Von Thomas Hillenbrand
Bevor Apples Lordsiegelbewahrer Steve Jobs auf der jährlichen Macintosh-Messe in San Francisco neue Produkte vorstellt, kursieren im Netz jedes Mal zahlreiche Gerüchte. Diesmal ist die Rede von einer Billigversion des iMac. Die wäre sinnvoll - und ein Strategiebruch.
Hamburg - Am 11. Januar 2005 wird Apples Vorstandschef Steve Jobs in San Francisco anlässlich der Macworld auf die Bühne treten und seiner Fangemeinde das eine oder andere neue Produkt kredenzen. Nur welches? Das PR-Drehbuch des Unternehmens sieht vor, dass nur "His Steveness" Neues verkündet, Vorab-Informationen gibt es grundsätzlich nicht. Auch keine Dementis. Diesmal ist das nicht anders, obwohl zurzeit besonders viele Gerüchte in Umlauf sind.
Für Apple hat die Omertà den Vorteil, dass sich unwissende Analysten, ahnungslose Fans und unaufgeklärte Journalisten in Foren, Blogs und Presse die Köpfe heiß reden. Das führt zwar zu nichts, erhöht aber die Spannung und beschert Cupertino jede Menge Gratis-PR. In diesem Jahr sind diverse Phantomprodukte im Rennen (mit absteigender Wahrscheinlichkeit): ein iPod Mini mit mehr Speicher, iTunes-Musiksoftware fürs Handy, ein iPod micro für schmales Geld, eine Multimedia-TV-Box, ein schneeweißes, hypercooles iPhone und ... (Trommelwirbel) ein Billig-Mac für 499 Dollar.
"Zuverlässige Quellen"
Die spektakuläre Meldung, dass Apple eine Schmalspurversion seines iMac-Computers plant, hatte am Mittwoch die Mac-Gerüchteseite "Think Secret" in die Welt gesetzt. Demnach plant der Computerhersteller einen preiswerten Einsteigercomputer (mit G4-Prozessor und 1,25 Megahertz), der anders als alle bisherigen iMacs ohne Bildschirm ausgeliefert werde und "unglaublich klein" sei. Die Webseite beruft sich bei ihrem Bericht auf "äußerst zuverlässige Quellen". Das kann man nur hoffen. Zugute halten muss man "Think Secret", dass sie von allen Mac-Spekulationsseiten noch die mit der höchsten Trefferquote ist. Sinnvoll wäre das Produkt auch: Dank des Digital-Walkman iPod ist Apple bekannter denn je. Nach einer von der Investmentbank Piper Jaffray durchgeführten Umfrage planen 13 Prozent der iPod-Nutzer, in den kommenden Monaten einen Macintosh-Computer zu kaufen oder haben dies bereits getan.
In Cupertino hofft man seit längerem auf den so genannten Heiligenschein-Effekt: Das gute Image des iPod soll auf die Computersparte ausstrahlen. Apple kämpft seit Jahren mit einem sinkenden Marktanteil bei PCs. Wenn der Konzern also seinen Rechner-Marktanteil mit einem Massenprodukt steigern wollte, wäre wohl jetzt der optimale Zeitpunkt.
Aber!
Gegen den vor allem von Analysten geforderten Billig-Mac spricht Apples bisherige Strategie. Anders als die Profirechner der Powermac-Serie richtet sich die iMac-Familie ganz klar an Privatnutzer. Entsprechend sind die Rechner aus einem Guss und werden mit integriertem Monitor und großem Softwarepaket ausgeliefert. Marketingchef Phil Schiller hatte noch im September in einem Interview einen Spar-Mac ausgeschlossen: Das "All-in-one-Konzept" genieße weiterhin Priorität, einen 08/15-Computer werde es von Apple nicht geben.
Aber vielleicht haben Schiller oder sein Chef ihre Meinung ja inzwischen geändert. Apples Pressestelle wollte sich auf Anfrage nicht zu dem "Think Secret"-Bericht äußern. Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen plant Apple für San Francisco 2005 allerdings auf jeden Fall etwas Größeres als einen rundum erneuerten iPod. Nur was? Es darf weiter spekuliert werden.
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