Die jüngsten Upstream-Aktivitäten der Automobilhersteller zur Sicherung der Versorgung insbesondere mit Lithium, aber auch mit Nickel, zeigen den wachsenden strategischen Wert dieser Batterie-Rohstoffe. Die Beteiligung von Stellantis an Vulcan Energy erinnert dabei daran, dass die Lithiumversorgung den größeren Engpassfaktor darstellt, da dieses Bergbausegment im Vergleich zu Nickel noch deutlich unterentwickelt ist. Damit dürfte der Trend zur verstärken Upstream-Sicherung von Lithiumlieferungen eine noch größere Bedeutung sowohl für die Produktentwicklung der Autohersteller als auch bei der Erreichung der Entkarbonisierungsziele der Staaten zukommen.
In unserem Beitrag ,,Versorgungssicherheit bei Lithium – Stellantis macht bei Vulcan Energy Nägel mit Köpfen‘‘ vom 24.06.2022 haben wir darüber berichtet, dass der niederländische Autohersteller Stellantis (NL00150001Q9) sich an der deutschen Vulcan Energy (AU0000066086) beteiligte, um sich langfristig die Verfügbarkeit des für die ,,grüne Energiewende‘‘ wichtige Batterieelement Lithium zu sichern.
Wie nun Fitch Solutions Country Risk and Industry Research (Fitch Solutions) berichtet, dürfte dieses erste Beispiel bald im ganzen Automobilsektor Schule machen. Denn nur bei hinreichender Verfügbarkeit von Batteriemetallen wie Lithium, Kobalt oder Nickel ist eine Produktion möglich, die die Anforderungen an die weltweit festgelegten Dekarbonisierungs-Ziele erfüllt.
Diesbezüglich haben die großen Autohersteller seit Jahresbeginn 2021 21 entsprechende Investitionen durchgeführt. 16 dieser Investitionen hatten die strategische Sicherung von Lithium zum Ziel.
Fitch Solutions nennt in diesem Zusammenhang auch Investitionen von Bergbauunternehmen, bei denen bestimmte Investitionsprojekte die Rohstoffe direkt an EV-Hersteller liefern werden. Dazu gehören Projekte des Bergbauunternehmens Zijin, das Geely und BYD beliefern wird, Livent, das BMW und Tesla beliefern wird, Posco, das Rivian und GM beliefern wird, und Rio Tinto, das Stellantis und VW beliefern wird.
Dass es aber nicht nur um Lithium geht, zeigt auch die Entwicklung des Angebots an diesen für die Elektromobilität wichtigen Rohstoffen bei Nickel.
Fitch geht in Bezug auf Nickel davon aus, dass die Nickelpreise im laufenden Jahr hoch bleiben werden, da immer mehr Rohstoffmakler das russische Angebot an Nickel der Güteklasse 1, das bei der Herstellung von Elektroautobatterien verwendet wird, ablehnen.
Die höheren Investitionen in den Lithium-Sektor sind vor dem Hintergrund des unterentwickelten Segments plausibel, zumal die operative Vorlaufzeit bei der Erschließung der Vorkommen auf eine stark wachsende Nachfrage trifft, die durch die eingangs genannten Dekarbonisierungsziele zusätzlich angeheizt wird.
Fitch Solutions ist der Ansicht, dass EV‘s bis 2030 für mehr als 80 % der weltweiten Lithiumnachfrage verantwortlich sein werden, verglichen mit nur 19,3 % des weltweiten Nickelangebots.
Und was ist das Fazit?
Die Entwicklungen bei den Upstream-Aktivitäten der Automobilhersteller spiegeln die hohe strategische Bedeutung von Lithium und Nickel für die Umsetzung der geplanten sprunghaften Erhöhung der Elektromobilität.
Allerdings zeigen die extrem wasserintensiven Lithiumgewinnungsprojekte in Chile, Argentinien und Australien, dass es bei steigender Wasserknappheit zu einem Trade-off zwischen Wasserversorgung und Lithiumproduktion kommen könnte.
Daneben dürften spätestens mittelfristig auch ESG-Kriterien eine größere Rolle spielen und die Entwicklung entsprechender Lagerstätten beeinflussen. Erleichterung könnte in Bezug auf die Nickelproduktion Indonesien bringen, welches über knapp ein Viertel der weltweiten Nickelreserven verfügt.
Insgesamt steigt vor dem Hintergrund der aktuellen industriellen Trends die strategische Bedeutung sowohl von Nickel als auch von Lithium. Einer einfachen CAGR-Analyse dürften die operativen und politischen Luftlöcher, die auf dem Flug hin zu einer grünen Weltwirtschaft auf der Basis einer umfassenden Elektromobilität noch lauern, nicht selten entgehen.
06.07.2022 - Arndt Kümpel https://www.ntg24.de/...m-Industriefokus-06072022-AK-Rohstoffe?ref=tv |