Branchencheck Solar
Solar schaltet von heiß auf kalt
Vor der Kürzung staatlicher Fördergelder erlebt die Solarbranche noch einmal einen Boom. Der kommt wie gerufen für angeschlagene Firmen wie Conergy.
"Doch am 1.Juli brechen harte Zeiten an". von Kathrin Werner, Frankfurt / Oder
Da liegen sie und schimmern in der Sommersonne: Dutzende Siliziumblöcke, dunkelgrau, 20 Kilogramm schwer. Aus ihnen sägt der Solarkonzern Conergy 180 Mikrometer dünne Scheiben, sogenannte Wafer. Aus den Wafern werden Zellen, aus Zellen Module. Fließbänder unter der Fabrikdecke in Frankfurt an der Oder bringen sie von einer Halle zur nächsten. Roboterarme reichen sie blitzschnell weiter. Es beginnt mit dem Siliziumblock und endet mit dem Solarmodul. Alles passt zusammen. Endlich. In der Conergy-Fabrik in Frankfurt (Oder) verarbeiten Roboter den Grundstoff Silizium so lange, bis daraus Solarmodule geworden sind Es ist gerade ein Jahr her, dass hier fast nichts funktionierte. Erst fehlte der wichtigste Rohstoff: die Siliziumblöcke. Dann kaufte der Konzern Wafer viel zu teuer ein. Lange hat Conergy, einst Deutschlands größtes Solarunternehmen, kaum etwas so bereut wie die Investition in das Werk in Frankfurt. Die Schulden wuchsen, der Konzern stand vor der Pleite. Im vergangenen Herbst hat Conergy das Siliziumproblem dann in den Griff bekommen - gerade rechtzeitig vor dem Solarboom. "Wir haben derzeit mehr Bestellungen, als wir abarbeiten können", sagt Konzernchef Dieter Ammer. Grund: Deutsche Käufer wollen unbedingt noch vor der Kürzung öffentlicher Fördergelder zum 1. Juli ihre Module aufs Dach schrauben. Regelrecht einbrechen werde der Markt danach nicht, so Ammer: "Solar wird auch weiterhin ein attraktives Investment bleiben." Allerdings, so glauben Experten, ist der ganz große Boom dann vorbei. "Die geplante Regulierung wird es der Branche nicht einfacher machen", sagt Ammer. "Wer bisher Module nur verteilte, muss wieder hartes Verkaufen lernen." Mehr zum Thema Branchencheck Chance für Deutschlands Solarmaschinenbauer Rohstoffe Wackers glänzendes Geschäft mit Silizium Staatliche Förderung Deutschland fesselt Solarindustrie Verschobener Jahresabschluss Conergy ringt mit Banken
Mehr zu: Conergy, Solarmodule Das Verkaufen, der Vertrieb, ist die große Schwäche der Solarbranche, sagt Martina Ecker, Greentech-Expertin der Bank Jefferies. In den vergangenen zwei Jahren haben chinesische Billigrivalen den deutschen Herstellern Marktanteile und Margen abgenommen. Die Modulpreise sanken um die Hälfte. Deutsche Unternehmen wie Conergy oder Solon rutschten in die roten Zahlen. Die Chinesen werden ihre Panels gut los, weil sie bis zu 20 Prozent günstiger sind. Die Lage entspannt sich zwar gerade, weil wegen Euro-Schwäche und Renminbi-Aufwertung der Preisunterschied schrumpft. Doch langfristig müssen sich die Deutschen überlegen, wie sie gegen die Asiaten ankommen - deren Produktionskosten sie nie erreichen können. "In wachsenden Märkten ist es einfach zu verkaufen", sagt Ecker. "Im Solarmarkt der Zukunft kann man nur über Verteilungskämpfe wachsen. Da braucht man einen guten Vertrieb mit guten Argumenten." Noch ist die Nachfrage ohnehin da: Im ersten Quartal wuchs Conergys Umsatz auf 150 Mio. Euro, das ist fast dreimal so viel wie im Vorjahr. Erstmals seit mehr als zwei Jahren blieb vor Zinsen und Steuern ein kleiner Gewinn. Das hebt die Laune: Zum Deutschlandspiel bei der Fußball-WM am vergangenen Mittwoch etwa grillte Ammer die Würstchen für seine Mitarbeiter. Sein Titel: "Chief Barbecue Officer". Ammers größtes Problem ist aber noch nicht gelöst: Conergy verhandelt mit einem Bankenkonsortium über die Stundung von Schulden in Höhe von 236 Mio. Euro, von denen ein Großteil schon im Juli fällig ist. Die Vorlage der Jahresbilanz und die Hauptversammlung hat der Konzern daher verschoben. Es geht ums Überleben. Allerdings ist die Commerzbank, der wichtigste Kreditgeber, zugleich mit 37 Prozent an der Firma beteiligt. Das erhöht die Hemmschwelle, Conergy fallen zu lassen. Ammer gibt sich optimistisch. Dank der modernen Frankfurter Fabrik könne sein Konzern nun günstig produzieren. "Wir werden die Marktposition wiederbekommen, die wir einmal hatten", sagt er. Dazu hat er auch eine Strategie: Er will jeden Tag sehr früh aufstehen - und ganz viel arbeiten.
Branchencheck Solar Solar schaltet von heiß auf kalt Vor der Kürzung staatlicher Fördergelder erlebt die Solarbranche noch einmal einen Boom. Der kommt wie gerufen für angeschlagene Firmen wie Conergy. Doch am 1.Juli brechen harte Zeiten an. von Kathrin Werner, Frankfurt / Oder ANZEIGE Da liegen sie und schimmern in der Sommersonne: Dutzende Siliziumblöcke, dunkelgrau, 20 Kilogramm schwer. Aus ihnen sägt der Solarkonzern Conergy 180 Mikrometer dünne Scheiben, sogenannte Wafer. Aus den Wafern werden Zellen, aus Zellen Module. Fließbänder unter der Fabrikdecke in Frankfurt an der Oder bringen sie von einer Halle zur nächsten. Roboterarme reichen sie blitzschnell weiter. Es beginnt mit dem Siliziumblock und endet mit dem Solarmodul. Alles passt zusammen. Endlich. In der Conergy-Fabrik in Frankfurt (Oder) verarbeiten Roboter den Grundstoff Silizium so lange, bis daraus Solarmodule geworden sind Es ist gerade ein Jahr her, dass hier fast nichts funktionierte. Erst fehlte der wichtigste Rohstoff: die Siliziumblöcke. Dann kaufte der Konzern Wafer viel zu teuer ein. Lange hat Conergy, einst Deutschlands größtes Solarunternehmen, kaum etwas so bereut wie die Investition in das Werk in Frankfurt. Die Schulden wuchsen, der Konzern stand vor der Pleite. Im vergangenen Herbst hat Conergy das Siliziumproblem dann in den Griff bekommen - gerade rechtzeitig vor dem Solarboom. "Wir haben derzeit mehr Bestellungen, als wir abarbeiten können", sagt Konzernchef Dieter Ammer. Grund: Deutsche Käufer wollen unbedingt noch vor der Kürzung öffentlicher Fördergelder zum 1. Juli ihre Module aufs Dach schrauben. Regelrecht einbrechen werde der Markt danach nicht, so Ammer: "Solar wird auch weiterhin ein attraktives Investment bleiben." Allerdings, so glauben Experten, ist der ganz große Boom dann vorbei. "Die geplante Regulierung wird es der Branche nicht einfacher machen", sagt Ammer. "Wer bisher Module nur verteilte, muss wieder hartes Verkaufen lernen." Mehr zum Thema Branchencheck Chance für Deutschlands Solarmaschinenbauer Rohstoffe Wackers glänzendes Geschäft mit Silizium Staatliche Förderung Deutschland fesselt Solarindustrie Verschobener Jahresabschluss Conergy ringt mit Banken
"Das Verkaufen, der Vertrieb, ist die große Schwäche der Solarbranche", sagt Martina Ecker, Greentech-Expertin der Bank Jefferies. In den vergangenen zwei Jahren haben chinesische Billigrivalen den deutschen Herstellern Marktanteile und Margen abgenommen. Die Modulpreise sanken um die Hälfte. Deutsche Unternehmen wie Conergy oder Solon rutschten in die roten Zahlen. Die Chinesen werden ihre Panels gut los, weil sie bis zu 20 Prozent günstiger sind. Die Lage entspannt sich zwar gerade, weil wegen Euro-Schwäche und Renminbi-Aufwertung der Preisunterschied schrumpft. Doch langfristig müssen sich die Deutschen überlegen, wie sie gegen die Asiaten ankommen - deren Produktionskosten sie nie erreichen können. "In wachsenden Märkten ist es einfach zu verkaufen", sagt Ecker. "Im Solarmarkt der Zukunft kann man nur über Verteilungskämpfe wachsen. Da braucht man einen guten Vertrieb mit guten Argumenten." Noch ist die Nachfrage ohnehin da: Im ersten Quartal wuchs Conergys Umsatz auf 150 Mio. Euro, das ist fast dreimal so viel wie im Vorjahr. Erstmals seit mehr als zwei Jahren blieb vor Zinsen und Steuern ein kleiner Gewinn. Das hebt die Laune: Zum Deutschlandspiel bei der Fußball-WM am vergangenen Mittwoch etwa grillte Ammer die Würstchen für seine Mitarbeiter. Sein Titel: "Chief Barbecue Officer". Ammers größtes Problem ist aber noch nicht gelöst: Conergy verhandelt mit einem Bankenkonsortium über die Stundung von Schulden in Höhe von 236 Mio. Euro, von denen ein Großteil schon im Juli fällig ist. Die Vorlage der Jahresbilanz und die Hauptversammlung hat der Konzern daher verschoben. Es geht ums Überleben. Allerdings ist die Commerzbank, der wichtigste Kreditgeber, zugleich mit 37 Prozent an der Firma beteiligt. Das erhöht die Hemmschwelle, Conergy fallen zu lassen. Ammer gibt sich optimistisch. Dank der modernen Frankfurter Fabrik könne sein Konzern nun günstig produzieren. "Wir werden die Marktposition wiederbekommen, die wir einmal hatten", sagt er. Dazu hat er auch eine Strategie: Er will jeden Tag sehr früh aufstehen - und ganz viel arbeiten.
http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/...iss-auf-kalt/50135352.html ----------- Dinge fallen von oben nach unten. |