US-Terrorwarnung basiert auf alten Informationen Dienstag 3 August, 2004 19:06 CET
New York/Washington (Reuters) - Die jüngsten Warnungen vor möglichen Anschlägen der Al-Kaida-Gruppe auf US-Finanzzentren beruhen zum großen Teil auf Jahre alten Informationen. Heimatschutz-Minister Tom Ridge rechtfertigte die verschärften Sicherheitsvorkehrungen am Dienstag dennoch und stellte klar, die Bedrohung bestehe immer noch.
Al-Kaida habe ihre früheren Erkenntnisse über zentrale Gebäude der Finanzwelt im Januar dieses Jahres auf den neuesten Stand gebracht, sagte Ridge in der Zentrale der Citigroup in New York, die zu den Anschlagszielen gehören soll. Eine politische Motivation im Zusammenhang mit der Präsidentenwahl im November wies Ridge von sich. "Wir machen im Ministerium für Heimatschutz keine Politik." Er ergänzte: "Das hat nichts mit Politik zu tun. Es hat zu tun mit Vertrauen in die Regierung."
Ridge sagte außerdem, es gebe keine Informationen darüber, für welchen Zeitpunkt ein möglicher Anschlag geplant sei. Es gebe auch keine Hinweise darauf, dass Al-Kaida in jüngster Zeit noch einmal die bedrohten Gebäude beobachtet habe. Fran Townsend, Heimatschutz-Beraterin des Präsidialamts, hatte zuvor im Fernsehsender "ABC" erläutert: "Was wir von den Angriffen vom 11. September gelernt haben, ist, dass sie (die Pläne) Jahre im Voraus erstellen und sie dann vor der Ausführung der Angriffe ergänzen." Die Informationen über die Beobachtungen von Al-Kaida im Januar habe die Regierung vor weniger als 72 Stunden von Pakistan erhalten. "Wir waren der Überzeugung, wir müssten das an das amerikanische Volk weitergeben, damit es sich schützen kann", sagte sie.
ZEITUNG: VIELE INFORMATIONEN WAREN FREI ZUGÄNGLICH
In der "New York Times" hieß es unter Berufung auf US-Geheimdienst- und Regierungskreise, das meiste beschlagnahmte Material sei vor dem 11. September 2001 erstellt worden. Die "Washington Post" berichtete ebenfalls unter Berufung auf Regierungskreise, viele der Informationen seien über offene Quellen wie das Internet frei zugänglich. "Was wir gefunden haben, ist eine Sammelaktion und nicht der Beginn eines Angriffs", zitierte die "Washington Post" aus den Kreisen. Ein Regierungsbeamter sagte der "New York Times": "Man kann sagen, dass der Großteil dieser Informationen alt ist. Aber wir wissen, dass Al-Kaida sammelt, sammelt und sammelt."
Die US-Sicherheitsbehörden hatten am Sonntag vor Anschlägen auf Finanzzentren wie die New Yorker Börse, den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Weltbank gewarnt. In Washington war daraufhin die zweithöchste Sicherheitsstufe "Orange" verhängt worden. Die Dokumente, Computerdateien und Berichte waren Behörden zufolge Ende Juli bei der Festname des mutmaßlichen Computer-Experten der Al-Kaida Muhammad Naeem Noor Khan, alias Abu Talha, sichergestellt worden. Aus pakistanischen Sicherheitskreisen verlautete, in den vergangen 24 Stunden seien zwei weitere mutmaßliche Al-Kaida-Mitglieder festgenommen worden.
In britischen Zeitungen wurde berichtet, dass ein Teil der Unterlagen auch auf eine Bedrohung Großbritanniens hindeuteten. Spezifische Ziele seien jedoch nicht bekannt. Die oppositionellen Konservativen forderten Premierminister Tony Blair auf, wie die USA die Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken. "Die Einsatzpläne werden nicht geändert", verlautete dagegen aus britischen Regierungskreisen. "Wenn wir das Gefühl haben, dass wir zusätzliche Beamte einsetzen müssen, werden wir das tun." Die Bundesregierung hatte erklärt, es gebe keine Änderung der Bedrohungslage.
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