündet jedoch seit 2011 (sic!) allerdings in eindeutiger Weise exakt das Gegenteil!! Wobei die Beschleunigung in den diversen Abwärtsbewegung just an Momentum gewinnt, der Preis von Eisenerz scheint sich nun innert zwei Jahren halbieren zu wollen, der S&P GSCI Commodity Index (stark energielastig) fällt seit Mitte des Jahres wie ein Fallbeil.
Die Zeiten, in welchen einem diverse Börsenflüsterer noch nahelegen konnten, wie man aufgrund einer explodierenden Nachfrage und der Wachtumsdynamik Chinas, Indiens, usw., sein Anlagenportfolio mit Rohstoffanteilen optimieren kann, die sollten der Vergangenheit angehören. Das Prinzip Hoffnung war im Übrigen noch nie ein guter Anlageberater, von daher möchte ich bei den genannten Aussichten da auch keinesfalls geduldig zuschauen, wie mir zukünftig stetig sinkende Rohstoffwerte mit der Zeit so langsam aber sicher dann das Depot zernagen. Das BHP-Papier zeigt seit 2011 eine mehr oder minder kontinuierliche Abwärtstendenz, aufgrund diverser Faktoren zwar nicht ganz so heftig wie die einiger Mitwettbewerber, aber bullisch schaut da sicherlich anders aus. Auch sprechen die fundamentalen Rahmen-Bedingungen unverändert gegen eine deutliche und dauerhafte Verteuerung von Eisenerz. Eher könnte hier das Gegenteil eintreffen, der finale Abverkauf des Stahl-Rohstoffs könnte noch bevorstehen.
Good luck! ----------- Bubbles are normal and non-bubble times are depressions! |