PROSIEBENSAT.1: Wir kupfern nicht billig ab

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eröffnet am: 24.07.05 10:55 von: moya Anzahl Beiträge: 1
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Sat1: Wir kupfern nicht billig ab (EuramS)

Die deutschen Privatsender leiden noch immer unter der Werbeflaute. Sat.1 allerdings gewinnt Marktanteile. Geschäftsführer Roger Schawinski setzt auf Qualität - oder das, was Fernsehmacher darunter verstehen.
von Hans Sedlmaier

Roger Schawinski ist relaxed. Das liegt nicht nur an seinem bevorstehenden Urlaub mit Familie auf Sardinien, sondern auch an den Erfolgen, die der Geschäftsführer von Sat.1 vorzuweisen hat. Sogar Gerhard Zeiler, Erzkonkurrent und RTL-Chef, mußte kürzlich zugeben, es sei "Sat.1 gelungen, einige bemerkenswerte Programme zu etablieren". Vor allem "Verliebt in Berlin", die erste deutsche Telenovela, zieht wochentags bis zu 4,5 Millionen Zuschauer in ihren Bann. Was Roger Schawinski weiter vorhat, verrät er im EURO-Interview.

Euro am Sonntag: Ihr Start war ja eher ein Flop. Harald Schmidt ging, Anke Engelke kam nicht an. Haben Sie mal an sich gezweifelt?

Roger Schawinski: Es ist richtig: Im Sommer 2004 stand Sat.1 nicht besonders toll da. Aber auch wenn ich eher ein ungeduldiger Mensch bin: Mir war klar, daß die Neupositionierung auch Geduld erfordert.

EURO: Wie weit entspricht Sat.1 schon Ihrem Idealbild?

Schawinski: Schon sehr weit. Wir haben mit Formaten wie "Genial daneben", "Schillerstraße" oder mit unserer Telenovela "Verliebt in Berlin" eine eigene qualitativ hochwertige Machart kreiert. In diesem Herbst werden weitere neue und unverwechselbare Formate starten.

Euro: Was zum Beispiel?

Schawinski: "Bis in die Spitzen", unsere eigenproduzierte Serie.

Euro: Dabei geht es um zwei Paare, die Friseursalons führen. Was ist da das Besondere?

Schawinski: Die Dialoge haben eine Klarheit und Präzision, die wir bisher von der deutschen Serie nicht kennen. Es geht um Beziehungen, und da wird wirklich nichts ausgelassen.

Euro: Sie adaptieren die britische Serie "Cutting It". Wo ist das Neue?

Schawinski: Daß wir nicht ein Format gesehen und auf die schnelle versucht haben, billig abzukupfern. Wir wollen Qualität produzieren, daher haben wir die Drehbücher gekauft, sie an die deutschen Verhältnisse angepaßt und neu gedreht. Die BBC, mit der wir kooperiert haben, ist begeistert.

Euro: Auch "Sex and the City" kommt als deutsche Serie mit dem Titel "Alles außer Sex" ins Fernsehen. Wo ist da der Unterschied?

Schawinski: Das ist was völlig anderes. "Bis in die Spitzen" ist nicht etwas "im Stile von ,Cutting It´". Wenn wir uns für ein ausländisches Format interessieren, versuchen wir, die Rechte zu erwerben und mit denen, die es produziert haben, zusammenzuarbeiten.

Euro: Qualität kostet Geld.

Schawinski: Pfusch und Mißerfolg würden ganz sicher negativ zu Buche schlagen. Die hervorragenden Drehbücher von "Cutting It" zu kaufen kostete kein Vermögen. Die ausländischen Lizenzserien erleben derzeit eine Renaissance. Wir müssen schauen, daß wir auch die deutsche Serie voranbringen.

Euro: Rückblickend: Haben Sie in der Zeit auch was falsch gemacht?

Schawinski: Natürlich. Aber ich bin froh darüber, daß wir nicht jedem vermeintlichen Trend hinterhergelaufen sind, Sachen bewußt nicht gemacht haben. Zum Beispiel die Schönheits-OP-Sendungen.

EURO: Wie treffen Sie solche Entscheidungen - aus dem Bauch?

Schawinski: Das bin nicht nur ich. So eine Meinung bildet sich im Sender. Bei den Schönheits-OP-Shows hat dann auch noch meine Frau gesagt: Das ist absolut frauenfeindlich. Wenn du das machst, lasse ich mich scheiden. Ganz unberührt hat mich das nicht gelassen.

EURO: Sie haben den Rückstand zu RTL verringert. Wann wollen Sie die Konkurrenz überholen?

Schawinski: Um das klar zu sagen: Das wird nicht möglich sein. Die beiden Senderfamilien haben unterschiedliche Strukturen. Alle Highlights der RTL-Familie werden immer zuerst bei RTL laufen. Wir haben mit Sat.1 und ProSieben zwei Flaggschiffe - das heißt auch teilen.

EURO: Sie geben also auf?

Schawinski: Nein, wir wollen den Abstand bei Marktanteilen in unserer Zielgruppe weiter verringern. 2003 betrug er 6,7 Prozentpunkte. Aktuell liegt er bei 3,7 Punkten.

EURO: Zuschauer sind das eine, wie schneiden Sie finanziell ab?

Schawinski: Wir sind wirtschaftlich auf einem guten Weg. Das erste Quartal war das beste in der Geschichte des Senders.

EURO: Am 7. August startet Ihre neue Talk-Sendung mit Bettina Rust am Sonntagabend. Da sollen drei Gäste über vier Themen reden. Das klingt ein wenig beliebig.

Schawinski: Im Gegenteil: Ein Thema ist doch oft nach 20 Minuten erschöpft, dann wiederholen sich alle nur noch. Ich hatte die Idee, als ich "Das literarische Quartett" sah.

EURO: Aber dort waren alle Experten für Bücher. Soll bei Ihnen Jürgen Klinsmann über Politik reden?

Schawinski: Ja genau, und Angela Merkel über Fußball. Das ist doch spannend. Wir laden ja Menschen ein, die klug und allgemein interessiert sind. Das Expertentum macht viele Talkshows doch so öde.

EURO: Was kommt nach Gerichtsshows, Comedy und Reality TV?

Schawinski: Die Impro-Comedy ist schon da, und wir haben da noch ein paar Ideen. Aber generell glaube ich: Qualität punktet.

EURO: Die Schweizer "Weltwoche" hat geschrieben, wenn man Ihnen zuhört, dann könnte man meinen, Sie hätten sogar das Rad erfunden ...

Schawinski: (lacht) Die meinten wohl nicht Rad, sondern Radio, weil ich auch Privatradio gemacht habe.

EURO: Es heißt dann weiter: Und wenn er etwas nicht erfunden hat, dann war es zumindest seine Idee.

Schawinski: Das ist eine Anspielung auf den Schweizer Komiker Giacomo, der mich so parodiert hat, daß er am Schluß immer sagte: "S´isch mini Idee g´si."

EURO: Ärgert Sie so etwas?

Schawinski: Aber nein. Ich habe in seinem letzten TV-Sketch sogar selbst mitgespielt und mit ihm meinen 60. Geburtstag gefeiert.

EURO: Haben Sie schon einen Nachfolger für "Verliebt in Berlin"?

Schawinski: Ja, aber zum Inhalt möchte ich noch nichts sagen.

EURO: Wie wär´s denn mit "Verloren in Wolfsburg"? Eine Telenovela, die in einem skandalträchtigen Autokonzern spielt, mit korrupten Betriebsräten und wilden Orgien ...

Schawinski: (lacht) Klingt spannend, aber da fehlen die Sympathieträger und das Positive. So etwas ist nichts zum Abendessen.

        
      
    
      

Gruß Moya

 

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