News - 18.08.06 08:56 Portfolio: ThyssenKrupp spaltet den Markt
ThyssenKrupp polarisiert wieder. Herrschte vor etwa zwei, drei Monaten fast schon Einigkeit unter den Analysten bezüglich der Attraktivität der Aktie, ist der Markt spätestens mit Veröffentlichung des Quartalsberichts wieder geteilter Meinung.
Diese Woche gab es sowohl Hoch- wie auch Abstufungen, auch die Kursziele wurden in beide Richtungen angepasst. Einig war man sich, dass das starke dritte Quartal den Erfolg vergangener Restrukturierungsbemühungen widerspiegelte, der sich auch daran zeigte, dass fast alle Sparten zum soliden Ergebnis beitrugen und ihre Marge verbessern konnten. Für das andauernde Sorgenkind hingegen, das US-Automobilausrüstergeschäft, wurde ein baldiger Verkauf in Aussicht gestellt.
Die verbleibende Automotivesparte wird daraufhin in die Technologiesparte integriert werden, so dass dann mit der Stahlproduktion, dem Edelstahl, der Dienstleistungssparte und dem Aufzugsgeschäft der Konzern auf fünf Säulen ruhen wird. Damit dürfte Thyssen auch in Zukunft weiter unter einem Konglomeratsabschlag leiden, der aber schon jetzt zwischen 10 und 20 Prozent schwankt, je Aktie sind das 2 bis 3 Euro Abschlag.
Neben dem frühzeitigen Ausscheiden des vor allem im Finanzmarkt hoch angesehenen Finanzvorstands Stefan Kirsten wurde der Markt aber von den Plänen zur Errichtung eines Edelstahlwerks in den USA negativ überrascht, aus Sorge vor Überkapazitäten.
Selbiges wird für Thyssens zweites Planprojekt befürchtet: den Bau eines Stahlwerkes in den USA, sollte der Kauf von Dofasco scheitern. Zwar würde ein eigenes Werk die Kasse zunächst ordentlich belasten, doch es spricht auch einiges für diesen Bau: Zunächst schützt sich Thyssen damit stärker vor einem schwachen Dollar ebenso wie vor eventuellen Strafzöllen, die die USA bei Handelsdisputen gerne dem Importstahl aufzwingen. Weiterhin sind die USA bereits jetzt Nettoimporteure von Autoblechen, und der Bedarf an hochwertiger Qualität, wie sie derzeit in den USA nicht lieferbar ist, soll gewaltig wachsen.
Bleibt die Frage nach dem Stahlzyklus, der derzeit schwer zu fassen ist, da strukturelle Veränderungen den Zyklus überschatten - China wurde zum Jahreswechsel vom nimmersatten Nachfrager zum Nettoexporteur, und die Stahlbranche konsolidiert, womit größere Preis- und Mengendisziplin einhergehen.
Auf Basis historischer Korrelationen müsste man jetzt vorsichtig werden, da die Ifo-Erwartungen für Deutschland bereits gedreht haben, ebenso wie die Preiserwartung des deutschen Stahlsektors. Doch vorerst hat Thyssen für das laufende Quartal Preiserhöhungen angekündigt, die sich, auf Grund des hohen Anteils langfristiger Kontrakte bei Thyssen bis 2007 positiv auswirken. So rechnet auch der Markt mit einer Gewinnsteigerung für 2007. Geht man von einer Abkühlung auf hohem Niveau für 2008 aus, kann man die Aktie noch kaufen. Sollte es erneut zu einem ausgewachsenen Schweinezyklus kommen, dürfte man Stahlwerte nicht mehr anfassen. Aber ein bisschen erwachsener ist der Sektor mittlerweile geworden. Zudem erzielt Thyssen fast die Hälfte des Umsatzes außerhalb des Stahls.
Kurzfristig könnte die Aktie darunter leiden, dass Thyssen mit Auslaufen des Rückkaufprogramms die Aktie nicht mehr stützt.
Matthias Pindter ist FTD-Kolumnist für "Das Kapital".
Quelle: Financial Times Deutschland
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