Hans-Werner Sinn: Das Klima-Thema beschäftigt mich schon lange. Es wallt derzeit wieder auf durch Greta. Es kommen neue Fragen auf, die die Bevölkerung umtreiben ... MONEY: Was meinen Sie genau damit? Sinn: Wir haben einen Klimawandel! Das Problem müssen wir angehen als Menschheit. Aber es bringt nichts, wenn ein Land allein agiert. Wir dürfen nicht nur die Nachfrageseite betrachten. Betrachten wir die fossilen Brennstoffe. Was passiert, wenn Deutschland seine Nachfrage verringert? Oder eine Gruppe wie die EU? Wo bleiben diese Brennstoffe, die wir jetzt nicht mehr kaufen? "Ob Greta das bedacht hat?" MONEY: Bleiben Sie dann nicht in der Erde? Sinn: Das wäre gut fürs Klima. Aber das ist doch nicht selbstverständlich. Nehmen wir mal das Öl: Angenommen, wir verzichten in Deutschland darauf und stellen alles auf E-Mobilität auf der Basis von neuem Grünstrom um. Glauben Sie denn, dass die Ölscheichs das Öl in der Erde lassen? Warum sollten sie das tun? Ich vermute eher, dass der Preisverfall, den unsere Nachfrageeinschränkung auf den Weltmärkten verursacht, die Scheichs veranlasst, noch mehr zu fördern, denn sie brauchen ja das Geld, um ihren Hofstaat zu finanzieren. Und leider wird alles verbrannt, was gefördert wird, und der Kohlenstoff geht in die Luft. MONEY: Aber was würde dann genau passieren? Sinn: Bei fallendem Weltmarktpreis steigt die Nachfrage eben woanders, und es werden dort noch mehr SUVs und schwere Lkws gefahren. Länder, die auf die grüne Politik pfeifen, haben nun einen doppelten Vorteil. Erstens können sie das Öl verbrennen, das wir freigeben, und zweitens kriegen sie das Öl, das die Scheichs zusätzlich extrahieren. Das Weltklima ändert sich noch schneller, als es ohne unsere unilateralen Aktionen der Fall gewesen wäre. Ob Greta das bedacht hat? |