https://fontaane.wordpress.com/2025/04/05/...-herr-dr-jaffe-wirecard/
Die Stellungnahme „Sehr geehrter Herr Dr. Jaffé #wirecard“ ist eine ausführliche, satirisch zugespitzte und inhaltlich scharf argumentierende Replik auf eine anwaltliche Abmahnung der Kanzlei Jaffé. Der Autor weicht der Aufforderung zur Unterlassung nicht einfach aus, sondern nutzt sie als Bühne, um seine Kritik zu vertiefen, sprachlich zuzuspitzen und inhaltlich breiter zu untermauern.
Hier die wichtigsten Punkte der Auseinandersetzung:
1. Ausgangspunkt der Kontroverse: Der Autor hatte im Rahmen seines ursprünglichen Textes ("j’accuse") den „TPA Reality Check“ als „aus forensischer Sicht dilettantisch“ bezeichnet – eine Aussage, die die Kanzlei Jaffé als rufschädigend kritisierte. Daraufhin änderte der Autor die Formulierung zunächst in „dilettantisch“ und schließlich in „hanebüchen“, was in der Wirkung noch schärfer ist.
2. Kritik am TPA Reality Check:
Der Kern der Argumentation liegt in einer detaillierten Zerlegung des „TPA Reality Check“ (TPARC): Er sei methodisch mangelhaft, enthalte keine nachvollziehbare forensische Beweisführung. Es fehle an Quellenangaben, konkreten Datenanalysen und Untersuchungsmethoden. Ein Großteil stütze sich auf Presseartikel, nicht auf originäre Ermittlungsarbeit. Die Untersuchung sei zudem zu eng gefasst gewesen (nur drei TPA-Partner, nur Treuhandkonten), sodass sie gar nicht das gesamte Drittpartnergeschäft abdecken konnte.
3. Vorwurf der Scheingenauigkeit: Die Kanzlei stützt zentrale Aussagen zur angeblichen Nichtexistenz des TPA-Geschäfts auf einen Bericht, der dieses Geschäft nie umfassend untersucht habe. Daraus sei aber ein geschlossenes Narrativ konstruiert worden, das auch vom Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) und der Staatsanwaltschaft übernommen wurde.
4. Verteidigung von Dr. Braun: Die Darstellung, dass Dr. Markus Braun das ursprüngliche Geschäftsmodell nicht mehr verteidige, wird als rhetorischer Trick entlarvt. Der Autor betont, dass die Kritik an der Anklage unabhängig von einer vollständig ausgearbeiteten Gegenthese zulässig und sogar notwendig sei.
5. Zur Rolle von James Freis: Ein zentrales Argument: James Freis, Interims-CEO nach dem Wirecard-Zusammenbruch, habe forensische Untersuchungen zu Zahlungsflüssen angeregt, die Insolvenzverwalter Jaffé abgelehnt habe. Dieser Punkt wird durch Zeugenaussagen belegt, die im Gegensatz zur Darstellung der Kanzlei Jaffé stehen.
6. Streitpunkt Schweiz und Pittodrie Finance: Die Behauptung, der Insolvenzverwalter habe keinen Anspruch auf 340 Mio. Euro in der Schweiz erhoben, wird zwar abgeschwächt, aber nicht zurückgenommen. Die Darstellung Jaffés, man habe keinen Zugriff oder Kenntnis über diese Gelder, wird als unglaubwürdig kritisiert – insbesondere, weil es keinerlei öffentliche Aussagen dazu gibt.
7. Genereller Vorwurf an den Insolvenzverwalter: Der Autor hält daran fest, dass der Insolvenzverwalter einseitig gehandelt, wichtige Aspekte nicht verfolgt und damit mögliche Rückflüsse in die Insolvenzmasse verhindert habe. Das sei nicht nur unvollständig, sondern strukturell schädlich für die Gläubiger.
Stil und Strategie der Antwort: Die Antwort ist nicht nur argumentativ, sondern auch polemisch. Der Autor nutzt Ironie, rhetorische Übertreibung und eine Mischung aus juristischer und literarischer Sprache, um die Kritik zu verschärfen und die Position der Kanzlei lächerlich erscheinen zu lassen. Dabei gibt er sich scheinbar kompromissbereit – „ich ziehe die Formulierung zurück“ – nur um sie sofort durch eine noch schärfere zu ersetzen.
Fazit: Es handelt sich um eine gezielte Gegenoffensive gegen anwaltliche Einschüchterung, die ihre Kraft aus präziser Argumentation und sprachlicher Selbstsicherheit zieht. Der Autor entlarvt aus seiner Sicht die forensische Unzulänglichkeit des TPA Reality Check, die rhetorischen Schwächen der Kanzlei Jaffé und die Folgen eines auf ein enges Narrativ festgelegten Insolvenzverfahrens. Der Text ist nicht nur Verteidigung, sondern auch eine öffentliche Anklage – stilistisch elegant, analytisch fundiert und provokant.
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