Umweltminister Röttgen will Ökostromproduzenten eine zusätzliche Prämie zahlen. Damit soll der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden. Energiekonzerne und Umweltverbände streiten heftig über das weitere Vorgehen.
Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) plant nach Medienberichten eine umfassende Reform der Ökostromförderung. Strom aus Wind, Sonne und Biogas solle in Zukunft verstärkt dann eingespeist werden, wenn die Nachfrage groß ist. Dafür solle eine neue „optionale Marktprämie“ sorgen, berichtete die „Financial Times Deutschland“ (FTD) unter Berufung auf Eckpunkte für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG).
Nach Informationen der „Passauer Neuen Presse“ will das Umweltministerium den Ausbau der Windenergie auf See und die Geothermie durch weitere finanzielle Anreize forcieren. Bei Windanlagen an Land und der Stromerzeugung durch Biomasse seien hingegen Kürzungen der Förderung geplant, berichtete das Blatt
Die Vergütungen für einzelne Formen der Energieerzeugung würden zur Durchsetzung dieser Ziele angehoben, berichtete das „Handelsblatt“. Die Anfangsvergütung für neue Offshore-Windkraftanlagen beispielsweise solle von 13 auf 15 Cent je Kilowattstunde steigen. Zum Vergleich: Konventionell erzeugter Strom ist an der Leipziger Strombörse EEX für etwa 6,5 Cent zu haben. Auch für Geothermie-Kraftwerke solle die Vergütung erhöht werden.
Vorrang für Ökostrom
An den Grundprinzipien des Erneuerbare-Energien-Gesetzes werde dabei festgehalten: Strom aus erneuerbaren Quellen habe weiterhin Einspeisevorrang. Im Falle eines Überangebots von Strom, also etwa bei starkem Wind, müssen zunächst Kohle-, Gas- oder Kernkraftwerke abgeschaltet werden, der Öko-Strom habe Vorrang.
Bisher speisen Anbieter ihren Ökostrom nur dann ins Netz ein, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint. Die Anpassung des Stromangebots an die Nachfrage, ohne die das Stromnetz nicht funktioniert, müssen die konventionellen Kraftwerke allein übernehmen. Wenn der Anteil der Ökoenergien am Strommix wie geplant von heute 17 Prozent bis 2020 auf 35 Prozent wachsen soll, wird dies nicht mehr gelingen. Daher müssen auch Anbieter erneuerbarer Energien lernen, ihren Strom dann einzuspeisen, wenn die Nachfrage groß ist – also zum Beispiel Windstrom nachts zu speichern und tagsüber anzubieten.
E.on-Chef für „flexiblen Pfad“ zum Ausstieg
Unterdessen streiten Atomkonzene und Umweltverbände verbissen über einen Fahrplan für den Atomausstieg. E.on-Chef Johannes Teyssen hält einen Atomausstieg vor dem Jahr 2025 für unrealistisch. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Ausstieg vor 2025 mit Blick auf Klimaziele und volkswirtschaftliche Konsequenzen realistisch ist“, sagte der Manager im Gespräch mit dem „Handelsblatt“. Teyssen plädiert dafür, nicht nur ein Mindestdatum für den Ausstieg festzulegen, sondern auch einen definierten, „ein Stück weit aber auch flexiblen Pfad mit verschiedenen Kontrollstationen“.
Vertreter der Umweltverbände, die an diesem Donnerstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Umweltminister Röttgen über einen schnelleren Atomausstieg sprechen, fordern von der Regierung dagegen klare Abschaltdaten für die deutschen Atomkraftwerke. Zudem müsse der Atomausstieg dieses Mal auch ohne Konsens mit den Energiekonzernen vollzogen werden, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Rainer Baake, der „Frankfurter Rundschau“. „Durch den großen überparteilichen Konsens nach Fukushima besteht jetzt die Chance, der Wirtschaft klare Vorgaben zu machen“, sagte er. „Es geht nicht mehr um einen Ausstieg im Konsens.“
Weniger Atomstrom
Der Anteil von Kernenergie an der deutschen Stromproduktion wird einem Zeitungsbericht zufolge im laufenden Monat auf rund elf Prozent sinken. Das entspreche einer Halbierung, wie die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf Angaben der Energiekonzerne berichtete. Grund für den Rückgang sei, dass von 17 deutschen Kernkraftwerken seit Anfang Mai nur noch sechs am Netz sind.
Bereits im April sei der Kernenergieanteil auf 15 Prozent gesunken, schreibt das Blatt. 2010 wurden demnach im Jahresdurchschnitt noch 23 Prozent des Stroms aus Kernenergie gewonnen.
scb/dpa/dapd/