Potsdam
Zwei Festnahmen nach Überfall auf Deutschäfrikaner
Die Polizei hat nach dem mutmaßlichen Mordversuch an dem Deutsch-Äthiopier Ermyas M. in Potsdam einen ersten Fahndungserfolg erzielt. Vier Tage nach dem Überfall nahmen Ermittler zwei deutsche Tatverdächtige fest, die nun vernommen werden.
Potsdam - Der Generalbundesanwalt teilte heute Abend in Karlsruhe mit, dass die Fahnder in Potsdam zwei Männer wegen des Verdachts des versuchten Mordes festgenommen hätten. Die Verdächtigen würden nun vernommen. Nach Angaben der Behörde handelt es sich um einen 29-Jährigen und einen 30-Jährigen aus Potsdam und der Umgebung der Landeshauptstadt. Beide seien Deutsche.
Nach der Vernehmung im Polizeipräsidium Potsdam solle entschieden werden, ob die beiden Verdächtigen dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe vorgeführt würden. Dies würde allerdings erst morgen geschehen.
Über die Details der ersten heißen Spur in dem Fall war am Abend kaum etwas zu erfahren. Lediglich, dass die beiden Männer am späten Nachmittag festgenommen worden seien, war einem Ermittler zu entlocken. Alles Weitere könne erst nach einem ausführlichen Verhör gesagt werden, so die einhellige Einschätzung von Ermittlern.
Entgegen ersten Meldungen von Nachrichtenagenturen, die auch SPIEGEL ONLINE anfangs verbreitete, geht aus den Mitteilungen der Behörden nichts über die Gesinnung der Verdächtigen hervor. Die Meldungen lauteten, es handele sich um einen "mutmaßlichen Rechtsradikalen".
In der Erklärung der Bundesanwaltschaft heißt es lediglich, dass "erhebliche Verdachtsmomente" vorlägen, "dass die Täter die Tat aus Ausländerhass und auf der Grundlage einer rechtsextremistischen Gesinnung begangen haben". Eine Sprecherin der Behörde ergänzte am Abend, dies gelte allgemein für die Tat und keineswegs für die Festgenommenen. Sie würden vernommen, danach könne man etwas zu ihnen sagen, so die Sprecherin.
Der Generalbundesanwalt hatte das Verfahren am Dienstag gemäß Paragraf 120 Absatz 2 Nummer 3 Gerichtsverfassungsgesetz in seine Verfolgungszuständigkeit übernommen. "Gewaltsame Übergriffe auf ausländische Mitbürger erzeugen unter diesen ein Klima der Angst und Einschüchterung und lassen bei ihnen den Eindruck entstehen, sie könnten in der Bundesrepublik Deutschland nicht sicher leben", erklärte die Behörde. " Die außerordentliche Brutalität der Vorgehensweise und der überregionale Fanalcharakter dieser Tat begründeten die besondere Bedeutung des Falles.
Das Opfer, ein 37-jährige Ingenieur äthiopischer Abstammung, war am Ostersonntag an einer Straßenbahnhaltestelle in Potsdam brutal zusammengeschlagen und lebensgefährlich verletzt worden. Die Täter ließen erst ab, als Ermyas M. reglos mit stark blutenden Kopfverletzungen am Boden lag. Auf der Mailbox seiner Frau waren Teile eines Streits aufgenommen worden, da er sie offenbar kurz vor der Attacke angerufen hatte. Unter anderem wurde der Mann demnach mit "Scheiß Nigger" beschimpft.
Seit dem Überfall schwebt der Mann in Lebensgefahr. Nach Angaben des Potsdamer Klinikums besserte sich der Zustand des schwer verletzten Opfers bisher nicht. Der Familienvater liege weiter im künstlichen Koma, sagte eine Krankenhaussprecherin.
ler/mgb/ddp/AFP
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