Kleine Information an alle Halbleiter-Aktienbesitzer aus DIE WELT Online vom 03.03.00.
Halbleiter-Aktien: Große Gewinne mit kleinen Chips
Branche kräftig im Aufwind - Analysten räumen Infineon und ST Micro gute Chancen ein - Langfristig drohen aber Gefahren
Von Matthias Iken und Holger Zschäpitz
Berlin - Ob in Mobiltelefonen, Autos, Computern oder Kühlschränken - kleine Chips erobern die Welt. Kaum eine Branche profitiert so stark von der Technisierung des Alltags wie die Hersteller von Halbleitern - und mit ihnen die Börsianer. In den vergangenen Wochen konnten Halbleiteraktien der Korrektur im Technologiesektor trotzen und ihren Höhenflug fortsetzen. Unter den zehn besten US-Werten befinden sich allein vier Chiphersteller. Und glaubt man Experten, geht diese Wachstumsstory auch in Zukunft weiter.
"Die Halbleiterindustrie befindet sich in einer zyklischen Aufwärtsbewegung", sagt Rüdiger Kühnle, Analyst der BW-Bank. Die Ergebnisse seien noch besser als erwartet ausgefallen. Entsprechend haben die Analysten ihre Prognosen nach oben angepasst. Merrill Lynch erwartet für die gesamte Chipindustrie in diesem Jahr einen Zuwachs um 35 Prozent auf 202 Mrd. Dollar, im kommenden Jahr soll die Branche nochmals um knapp ein Drittel auf 263 Mrd. zulegen. "Der Nachfragesog bleibt gewaltig - auch weil in immer mehr Produkten Chips stecken", sagt Alfred Schöngraf von Delbrück Asset Management.
Gegenwärtig kämen die Anbieter mit der Produktion kaum hinterher. "Erst im Jahr 2001 wird dank neuer Produktionsstätten das Angebot steigen und damit die Preise wieder fallen." Der Zenit der Branche könnte dann überschritten werden.
In der Vergangenheit war das Geschäft mit Halbleitern einem so genannten "Schweinezyklus" unterworfen - in Phasen mit hoher Nachfrage bauten die Anbieter ihre Produktionskapazitäten übermäßig aus und schufen damit die Grundlage für ein Überangebot mit anschließendem Preisrutsch. "Halbleiteraktien sind immer spekulativ", warnt Schöngraf vor überzogenen Erwartungen. Er empfiehlt die Siemens-Tochter Infineon, die verstärkt auf die preisstabileren Logikchips setzt und die Abhängigkeit von traditionellen Speicherchips reduziert habe. "Infineon hat sich gut im Markt positioniert. Auf Sicht von sechs bis zwölf Monaten sehe ich ein sportliches Kursziel von 100 Euro."
Anleger sollten bei einem Engagement verstärkt auf die Ausrichtung des Herstellers achten. "Telekommunikation ist ein zentrales Thema", sagt Kühnle, der neben Infineon auf Aktien wie ST Microelectronics und Dialog Semiconductor setzt. Sein Kollege Karsten Iltken von der WestLB empfiehlt ebenfalls Logikchiphersteller. Auch zu seinen Favoriten zählen Infineon und ST Microelektronics. "Gerade die französische STM hat sich in den vergangenen Zyklen gut geschlagen. Infineon profitiert vom Boom bei der neuen 300-Millimeter-Technologie", so der Analyst. Auch Zulieferer seien interessant. "Neue Materialien und Technologien eröffnen diesen Firmen Potenzial über den klassischen Schweinezyklus hinaus."
Besonders beliebt bei Analysten ist gegenwärtig der Titel des Zulieferers ASM Lithography, Weltmarktführer bei Belichtungsmaschinen für die Chipherstellung, und Applied Materials als Rohstofflieferant. "Diese Werte sind aber bereits sehr gut gelaufen", sagt Kühnle. Günstiger sei Jenoptik als Weltmarktführer von Reinlufträumen für die Chipproduktion. "Mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 30 leidet die Aktie unter einem Holdingabschlag", so der Analyst.
Für spekulative Investoren bietet sich Rambus an. Das US-Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, mit dem bei klassischen Speicherchips höhere Leistungen möglich sind. Auf Grund von Problemen bei der Umsetzung und Konkurrenz durch ein anderes Verfahren stürzte der Rambus-Kurs von rund 450 auf unter 200 Dollar ab. "Die führenden Chiphersteller stehen hinter der Rambus-Technologie. 400 Dollar sind wieder drin", sagt Udo Dörnhaus von der Bayerischen Landesbank." Auch der Logikchipproduzent Texas Instruments und PMC Sierra eröffneten Chancen.
Konservativeren Anlegern empfehlen viele Analysten eher die alten Platzhirsche Intel und AMD. Auf Sicht von 12 bis 18 Monaten sieht Merrill Lynch bei AMD ein Potenzial von 120 Dollar, bei Intel von 150 Dollar.
Gruß argus |