AP - Freitag, 4. April, 15:17 Uhr Berlin (AP) Die Entscheidung von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, die für 2009 geplante Beimischung von bis zu zehn Prozent Bioethanol im Benzin zu stoppen, hat weit reichende praktische und politische Folgen. Hier eine Übersicht:
Autofahrer: Etwa 189.000 Besitzer deutscher Autos und 3,3 Millionen mit importierten Benzinfahrzeugen bleiben davor verschont, auf die teure Kraftstoffsorte Super-Plus umzusteigen. Für 170.000 deutsche Benziner ist die Sorte heute schon empfohlen, und dabei bleibt es auch. Auch für Diesel-Besitzer gibt es keine Änderung.
- Autoindustrie: Die höhere Beimischung von Biosprit in herkömmlichem Kraftstoff sollte den Herstellern helfen, die EU-Vorgaben für den Klimaschutz zu erfüllen. 2012 sollen Neuwagen im Durchschnitt nur noch 120 Gramm Kohlendioxid je Kilometer ausstoßen. Heute liegt der europäische Schnitt bei 160 Gramm, bei deutschen Herstellern sogar bei 170 Gramm. Die höhere Biospritquote sollte etwa zehn Gramm bringen. Dies müssen die Hersteller nun durch noch mehr Verbesserungen an den Fahrzeugen selbst erreichen, wie Gabriel sagte.
- Biokraftstoffquotengesetz: Bereits seit 2007 gelten gesetzliche Quoten für Agrosprit in deutschen Kraftstoffen. 2009 sollen bei Benzin und Diesel zusammen 6,25 Prozent - gerechnet nach Energiegehalt - erreicht werden. Diese Quote müsse auf fünf Prozent zurückgenommen und das Gesetz entsprechend geändert werden, kündigte Gabriel an. Auch die von der Bundesregierung festgelegte Zielmarke von 17 Prozent für 2020 sei nicht mehr realistisch, sondern nur noch zwölf bis 15 Prozent.
- Klimaschutzziel: Weil die Biosprit-Ziele nicht erreicht werden, wird weniger Kohlendioxid gespart als bislang geplant. Nach Gabriels Worten entsteht eine Lücke von vier bis fünf Millionen Tonnen im Jahr 2020. Um das deutsche Klimaziel, bis 2020 um 40 Prozent unter den Klimagasausstoß von 1990 zu kommen, zu retten, sollen nun die erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung noch schneller ausgebaut werden als ohnehin geplant. Bisher rechnet das Umweltministerium laut Gabriel mit einem Anteil von 27,5 Prozent, nun müssen 30 Prozent erreicht werden. Das würde die Klimabilanz ausgleichen: Zehn bis elf Millionen Tonnen Kohlendioxid würden zusätzlich vermieden, rechnete der Umweltminister vor.
- Biomasse: Um der immer grundsätzlicheren Kritik an der Nutzung von Biomasse und Biokraftstoffen zu begegnen, will Gabriel hohe Standards durchsetzen. So soll künftig nachgewiesen werden, dass Biosprit und Biomasse unter dem Strich mindestens 40 Prozent weniger Kohlendioxid verursachen als fossile Energieträger, und zwar in der gesamten Produktionskette.
Zudem will Gabriel, dass Biomasse von bestimmten Standorten nicht mehr verwendet werden darf, nämlich aus Regenwaldgebiet, Mooren oder umgewandeltem Grünland. Das soll klimaschädlichen Raubbau an der Natur ausschließen, wie er heute zu Gunsten der Energiepflanzen betrieben wird. Damit dies nicht umgangen werden kann, sollen dieselben strengen Regeln auch für den Anbau von Futterpflanzen gelten, wenn es nach Gabriel geht. Gesichert werden soll die Nachhaltigkeit auch durch Abkommen mit einzelnen Importländern.
Mittelfristig setzt Gabriel weiter auf die Biokraftstoffe der zweiten Generation, die aus Bioabfällen gewonnen werden und eine bessere Klimabilanz haben.
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