19.05.2006 19:02
DER SKEPTIKER: Premiere stürmt mit Telekom, trifft aber nicht
Von Archibald Preuschat
EINE KOLUMNE VON DOW JONES NEWSWIRES
DÜSSELDORF (Dow Jones)--Bis zur allerletzten Minute wurde an dem Vertragswerk zwischen Telekom (Nachrichten/Aktienkurs) und Premiere (Nachrichten/Aktienkurs) gefeilt. Doch herausgekommen ist dabei eigentlich wenig: Der Bezahlfernsehsender und der Telekom-Gigant kooperieren beim Bundesliga-Angebot im Internet.
Überraschend ist das nicht: Die Telekom brauchte einen TV-Sender, weil sie aus eigener Kraft keine Sendelizenz erlangen konnte. Dass Premiere für die Telekom der Partner erste Wahl war, kristallisierte sich ebenso schnell heraus. Schließlich will die Telekom mehr, ein anspruchsvolles TV-Programm für ihre VDSL-Kunden aufbauen.
Was lag da näher als ein Partner Premiere, der sich auf die Fahnen geschrieben hat, Fernsehen erster Klasse anzubieten? Und realistischerweise sind die Unterföhringer - von der Bundesliga mal abgesehen - der Sender in Deutschland mit den exklusivsten Rechten im Bereich Spielfilm und hochwertige Serien. Damit können VDSL-Kunden von T-Online das gesamte Premiere-Programm empfangen - wenn sie wollen.
Für den Bezahlfernsehsender erschließt sich somit ein neuer Distributionskanal: Das breitbandige Internet. Aber was ist mit der vollmundigen Ankündigung des Premiere-Vorstandsvorsitzenden Georg Kofler vom Mittwoch auf der Hauptversammlung, er sehe "aufgrund fortgeschrittener Verhandlungen heute gute Chancen, dass Premiere mit einem neuen Partner als Lizenzgeber auch ab der kommenden Saison die Live-Berichterstattung der Fußball-Bundesliga präsentieren kann."
Kofler kann dank Telekom-Sublizenz zwar die Bundesliga live zeigen - zum Saisonstart in 3 Millionen Haushalten, in denen das VDSL-Netz von T-Online technisch zur Verfügung stehen wird, im kommenden Jahr dann in 13 von 34 Millionen Haushalten. So zumindest die Telekom-Planungen.
Doch von seinem eigentlichen Ziel, das IP-Signal mit der Bundesliga wie ein gewöhnliches Fernsehsignal per Satellit oder Kabel in die deutschen Wohnzimmer zu bringen, ist Kofler auch nach dem heutigen Vertragsabschluss noch meilenweit entfernt.
Die Abwehrkette steht mit arena und der Deutschen Fußball Liga (DFL) stabil: Die Internet-Rechte, die die Telekom für ein Fünftel der Summe, die arena zahlt, erworben hat, seien damit ausgeschöpft, ließ die Liga eilends wissen.
Die Premiere-Aktie jetzt völlig abzuschreiben, wäre indes fahrlässig. Denn möglicherweise wird sich die Telekom, wenn sie feststellt, dass das VDSL-Geschäft schleppend anläuft, doch noch mit der DFL auseinandersetzen und auf anderen Verbreitungswegen für ihre Bundesliga-Rechte bestehen.
Ein Kompromiss könnte sich finden lassen - vielleicht nicht ab der nächsten Saison, aber ab der übernächsten oder zum Ende der dreijährigen Vertragslaufzeit. Und Premiere wäre dann im Spiel.
Zum anderen hat Premiere jetzt einen Fuß in der Tür im TV-Geschäft der Zukunft. Das heißt nämlich Triple-Play: TV, Internet und Telefonie aus einer Hand und dieser Markt ist von Telekomunternehmen wie Kabelnetzbetreibern heiß begehrt.
Der schnelle Erfolg, der wird Georg Kofler versagt bleiben. Denn er hat bereits einmal verloren - als er bei der Rechtevergabe der DFL im Dezember zu hoch gepokert hat. Die Folge war unvermeidlich - der Abstieg in die zweite Liga, zumindest beim Bundesliga-Angebot. Das schließt einen Wiederaufstieg aber nicht zwingend und für alle Zeiten aus, macht ihn aber auch nicht sicher.
(Archibald Preuschat arbeitet seit 2001 als Redakteur und Reporter für diese Nachrichtenagentur. Er berichtet schwerpunktmäßig über die Medien- und Handelsbranche und ist zu erreichen unter +49 (0)211 138 72 18 oder archibald. preuschat@dowjones.com.)
