AnalystCorner: Poet Holdings - "Wir haben unsere Kosten in den Griff bekommen!" Der Internetboom ist schon lange Geschichte - der Hype am Neuen Markt mittlerweile auch vorbei. Der Kursverlauf des einstigen „Highflyers“ Poet Holdings spricht Bände: Von seinem Hoch im Frühjahr 2000 hat der Titel bis heute 99% an Wert verloren. Noch zehrt die Gesellschaft von den damals eingesammelten liquiden Mitteln. CEO Jochen Witte ist überzeugt, dass sich das bald ändern wird. Poet hat die Gewinnzone fest im Blick.
Michael Schröder 5. Februar 2003
POET HOLDINGS WKN 928040 Branche IT-Software (Telekommunikation und Internet) Land USA Kurs bei Besprechung 0,70 Euro Datum 05.02.2003
Börsenkennzahlen Unternehmen POET HOLDINGS 52 Wochen Hoch 1,53 Euro 52 Wochen Tief 0,42 Euro
Erwähnte Unternehmen Name WKN Kauf Verk. News POET HOLDINGS 928040
Die Poet Holdings Inc. ist ein Anbieter von Datenmanagement-Software und -Lösungen, mit denen Unternehmen komplexe Informationen gemeinsam nutzen, verwalten und bearbeiten können. Die Effektivität von Business-to-Business (B2B)-Prozessen und der Informationsaustausch über das Internet wird gefördert. Das Softwarehaus wurde 1991 in Hamburg gegründet. 1995 wurde der Firmensitz nach Kalifornien verlegt. Bislang verbrannte das Unternehmen viel Geld. Doch Poet hat kräftig an der Kostenschraube gedreht- in den USA wurde beispielsweise ein indirektes Vertriebsmodell eingeführt. Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender Jochen Witte plant weiterhin, den Break-even auf Quartalsbasis im zweiten Halbjahr 2003 zu erreichen. AnalystCorner fragte nach!
AC: Herr Witte, im vierten Quartal 2002 ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zwar um 32% auf 1,6 Mio. USD zurückgegangen. Gleichzeitig hat sich der Nettoverlust jedoch auf 1,1 Mio. USD halbiert. Gegenüber dem Vorquartal konnten die Verluste sogar um 74% reduziert werden. Sie müssten eigentlich zufrieden sein, oder?
Witte: Das sind wir auch. Im vierten Quartal hatten wir das beste Ergebnis seit unserem Börsengang vor gut drei Jahren. Die Umstrukturierung und Neuordnung unseres USA-Geschäftes ist abgeschlossen. Wir erwarten weitere Ergebnisverbesserungen.
AC: Die Anleger haben die Zahlen indes nicht so positiv aufgenommen. Der Aktienkurs ist abgerutscht. Wo liegen die Gründe?
Witte: Wir hatten nach den Tiefsständen um 0,50 Euro im September/Oktober eine deutliche Erholung bis auf 0,90 Euro im Januar gesehen. Da sind Gewinnmitnahmen nur natürlich. Außerdem wirkt der Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahresquartal auf den ersten Blick abschreckend. Allerdings ist in unserem Fall der sequentielle Vergleich mit dem dritten Quartal 2002 aussagekräftiger. Und da sind die Zahlen eindeutig: Umsatz stabilisiert bei Halbierung der Kosten. Wir sind auf einem guten Weg.
AC: Die gesamte Branche leidet unter der mangelnden Investitionsbereitschaft der Kunden. Inwieweit sind Sie betroffen?
Witte: Unser Geschäft gliedert sich in zwei Bereiche: Katalog-Management-Lösungen für die elektronische Beschaffung und Datenbankkomponenten für industrielle Anwendungen. Unser Datenbankgeschäft läuft stabil. Auf diesem Gebiet haben wir eine große Zahl von Bestandskunden, mit denen wir auch in schwierigen Zeiten gute Folgegeschäfte machen. In unserem Wachstumssegment Katalog-Management-Lösungen spüren wir indes eine gewisse Investitionsvorsicht. Allerdings gibt es in diesem Bereich auch Nachholbedarf.
AC: Können Sie uns das näher erklären?
Witte: Sicher. Viele Unternehmen haben in elektronische Beschaffungsplattformen investiert und benötigen nun elektronische Kataloglösungen um die Systeme mit einer größeren Anzahl von Lieferanten produktiv betreiben zu können. Außerdem ist das Hauptmotiv für den elektronischen Einkauf die Senkung von Prozess- und Verwaltungskosten. Und Kostensenkungen sind gerade in schwierigen Zeiten immer ein Thema. Wir sehen hier also vorsichtig optimistisch in die Zukunft.
AC: Wo haben Sie den Hebel angesetzt, um die Kosten und damit die Verluste weiter zu senken?
Witte: Wir haben unsere internationale Präsenz neu geordnet. Wir hatten zuvor den amerikanischen Markt mit einer großen Organisation von bis zu 40 Mitarbeitern direkt bedient. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen wir uns auf unsere Wurzeln besinnen. Die liegen klar in Europa. Wir sind deshalb in den USA auf ein indirektes, Partnergestütztes Vertriebsmodell umgestiegen und haben demzufolge unsere Personal- und Verwaltungskosten deutlich senken können.
AC: Sind weitere Maßnahmen geplant?
Witte: Vorerst nicht. Wir haben unsere Umstrukturierung abgeschlossen und planen keine weiteren Anpassungen. Allerdings werden sich einige Maßnahmen erst im ersten und zweiten Quartal auswirken. Wir werden also auch im ersten Halbjahr 2003 noch sinkenden Gesamtkosten vorweisen können.
AC: Wie sehen Ihre Planvorgaben für das Gesamtjahr 2003 im Detail aus?
Witte: Wir rechnen mit Umsätzen von etwa 8 Mio. USD und einem Verlust von 2 bis 2,5 Mio. USD auf Jahresbasis. Für das vierte Quartal planen wir dann allerdings den Break-even.
AC: Was versprechen Sie sich von der Mitte Januar geschlossenen Allianz mit der japanischen Dai Nippon Printing?
Witte: Dai Nippon Printing (DNP) ist ein sehr renommiertes Unternehmen mit einer marktführenden Stellung im Print-Bereich. DNP ist für uns Widerverkäufer und Kunde. Wir erwarten durch die Partnerschaft eine weitere Stärkung unsere Position im japanischen Markt.
AC: Sind weitere Abschlüsse dieser Art geplant?
Witte: Wir sind mit mehreren sehr interessanten Partnern und potenziellen Kunden im Gespräch. Details über laufende Anbahnungen kann ich zu diesem Zeitpunkt aber leider nicht nennen.
AC: Wohin zieht es die Poet Holdings Inc. im Rahmen der Neuordnung der deutschen Aktienindizes?
Witte: Wir haben die Zulassung zum Prime Standard bereits mit Wirkung zum 1. Januar 2003 erhalten. Als international ausgerichtetes Software-Unternehmen, das ohnehin den strengen Richtlinien der US-amerikanischen Börsenaufsicht unterliegt, bildet der Prime Standard für uns das passende Segment.
AC: Der Poet-Kurs hat die Tiefststände aus dem Oktober 2002 zwar hinter sich gelassen, zählt aber dennoch zu den Penny-Stocks. Warum sollte der Anleger die Aktie gerade jetzt kaufen?
Witte: Wir haben ein stabiles und profitables Datenbankgeschäft und hohe Wachstumschancen im Bereich elektronischer Kataloglösungen. Poet ist in diesem Bereich das einzige Unternehmen, das die ganze Bandbreite des Katalog-Managements abdeckt: vom Lieferanten über den Marktplatz bis zur Einkaufsorganisation. Wir haben unsere Kosten in den Griff bekommen und systematisch unsere Produkte verbessert. Wir können von dem langfristigen Trend zum elektronischen Handel überdurchschnittlich profitieren.
Das Gespräch führte Michael Schröder |