06.06.14 Sunny Side UpPamela Tschirky Metallfassaden, Gebäudeverglasungen oder Fahrzeuge als Kraftwerke? Was nach Zukunftsmusik klingt, will das australische Unternehmen Dyesol bald Realität werden lassen. Sonnenschein ist in der Schweiz ein rares Gut. Vergangenes Jahr verzeichnete MeteoSchweiz für Zürich magere 1540 Sonnenstunden – täglich bloss 4,2 Stunden direktes Sonnenlicht. Abgesehen vom sonnenverwöhnten Tessin ist dies leider ein repräsentativer Wert für die gesamte Schweiz. Trübe Aussichten, um Sonnenenergie effizient zu nutzen. Zusätzlich zu meteorologischen Herausforderungen ist die Herstellung herkömmlicher Silizium-Solarzellen noch immer ressourcenintensiv, was Schatten auf deren Energie- und Kostenbilanz wirft. Zudem treibt die optische Erscheinung der auffälligen Metallrahmen Ästheten Tränen in die Augen. Fassade als Kraftwerk Der Lösung dieser Probleme verschreibt sich das australische Cleantech-Unternehmen Dyesol (ASX DYE, 0.24 austr. $ am Freitag, 72,8 Mio. austr. $ Börsenwert). Es entwickelt Solarzellen dritter Generation, sogenannte Farbstoffsolarzellen (DSC), zur Produktionsreife. Ein Farbstoff, der Licht absorbiert, wird mit einer Nanoschicht Titanoxid auf ein Trägermaterial aufgetragen. Trifft Licht darauf, löst es eine künstliche Photosynthese aus. Inspiriert ist die Technologie von der Chemie eines Blattes, entwickelt von Forschern der ETH Lausanne. Von zuerst acht Lizenznehmern sind noch drei übrig, darunter Pionier Dyesol. Klobige Panels werden künftig vielleicht von Zellen abgelöst, die sich in verschiedenen Farben direkt auf bestehende Baumaterialien drucken lassen. Die gebäudeintegrierte Fotovoltaik wäre mehr als ein ästhetischer Paradigmenwechsel: Metallfassaden, Verglasungen oder Autos würden dann zu Energieproduzenten, die teure Montage entfiele. Die Aussagen der Marktforscher zum Potenzial gebäudeintegrierter Fotovoltaik divergieren: Nanomarkets prognostiziert einen Umsatz von 500 Mio. $ für 2015, während IDTechEx den Markt auf nur 130 Mio. $ bis 2023 schätzt. Bei schwachem Licht stark Dyesol hat bereits 120 Mio. $ in die Entwicklung einer Festköper-Farbstoffsolarzelle (SS-DSC) gesteckt. Ohne liquide Bestandteile sollen die Zellen kosten- und energieeffizienter in der Herstellung und langlebiger als Konkurrenzprodukte sein. Interessant für den europäischen Markt: Bei schwachem Licht haben die neuen Solarzellen einen komparativen Vorteil. Der klassische Fotovoltaikmarkt steckt in der Krise: Konkurrenz aus Asien und abnehmende Subventionen fördern das Modulherstellersterben. Entsprechend verhielten sich die Dyesol-Titel in jüngster Vergangenheit. Nach einem Forschungsdurchbruch Mitte 2013 stieg der Kurs über 0.55 austr. $. Seit 2014 ist er auf Talfahrt. Mit dem saudischen Titandioxidproduzenten Tasnee hat Dyesol einen langfristigen Investor gefunden. Die Massenproduktion der neuen Farbstoffsolarzellen ist abhängig von multinationalen Partnern wie Tata (Stahl) oder Pilkington (Glas). Erst wenn sie anläuft – spätestens 2017/18 gemäss Unternehmensangaben –, wird die Sonne über Dyesol ganz aufgehen.
http://www.fuw.ch/article/sunny-side-up/ |