Montag, 1. Dezember 2008 Sächsische Zeitung Sachsens Sonnenkönige glauben nicht an die Krise Hersteller rechnen mit langfristig großem Absatz Dresden. Diese Branche wächst auch im allgemeinen Abschwung weiter: 800 neue Arbeitsplätze entstehen in diesem Jahr in Sachsen dank Sonnenenergie. Dann zählt die Fotovoltaik-Branche im Freistaat 3900 Beschäftigte, sagt Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD). Dazu gehören die Fabriken für Solarzellen und -anlagen wie Solarworld, Solarwatt und Signet Solar (siehe Tabelle). Doch auch einige Maschinenbaubetriebe wachsen mit dieser Branche – darunter Von Ardenne Anlagentechnik und Leybold Optics in Dresden und Roth & Rau in Hohenstein-Ernstthal. Finanzkrise: Einige Firmen verschieben Investitionen Die Bankenkrise macht der wachsenden Branche wenig Angst, führt aber zu Verzögerungen. „Wir sind in mehr Prüfungszyklen bei den Banken geraten“, sagt Matthias Gerhardt, Vertriebsleiter der jungen, ersten Fabrik von Signet Solar in Mochau bei Döbeln. Um drei bis vier Monate schiebe sich der nächste Investitionsschritt hinaus. Minister Jurk weiß, dass Banken Kreditlinien gekündigt haben, dass Kreditversicherungen sich zurückziehen und dass Lieferanten Vorkasse verlangen. Doch bei der Solarbranche ist Jurk sicher, dass die Investitionen „in naher Zukunft fortgesetzt“ werden. Viele Staaten fördern Öko-Energie, auch die USA. Der größte Markt ist allerdings Deutschland, dank kräftiger Zuschläge für Solarstrom. Neue Fabriken hat der Staat mit bis zu 50 Prozent bezahlt – rund 25 Millionen Euro waren das für Arise Technologies in Bischofswerda, berichtet Geschäftsführer Sjouke Zijlstra. Der Holländer baut für eine kanadische Firma das Werk auf. Aus jetzt 61 Stellen sollen bis April 120 werden. Die Löhne seiner Techniker beginnen bei 1724 Euro brutto monatlich bei 32-Stunden-Wochen. Auch Arise muss allerdings mit dem vorhandenen Geld „länger wirtschaften“ als geplant, berichtet Zijlstra. Die Aktiengesellschaft habe im Mai noch Kapital eingeworben, doch jetzt seien die Kurse zu niedrig für neuen Geldnachschub. Der börsennotierte Bonner Solarworld-Konzern mit seiner größten Fabrik in Freiberg spürt laut Vorstandschef Frank Asbeck „keine Rezession“. Er wirbt um Kunden, die ihr Geld „zur Dachsparkasse“ bringen – also in Fotovoltaik-Module für ihr Haus investieren. Pläne: Zehntausende neue Stellen in den neuen Ländern Die Wirtschaftsförderer hoffen, dass die junge Branche Arbeitsplatzbeschaffer bleibt. Rund 10000 Menschen aus drei Ländern haben im „Solarvalley Mitteldeutschland“ Arbeit, schätzt Professor Alexander Michaelis. Er leitet eines der elf Fraunhofer-Institute in Dresden – der Name weist nicht auf Solartechnologie hin: Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme. Doch dort arbeiten Forscher an neuen Techniken zum Bedrucken der Siliziumscheiben mit Kontakten, an Ideen zur Beschleunigung der Produktion und an weniger giftigen Chemikalien. Laut Michaelis kann das „Solarvalley“ in einigen Jahren auf mehr als 60000 Arbeitsplätze wachsen. Dazu muss die Solartechnik allerdings billiger werden. In vier bis sechs Jahren soll die Technik in der Lage sein, Sonnenstrom auch ohne Subventionen zum gleichen Preis zu produzieren wie herkömmliche Kraftwerke etwa aus Kohle. Preisfrage: Wer macht den billigsten Sonnenstrom? Zwei rivalisierende Techniken gibt es in der Fotovoltaik-Branche. In Sachsen sind beide vertreten, und für beide gibt es auch Anlagenbauer und Forscher im Freistaat. Die weitaus meisten Solaranlagen bestehen aus Siliziumscheiben. Solarworld zum Beispiel sägt sie aufwendig aus großen Blöcken heraus. Doch immer mehr Fabriken für Dünnschicht-Technologie werden gebaut, zum Beispiel Signet Solar in Mochau oder Sunfilm in Großröhrsdorf, die zurzeit durch einen Patentstreit belastet ist. Bei der Dünnschicht-Technologie werden große Glasscheiben mit Chemikalien dünn beschichtet. Dafür kommt auch Silizium infrage, aber in geringeren Mengen als bei der herkömmlichen Technik. Die Dünnschicht-Solarzellen sind billiger und liefern Strom auch bei diffusem Licht. Doch noch schafft ein Produkt von Signet Solar nicht viel mehr als sechs Prozent Wirkungsgrad – das ist der Anteil des Tageslichts, der zu Strom wird. Von 15,5 Prozent Wirkungsgrad ihrer Silizium-Scheiben spricht dagegen Solarworld. Alle Hersteller suchen Verbesserungen. Ihr Ziel: Die Anlagen sollen höchstens einen Euro pro Watt Leistung kosten. Noch sind es bis zu vier Euro. Mehrere Schichten übereinander sollen die Wirkung verbessern – wahrscheinlich werden die beiden rivalisierenden Techniken bald kombiniert. |