Rechtsabbau für Aktionäre
Andererseits kann eine Musterfeststellungsklage per Definition lediglich einen Rechtsverstoß mit Bindungswirkung für gleichgelagerte Fälle feststellen. Damit hat aber noch keine Partei einen Titel. Also müssen die Betroffenen anschließend individuell klagen, um einen Titel zu erlangen und ihren Schaden ersetzt zu bekommen. Spätestens an diesem Punkt sind sie dann aber wieder mit der geballten juristischen Macht großer Unternehmen konfrontiert. 07. December 2019 Gastkommentar Wenn, was zu befürchten steht, auch weiterhin nichts Substanzielles bei den Kontrollrechten geschieht, werden sich Vorgänge wie bei Steinhoff wiederholen – schon einfach deshalb, weil die Anteilseigner nicht kontrollieren können, was das Management tut. Auch wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, lässt sich mit den vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten nicht viel ausrichten.
Die vorhandenen Regelungen sind zu komplex, zu langwierig und vor allem zu teuer für Kleinaktionäre, und ein effektiver kollektiver Rechtsschutz wird auch weiterhin in Deutschland fehlen. Deswegen bleibt alles, wie es ist, und selbst bei offensichtlich kriminellem Verhalten wie bei Steinhoff wird eine große Anzahl von Kleinaktionären auf ihrem Schaden sitzen bleiben. Die Frage also, warum die deutschen Anleger im Fall so inaktiv sind, lässt sich damit beantworten, dass die Politik in Deutschland über Jahre einen Rechtsabbau für Aktionäre betrieben hat. Aktionäre im Ausland sind wesentlich besser geschützt und können dort, siehe auch USA, wesentlich einfacher an ihr Recht kommen. |