Ich finde es nach wie vor beachtlich, dass der Verwaltungsrat Aktionärsfragen zur Finanzplanung an der letzten Generalversammlung nicht beantwortet hat. Damals schon waren deutliche Preissteigerungen für Rohstoffe und Transportdienstleistungen zu verzeichnen. Auch finde ich es erstaunlich, dass Meyer Burger durch das plötzliche Ende der Partnerschaft mit Oxford PV überrascht gewesen sein soll. Gunter Erfurt ist doch immerhin Mitglied im Board von Oxford PV. Auch muss es doch nach dem Aus der zuvor hochgelobten Partnerschaft Änderungen der technologischen Roadmap geben, welche sich wiederum auf die Guidance auswirken müssten. Last but not least hat sich die Wettbewerbssituation schon in 2021 deutlich verschärft. Viele Hochleistungsmodule der Konkurrenz kamen zu deutlich günstigeren Preisen auf dem Markt. Wollte man die Fragen nicht beantworten, um Sentis noch einen günstigen Ausstieg ihrer Aktien zu Höchstkursen zu ermöglichen (ein Drittel haben sie verkauft)? Ein weiterer Verkauf wurde vielleicht durch das kritische Nachfragen von Frau Vlietstra gestoppt. Wollte man auch die Fragen deshalb nicht beantworten, um zu Höchstkursen noch die Kapitalmassnahmen (Wandelanleihe und Kapitalerhöhung) abzuschliessen? Das ist ja ein Novum in der Schweiz, dass eine grosse börsennotierte Gesellschaft erst neun Wochen und erst nach öffentlichen Druck das Protokoll der Generalversammlung veröffentlicht.
Und dann tritt überraschend Jürgen Schiffer als CFO ab. Und nur wenige Wochen nach Amtsantritt und kurze Zeit später die Nachfolgerin Frau Benedikt. Wollte sie die Guidance nicht weiter mittragen? Bei Krankheit hätte sie sich erst einmal krank schreiben lassen können. Sie verzichtet ja auch auf Ansprüche. Dass sie um Vertragsauflösung gebeten hat, muss schon schwerwiegende Gründe gehabt haben.
Sollten die hohen in Aussicht gestellten Margen und damit die Guidance nicht zu halten sein, würde das plötzlich für die inzwischen sportlich verschuldete Meyer Burger einen hohen zusätzlichen Kapitalbedarf bedeuten. Denn die weitere Expansion sollte nun eigentlich grösstenteils durch positive EBITDAs eigenfinanziert werden. Auch stellt sich prinzipiell die Frage, ob ein Engagement bei niedrigeren Margen noch attraktiv wäre. Das Vertrauen wäre zumindest komplett dahin.
In jedem Fall würde die Bewertung in so einem Szenario regelrecht implodieren.
Und jetzt gibt es zumindest einen positiven Aspekt: sollte sich herausstellen, dass der Markt getäuscht worden ist, könnte Schadensersatz von den Organen eingefordert werden. Natürlich könnte der Schaden schnell das Vermögen der verantwortlichen Organe übersteigen. Aber es könnte dann viel dafür sprechen, dass Sentis als faktisches Organ zu betrachten wäre.
Sentis hat zum einen Herrn Mark Kerekes in den Verwaltungsrat entsendet. Fast alle Berater wurden von Sentis übernommen. Die IR-Verantwortlichen der Dynamics Group mit Herrn Andreas Durisch an der Spitze. Urs Schenker, der Sentis-Anwalt, wurde erst Sekretär des Verwaltungsrates und dann ordentliches Mitglied. Herr Anton Karl wusste laut Frau Vlietstra über interne Informationen der Meyer Burger bescheid. In Interviews und in Gesprächen mit Dritten tritt er als Architekt der Transformation auf.
Sollten Anleger geschädigt werden, hätten sie keine schlechten Argumente auch bei Sentis Schadensersatz einzufordern. Nicht wenige dürften aufgrund der recht auffälligen Promotion der Aktie auf Youtube und einzelnen Medien zu hohen Kursen eingestiegen sein.
Deshalb empfiehlt sich regelmässig Fragen an die Verantwortlichen zu stellen und jegliche Aussagen gut zu dokumentieren.
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