Auf welcher Basis konnten Holland, Merkel, Trump etc. sich schon innert kürzester Zeit so klar dazu äussern, dass Assad für die Chemieattakte die direkte Verantwortung trägt? Wieso legen sie nicht konkrete Beweise auf den Tisch? Das sind sie der Öffentlichkeit schuldig. Einfach nur behaupten reicht nicht mehr aus, dafür ist schon viel zu viel Vertrauen verspielt worden. Gerade bei Trump, einem nachweislich pathologischen Lügner.
Schon beim ersten Kampfstoffeinsatz in Syrien drohte Obama und der Westen gleich mit Vergeltungsschlägen, während Russland die wohl sinnvollere Variante vorschlug, dass Assad sämtliche Bestände kontrolliert abgeben müsse. Schlussendlich wurde dieser Weg eingeschlagen.
Im aktuellen Fall fackelt Trump nicht lange und schlägt gleich zu. Als notorischer Lügner braucht er keine klare, fundierte Faktenbasis für seinen Entscheid. Es genügt, wenn die Handlung in seine persönliche Ansicht reinpasst und ihm einen persönlichen Nutzen generiert. Seine Taktik - Erstmal voll reinhauen, behaupten, lügen und überhöhen und danach relativieren -, wendet er nun auch in der Aussenpolitik an. Bereitwillig schafft man "alternative Fakten" (Lügen), die die Handlung rechtfertigen. So wie er selbst lügt, scheint er aber auch selber anfällig für die Lügen Dritter zu sein. Der moralische Kompass und kritisches Denken scheinen sich hier Hand in Hand mit zunehmenden Lügen zu zersetzen.
Der Vergeltungsschalg wäre aus meiner Sicht nur legitim, wenn dafür eine wirklich glasklare, eindeutige Faktenbasis und eine abgestütze internationale Verurteilung vorliegt. Wo ist diese? Ein Raketenangriff auf ein souveränes Land, dass Amerika meines Wissens nicht bedroht hat und auch nicht in der Lage ist, eine glaubhafte Drohung auszusprechen, ist schon ein massiver Eingriff und eine Eskalation. Gilt Völkerrecht nur noch selektiv für die Länder, deren Regierung dem Westen (EU / USA) passt? Lässt diese Reaktion den Schluss zu, dass er bei Nord Korea ähnlich vorgehen könnte? Ich bin mit Sicherheit kein Fan beider Länder, doch völkerrechtliche Grundsätze müssen allgemeinverbindlich sein und für alle Länder gelten. Selbst Diktaturen haben nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte.
Ich weiss nicht, welche Variante stimmt. Vertrauenswürdige, unabhängige Quellen waren wohl schon immer eine Seltenh. Früher war der Grundsatz - du sollst nicht lügen - sicher noch wesentlich besser in der Gesellschaft verankert als heute. Heute scheint es lukrativer zu sein, Lügen und Propaganda zu verbreiten, als Qualitätsjournalismus zu betreiben. Die Täter schämen sich nicht einmal mehr dafür, sondern sind stolz darauf, wenn sie Geld mit Enten verdienen. Die Pressefreiheit wird ausgenutzt, eine immer effizientere Lügenmaschinerie aufzubauen. Traurig und erschreckend, wie eine breite Masse solche Lügen völlig unreflektiert aufnimmt, wenn sie in ihr von Vorurteilen geprägtes Weltbild passen. Die Fake News Industrie ist heute Realität. Sie erodiert den Nutzen der freien Presse, weil die Vertrauensgrundlage in Medien systematisch zerstört wird. Gelogen wird zudem viel billiger, als aufwendig die Wahrheit ermittelt. Eine aufgebauschte Lüge hat einen höheren Sensationswert als sachliche Wahrheit, bringt eine bessere Schlagzeilen und daher mehr kurzfristige Aufmerksamkeit. Klicks Optimierung und damit Geld als Masstab aller Dinge. Danke an Google, Facebook und Co, die diesen Trend begründet haben, heute sehr gut davon leben und viel zu wenig tun, diesem Trend entgegenzuwirken. Die Lüge als offensichtlich lukratives Geschäftsmodell. Irgendwann lässt sich in der Folge die Pressfreiheit einschränken ohne massiven Aufschrei der Zivilgesellschaft. Die naive Schlussfolgerung: Die Lügen ja sowieso alle...also was solls?
Nachweisliches Lügen sollte daher gesellschaftlich wieder viel stärker geächtet werden. Wer bewusst und manipulativ lügt und Lügen verbreitet, aktiv täuscht und Falschmeldungen verbreitet, sollte klare, rechtliche Konsequenzen zu spüren bekommen. Das Internet ermöglicht eine äusserst kostengünstige Verteilung von Lügen ohne jegliche Konsequenzen. Eine Kultur gegen die Lüge und gegen Lügner muss im Erziehungs- und Bildungssystem höchste Priorität geniessen. Dazu sind Religion und Staat konsequent zu trennen und die Aufklärung zu fördern. Der Wert von "Treu und Glauben" sollte den Leuten wieder bewusst gemacht werden. Dieser ist religionsunabhängig eine sehr nützliche Grundlage für zwischenmenschliche Interaktion aller Art.
Was jedem aufgeklärten, gebildeten Menschen immer bleibt, ist eine Sache rein logisch anzugehen. Die Logik bringt nicht immer die Wahrheit zu Tage, aber sie ist extrem hilfreich, diese ermitteln zu können. Zumindest hilft sie einem oft, die richtigen Fragen zu stellen oder Lügen als solche zu entlarven, weil sie Widersprüche aufdeckt. Sie schafft auch immer Verständnis für den Standpunkt der Gegenpartei, weil sie aufzeigen kann, dass je nach Kontext eine komplexe Fragenstellung verschiedene korrekte Antworten haben kann.
Sowohl die Syrische Armee von Assad als auch sämtliche Rebellengruppen und ISIS könnten über Gasgranaten aus alten, syrischen Beständen verfügen. Syrien hatte zumindest teilweise die Bestände, welche sie noch kontrolliert, an die internationale Gemeinschaft übergeben. Dort hat Assad bereits einen klaren Vorgeschmack erhalten, was ihn erwarten würde, wenn er nachweislich chemische Kampfstoffe gegen die Zivilbevölkerung oder seine Gegner einsetzt. Gleichzeitig haben die Rebellen einen klaren Schlachtplan erhalten was notwendig ist, dass Amerika aktiv gegen das Regime von Assad vorgeht.
Werden Gasgranaten eingesetzt, so sind die Hülsen dieser Granaten oder zumindest Fragmente davon auffindbar, die klaren Auschluss über den Typ und die Freisetzungsmethode geben müssten. Analysen könnten mit Sicherheit feststellen, ob diese via Abwurf aus einem Flugzeug, via Artillerie verschossen oder direkt vor Ort manuell zum Einsatz kamen. Die Anwort auf diese Frage würde schon sehr klar eingrenzen, wer als gezielter Freisetzer in Frage käme.
Ein chemischer Fingerabdruck der Kampfstoffes könnte zeigen, aus welchen Beständen er stammt, vielleicht sogar wo er produziert wurde. Sowohl vor Ort als auch bei Toten, Patienten und Helfern liess sich der Kampstoff eindeutig nachweisen und der Wirkungskreis könnte Aufschluss über die eingesetzt Menge geben.....Da nützt auch eine nachträgliche, konventionelle Bombardierung nicht viel - nicht alle Spuren lassen sich so verwischen. Eine solche unabhängige Untersuchung ist bei einem Verbrechen dieser Grössenordnung ein muss. Die Internationale Gemeinschaft muss sie durchsetzen mit allen Mitteln, sonst zersetzt sie ihre eigene Glaubwürdigkeit.
Sowohl die russische Variante - Freisetzung durch konventionelle Bombardierung eines Gasgranatenlagers, eine Kampfstofflagers oder eines industriellen Chemielagers - als auch die westliche Variante - Abwurf von chemischen Kampfstoffbomben aus Flugzeug oder Helikopter - sind beide grundsätzlich möglich. Für beide Varianten müsste es aber klare Beweise vor Ort geben, die die jeweilige These belegen könnten.
Weiter sind noch eine gezielte Freisetzung am Boden durch Rebellengruppen oder IS möglich. Selbst eine gezielte, aber nicht autorisierte Freisetzung durch Truppenteile oder Einzelpersonen wäre denkbar, die weder im Namen einer Rebellengruppe noch im Auftrag der syrischen Armess handelte, als False-Flag im Auftrag einer im Hintergrund agierenden Drittpartei, als Sabotageakt, als perönlicher Racheakt..... es gibt unzählige Motive.
Die Freisetzung muss nicht einmal gezielt erfolgt sein, es wäre auch ein Unfall durch falsches Handling beim Umlagern oder transportieren denkbar. Vielleicht traf eine Bombe ein Fahrzeug beim Abtransport? Oder einfach nur ein Unfall? Die Möglichkeit einer ungeplanten Freisetzung wurde ebenfalls nie angesprochen. Wie hoch sind die Sicherheitstandards? Auf Bildern sind die Waffenlager jeweils so einfach gehalten, dass man wohl davon ausgehen kann, dass keinerlei Sicherheitsstandards erfüllt werden.
Ein offiziell befehligter Einsatz von chem. Kampfstoffen durch Assads Armee und Abwurf aus Helikopter oder Flugzeug halte ich aktuell für unwahrscheinlich. Als Verzweiflungstat ja, aber nicht zum jetzigen Zeitpunkt, wo das Regime relativ klar Oberwasser hat und wo man mit konventionellen Bomben die selbe Wirkung hätte erzielen können. Nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich, weil ausgesprochen dumm. Assad wirkt wesentlich aufgeklärter als fundamentalistische Islamisten, deren Hemmschwelle in der Anwendung von Gewalt keinerlei moralische Grenzen mehr kennt. Die von ihm in Interviews dargestellt Position ist aus meiner Sicht zumindest logisch nachvollziehbar. Während grosse Teile der Rebellen ihr Handeln auf eine Ideologie abstützen, die nachweislich einer faktenbasierten, sachlichen Betrachtung in keinster Weise standhält.
Die russische Variante überzeugt daher rein von der Logik her wesentlich besser, was noch nicht heisst, dass sie auch stimmen muss. Wenn die syrische Armee oder Russland aber wusste, dass es ein Kampfstofflager oder eine Fabrik gibt, in der Kampfstoffe produziert oder gelagert werden, so macht es sehr wohl Sinn, diese zu bombardieren, um deren weitere Verbreitung und Einsatz zu verhindern. Niemand will, dass diese Ware einen Weg nach Europa findet. Zumindest dies könnte der Westen sowohl Assad als auch Russland klar zugestehen, denn das wäre ein legitimes, militärisches Ziel. Die Freisetzung von Kampfstoffen wäre in diesem Fall ein Kolateralschaden, wobei die Frage legitim ist, ob man diese Freisetzung eventuell bewusst in Kauf nahm oder sogar gezielt als zusätzlichen Effekt anstrebte. Zumindest der Wille, solche Ware noch im Keller in der Nähe von Angehörigen einzuagern, dürfte nun deutlich kleiner geworden sein. Technisch könnte man die Freisetzung bei Bombardierung durch termische Brandbomben wahrscheinlich weitgehend eindämmen können.
Durchaus realistisch bei asymmetrischer Kriegsführung mit so vielen Parteien wäre ein Szenario, wo einzelne Truppenteile in Eigenregie aus Rache einsetzen, wass ihnen garde mal so in die Finger fällt. Bei jahrenlangem Krieg mit so massiver Zerstörung und Brutalität - wer da noch immer an einen sauberen Krieg glaubt - ist schon reichlich naiv. Wenn es nun Angehörige der syrischen Armee waren, die in Eigenregie solche Stoffe eingesetzt hätten, dann müsste Assad gegen diese vorgehen und diese angemessen bestrafen. Auch diese durchaus mögliche Variante wurde gar nicht erst angesprochen.
Aus meiner Sicht ist klar, dass die Wahrheit hier via fundierte Untersuchung relativ einfach gefunden werden könnte.
Es geht nicht lange, dann schliesst sich das mediale Fenster dieses Ereignisses. Ähnlich wie im Irak oder in Afganistan findet man vielleicht irgendwann später heraus, dass man auf einer geradezu lächerlichen, konstruierten Grundlage Schritte veranlasst hatte, die sehr weitreichende Folgen hatten.....aber dann hat die Welt schon wieder neuere, aktuellere Probleme, die mehr Klicks generieren.
Was tun?
Aktiv gegen Lügen aller Art vorgehen. Bei sich selber beginnen und dann direkt auf sein Umfeld einwirken. Lügner blossstellen, verachten und ihnen das Vertrauen entziehen. Aber auch immer wieder bewusst verzeihen und Chancen anbieten, neues Vertrauen aufzubauen. Dieser Prozess endet nie. Der Weg ist das Ziel.
Wissen, Fakten und Logik höher gewichten als Glauben, persönliche Ansichten und Emotionen.
......täte auch diesem Thread machmal gut und natürlich auch dem POTUS. |