Berlin, 22. Feb (Reuters) - Angesichts der schlechten Wirtschaftslage will die Bundesregierung den finanzschwachen Kommunen nach Berichten der Magazine "Focus" und "Spiegel" mit einem milliardenschweren Investitionsprogramm helfen. Es gehe um zusätzliche Mittel von mindestens einer Milliarde Euro. Nach Informationen des "Focus" sind die kommunalen Hilfen Teil eines Programms von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), das insgesamt zwölf Milliarden Euro umfasse. Clement wolle es für den Fall einer nochmals schlechteren Konjunktur auflegen. Der Minister sagte, er könne und wolle das nicht bestätigen. es seien viele Dinge im Gespräch, sagte er bei der Aufzeichnung der ZDF-Sendung "halb 12". Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hingegen schloss in einem Interview des "Focus" Konjunkturhilfen gänzlich aus: "Neue Ausgabenprogramme wird es nicht geben." "FOCUS": KONJUNKTURPROGRAMM VON INSGESAMT ZWÖLF MILLIARDEN Nach Darstellung von "Focus" soll die staatliche Intervention bereits in diesem Jahr ganz oder teilweise gestartet werden. Allein zwei Milliarden Euro habe Clement für ein kommunales Infrastrukturprogramm vorgesehen, das mit den Bundesländern oder als Kreditprogramm aufgelegt werden solle. Auch die für Anfang 2004 geplante Steuerreformstufe könne schon dieses Jahr in Kraft treten. Weitere Haushaltslöcher sollten nicht mit zusätzlichen Einsparungen ausgeglichen werden. Jedoch werde überlegt, weitere Subventionen und Finanzhilfen zu streichen. "SPIEGEL": REGIERUNG WILL EINE MILLIARDE FÜR KOMMUNEN Der "Spiegel" berichtete hingegen, die Regierung wolle für ein kommunales Investitionsprogramm mindestens eine Milliarde Euro bereitstellen. Die Mittel stammten aus dem Fonds für die Folgen der Flutkatastrophe im Osten und seien nicht abgerufen worden. Kommunen mit hoher Arbeitslosigkeit sollten damit Investitionen vorziehen, zu denen ihnen bislang die Gelder fehlten. Insgesamt werde damit nach Hoffnung der Regierung ein Investitionsvolumen von rund drei Milliarden Euro ausgelöst. Profitieren sollten vor allem kleine Handwerksbetriebe, die kommunale Einrichtungen sanieren könnten. Städte und Gemeinden sind die größten öffentlichen Investitionsträger in Deutschland. Die kommunalen Spitzenverbände fordern seit langem finanzielle Soforthilfen von Bund und Ländern. Alleine die Städte würden im laufenden Jahr rund 9,9 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen und stünden am Rande des finanziellen Ruins. Eine Sprecherin Clements sagte, derzeit gebe es keinen Anlass, zu Notfallplänen Stellung zu nehmen: "Sollte es zu einem konjunkturellen Einbruch kommen, werden die automatischen Stabilisatoren wirken." Mit automatischen Stabilisatoren werden die steigende Kosten für soziale Leistungen im Falle eines Konjunktureinbruchs ausgeglichen. Sie führen zu einer höheren Neuverschuldung. EICHEL: STAATLICHE KONJUNKTURSTEUERUNG FUNKTIONIERT NICHT "Eine staatliche Konjunktursteuerung funktioniert nicht in offenen Märkten", sagte Eichel. Zudem könne sich der Staat keine zusätzlichen Ausgaben leisten. Der Finanzminister lehnte zudem erneut ein Vorziehen der nächsten Stufen der Steuerreform ab, die für die Jahre 2004 und 2005 geplant sind. Es werde an der Steuerreform weder etwas verändert, noch würden die Stufen vorgezogen: "Dafür ist kein Geld da." Eichel machte ein Unterschreiten der europäisch vereinbarten Defizitobergrenze erneut vom Eintreffen der Wachstumsprognosen der Bundesregierung abhängig: "Wenn wir ein Prozent Wachstum haben, werden wir Maastricht erfüllen. Wenn wir weniger haben, bekommen wir ein Problem. Er gehe jedoch weiter von einem Eintreffen der Regierungsannahmen aus. Die Prognosen der meisten Wirtschaftsforschungsinstitute liegen derzeit hingegen schon jetzt deutlich unter einem Prozent. Am Samstag hieß es zudem aus Kreisen der sieben führenden Industrienationen, der Internationale Währungsfonds (IWF) werde seine Konjunkturprognose für Deutschland auf 0,7 Prozent von zuvor 1,75 Prozent revidieren. |