Prozess für eine Stunde unterbrochen Chancen für „Hartz-Deal“ stehen gut Der ehemalige VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz wird im ersten Prozess der VW-Affäre möglicherweise maximal zu einer zweijährigen Strafe auf Bewährung sowie einer Geldstrafe verurteilt. HB BRAUNSCHWEIG. Die Vorsitzende Richterin Gerstin Dreyer sagte am Mittwoch, die Kammer ziehe eine „Urteilsabsprache“ über eine Strafobergrenze in Betracht. Vorausgegangen waren Gespräche zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Voraussetzung sei ein „glaubhaftes Geständnis“ von Hartz vor dem Landgericht Braunschweig. Der Prozess wurde daraufhin für eine Stunde unterbrochen, um die beiden Schöffen davon zu unterrichten und dann einzubeziehen.
Für Hartz spreche, dass er nicht vorbestraft sei, bei der Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft geständig war und sich nicht persönlich bereichert habe. Die Anklage wirft Hartz Untreue in 44 Fällen und unrechtmäßige Begünstigung von Betriebsräten vor. Der Strafprozess gegen den ehemaligen Topmanager begann in Braunschweig am Mittwoch.
Im Vorfeld war spekuliert worden, dass Hartz mit einer Bewährungsstrafe von bis zu zwei Jahren und einer Geldbuße rechnen kann, wenn er sein Geständnis vor Gericht wiederholt. Die Anklage wirft dem 65-jährigen früheren Top-Manager Untreue in 44 Fällen und illegale Begünstigung des Betriebsrats in 23 Fällen vor. Er soll dem früheren VW-Betriebsratschef Klaus Volkert binnen elf Jahren heimlich fast zwei Mill. Euro Sonderboni zusätzlich zum Gehalt gezahlt haben, ohne dass dieser dafür Entsprechendes geleistet hätte. Außerdem soll Hartz die Personalabteilung von VW angewiesen haben, auf Grund eines vorgespiegelten Agenturvertrages insgesamt 400 000 Euro an die damalige Volkert-Geliebte zu zahlen.
In weiteren 23 Fällen geht es um die Abrechnung von Reisen, Schmuck, Mietwagen, Flügen und Hotelkosten für Volkert und die Geliebte, die der ehemalige Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer über ein spezielles Konto bei VW abgerechnet haben soll.
Laut Oberstaatsanwältin Hildegard Wolff hatte Hartz Gebauer beauftragt, Volkert „großzügig und wertschätzend“ zu behandeln und dabei „nicht kleinlich“ zu sein. Einer der Fälle habe eine gemeinsame Indienreise von Volkert, seiner brasilianischen Geliebten, dem früheren Skoda-Personalchef Helmuth Schuster, Gebauer sowie zwei Begleiterinnen betroffen. Dabei sind laut Anklage Kosten von knapp 68 000 Euro entstanden und über Volkswagen abgerechnet worden.
Vor Prozessbeginn war Hartz vor dem Gerichtsgebäude in einem schwarzen VW-Phaeton vorgefahren. Demonstranten beschimpften ihn als „Arbeiterverräter“ und forderten seine Bestrafung. „Rein in den Knast“, skandierten Demonstranten, unter denen auch Mitglieder einer lokalen Arbeitslosen- und Sozialhilfeinitiative waren. Sie warfen Hartz vor, für Sozialabbau verantwortlich zu sein. Der frühere Manager gilt als Initiator der umstrittenen Arbeitsmarktreformen der früheren rot-grünen Bundesregierung, die als „Hartz-Reformen“ bezeichnet werden.
Quelle handelsblatt.com |