bleibt aber robust. Ganz entziehen kann und wird er sich dem Geschehen in den USA jedoch nicht. Für seine "Stärke" gibt es gute Gründe: Wirtschaftsforscher optimistisch Mehr Arbeit, mehr Geld Das Herbstgutachten der Institute prognostiziert robustes Wachstum und mehr Geld in den Taschen der Arbeitnehmer. Und das alles trotz der globalen Finanzkrise vom Sommer. Von Nina Bovensiepen Deutsche Arbeitnehmer werden 2007 und 2008 deutlich mehr Geld zur Verfügung haben. In ihrer Herbstprognose machen die führenden Wirtschaftsforscher einen "beschleunigten Lohnanstieg" aus. Der Aufschwung könne sich fortsetzen, urteilen die Institute. Es dürfe aber keine Abkehr vom Reformkurs geben. "Bei weiter steigendem Arbeitsvolumen und rascher zunehmenden Effektivverdiensten werden die Bruttolöhne und -gehälter zügig expandieren", schreiben die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Herbstgutachten, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die effektiven Löhne legen laut der Vorhersage dieses Jahr um 2,1 und 2008 um 3,0 Prozent zu. Der Effektivlohn ist der tatsächlich an die Beschäftigten ausgezahlte Bruttolohn inklusive übertariflicher Zuschläge und der Vergütung von Überstunden. Effektive Löhne steigen deutlich Im ersten Halbjahr 2007 stiegen die effektiven Löhne stärker als die vereinbarten Tariflöhne. "Die Lohndrift war damit erstmals seit langem wieder positiv", schreiben die Wirtschaftsforscher. Insbesondere in wirtschaftlichen Krisen führt der Abbau übertariflicher Leistungen regelmäßig zu einer negativen Lohndrift. So war es auch in den vergangenen Jahren, dies hat sich nun offenbar gedreht. Wegen der steigenden Löhne werde der private Konsum kräftig zulegen, allerdings könnten erstmals seit 2003 auch wieder die Lohnstückkosten steigen. Insgesamt sehen die Institute, die ihre Prognose an diesem Donnerstag offiziell vorstellen, die Entwicklung der deutschen Wirtschaft weiter optimistisch. "Aufschwung gefestigt" Der Aufschwung sei "so weit gefestigt", dass Belastungen wie der hohe Ölpreis oder die Turbulenzen an den Finanzmärkten "nicht zu einem Einbruch der Konjunktur führen dürften", urteilen die Ökonomen. "Vielmehr stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich der Aufschwung fortsetzt", heißt es an anderer Stelle sogar. Für 2007 setzten die Forscher ihre Wachstumsprognose im Vergleich zum Frühjahr von 2,4 auf 2,6 Prozent herauf. Für 2008 senkten sie die Vorhersage leicht von 2,4 auf 2,2 Prozent. Damit sind die acht beteiligten Institute, deren Prognose Basis für das Herbstgutachten der Regierung ist, deutlich zuversichtlicher als andere Ökonomen. Der Internationale Währungsfonds etwa rechnet 2008 in Deutschland nur noch mit einem Wachstum von 2,0 Prozent. Gemischtes Zeugnis für die Politik Der Politik stellen die Forscher ein gemischtes Zeugnis aus. So habe die Finanzpolitik in den vergangenen Jahren zu einem robusteren Wachstum beigetragen. Dank steigender Steuereinnahmen und sinkender Ausgaben für Sozialleistungen werden Bund, Länder und Gemeinden laut der Vorhersage bereits in diesem Jahr insgesamt einen Überschuss von 2,2 Milliarden Euro erwirtschaften. Herbstgutachten: Die Wirtschaft wird 2008 nicht mehr ganz so stark wachsen wie 2006 und 2007, doch die Forscher rechnen weiterhin mit sinkenden Arbeitslosenzahlen. Grafik: Süddeutsche Zeitung
Im nächsten Jahr könnte das Plus auf 8,4 Milliarden Euro steigen. Die Arbeitslosigkeit wird laut der Prognose der Institute weiter deutlich zurückgehen: Von im Schnitt 3,78 Millionen Menschen in diesem auf 3,45 Millionen im nächsten Jahr - das wäre mehr als eine Million weniger als 2006. Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt Die Forscher sehen deutliche Fortschritte auf dem Arbeitsmarkt. Durch die "sehr lebhafte Nachfrage nach Arbeitskräften erhielten zunehmend auch Langzeitarbeitslose eine Chance", schreiben sie. Insgesamt dürfte die Zahl der Erwerbstätigen dieses Jahr um fast 700.000 steigen. 2008 könnten es - wegen der Abschwächung der Konjunktur - deutlich weniger, aber im Durchschnitt immer noch 310.000 Menschen sein. Die Zahl der Erwerbstätigen würde dann zum ersten Mal auf mehr als 40 Millionen Menschen steigen. Die Institute sehen auf dem Arbeitsmarkt "Indizien für positive Wirkungen" von politischen Reformen - etwa im Abbau der Erwerbslosigkeit von älteren Menschen sowie von Langzeitarbeitslosen. Reformen in Gefahr Auch mit Blick auf politische Diskussionen warnen sie dringend davor, davon abzukehren. "In der Arbeitsmarktpolitik findet der Reformkurs der vergangenen Jahre keine Fortsetzung", heißt es im Gutachten. "Vielmehr wird derzeit eher über ein Zurückdrehen bei den bisherigen Reformen diskutiert." Zu der Idee, älteren Menschen länger Arbeitslosengeld I zu zahlen, schreiben die Ökonomen: "Es ist absurd, mit Verweis auf die bessere Kassenlage eine Revision der Reformen zu fordern, durch die diese Erfolge gefährdet würden." Auch die Erschwerung von Leiharbeit und die Subventionierung von Jobs für Problemgruppen seien "kontraproduktiv". Die Einführung von Mindestlöhnen lehnen die Wirtschaftsforscher ebenfalls ab. Stattdessen empfehlen sie die weitere Senkung des Arbeitslosenbeitrags. Dieser könnte deutlich weiter zurückgehen, als bisher von der Koalition beschlossen. Hier gibt es inzwischen aber ohnehin Bewegung: Auch die SPD hält nun eine Senkung von 4,2 auf 3,5 Prozent für vertretbar. (SZ vom 18.10.07) www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/677/138394/ |