Donnerstag, 5. Juli 2007 Spiele gehen an Sotschi Jubel in Russland Wladimir Putin erlebte den Triumph nicht mehr vor Ort mit. Als der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Jacques Rogge, die Wahl von Sotschi als Ausrichter der XXII. Olympischen Winterspiele in Guatemala-Stadt verkündete, war der russische Präsident bereits auf dem Rückweg nach Moskau. Zuvor hatte Putin vor der 119. IOC-Vollversammlung in einem leidenschaftlichen Plädoyer für den Schwarzmeer-Badeort geworben: "Sotschi ist die beste Bewerbung." Dass die Stadt gewonnen hatte, ließ er sich bei einem Anruf aus dem Flugzeug von Rogge höchstpersönlich bestätigen. Entscheidung für die Demokratie Sotschi setzte sich im zweiten Wahlgang mit 51:47 Stimmen gegen das südkoreanische Pyeongchang durch, das bereits vor vier Jahren knapp an Vancouver bei der Vergabe der Winterspiele für 2010 gescheitert war. Wie 2003 schied Salzburg bereits im ersten Durchgang aus. "Da blutet mir als Athlet das Herz", sagte der dreimalige Rodel-Olympiasieger Georg Hackl als Olympia-Botschafter der Mozart-Stadt. Dagegen befand Rogge, dass Sotschi "ein starkes und visionäres Projekt" vorgestellt hat. Er sei sicher, dass die Stadt ausgezeichnete Spiele durchführen werde. Zugleich dankte der Belgier den unterlegenen Städten. "Das ist ein Schlüssel-Moment in der russischen Geschichte", sagte Sotschis Bewerbungschef Dimitri Tschernitschenko in der "Sieger-Pressekonferenz." Er versprach "fantastische Spiele, die Russland helfen werden, die junge Demokratie weiter zu entwickeln". In der südrussischen Stadt selbst bejubelten etwa 5.000 Menschen die Entscheidung im fernen Guatemala. Sie mussten bis um kurz nach 3.00 Uhr Ortszeit ausharren, um die freudige Nachricht über den Sieg ihrer Stadt zu erhalten. Im Zentrum Sotschis war die Sitzung des IOC live auf einer Großbildleinwand übertragen worden, zuvor hatten populäre russische Musikbands das Publikum in einer "Olympischen Nacht" in Stimmung gebracht. Neue Epoche Für den Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und IOC-Vizepräsidenten Thomas Bach hat sich das IOC mit der Wahl Sotschis für einen neuen Weg entschieden. "Das ist vielleicht der Beginn einer neuen Epoche. Man muss abwarten, in wieweit das in Guatemala eine Richtungs-Entscheidung war", sagte der Tauberbischofsheimer Rechtsanwalt. Bei der Präsentation konnte Sotschi, das die Spiele vom 7. bis 23. Februar 2014 ausrichten will, nicht eine einzige fertige Wettkampfstätte vorweisen. Die Anlagen bestehen bisher nur als Computer-Animationen. Rund 1,5 Milliarden US-Dollar will die Stadt am Meer sowie in der Kaukasus-Region um Krasnaja Poljana in elf Wettkampfstätten investieren. Insgesamt wollen der Staat und Privat-Investoren rund 12 Milliarden US-Dollar in die Infrastruktur pumpen. Nach den Sommerspielen 1980 in der damaligen sowjetischen Hauptstadt richtet Russland nun erstmals Winterspiele aus. Münchner Chancen für 2018 gestiegen Mit dem Scheitern von Salzburg ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass sich der DOSB mit München um die Ausrichtung der Winterspiele 2018 bewirbt. In Salzburgs Konzept war der Eiskanal am Königssee für die Wettkämpfe in Bob, Rodeln und Skeleton vorgesehen. Für Bach steht durch die Entscheidung für Sotschi "die Tür für Spiele in den Alpen ein Stück weiter offen". Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) kündigte an, dass er beim DOSB für eine deutsche Kampagne werben werde. "Deutschlands Chancen sind gestiegen", meinte Ude, "wir sind bestens aufgestellt in München." Geld regiert die Welt Große Enttäuschung löste das Scheitern von Salzburg im Berchtesgadener Land aus. Stefan Kurz, der Bürgermeister der Gemeinde Schönau am Königssee, kritisierte das IOC: "Es gibt das Sprichwort: Geld regiert die Welt. Anscheinend hat es bei der Wahl zugetroffen." Österreich hat sich nun zum vierten Mal hintereinander vergeblich um die Gastgeberrolle beim bedeutendsten Wintersportfest bemüht. Hackl war wie die gesamte Salzburger Delegation tief enttäuscht, dass das IOC die sichere Bewerbung in einem herausragenden Wintersportland mit Weltklasse-Wettkampfstätten abgelehnt hat: "Es war ein Tag der Weichenstellung." Vor Salzburg (2010 und 2014) waren Graz (2002) und Klagenfurt (2006) beim IOC durchgefallen. Damit bleibt Innsbruck, wo 1964 und 1976 Winterspiele stattfanden, Österreichs bisher einzige Olympia-Stadt. Von Sven Busch, dpa
Quelle: n-tv.de |