01.11.2007 - 17:29 Uhr FTD: Händler wetten auf Ölpreis über 100 Dollar
An den Terminmärkten wetten Händler darauf, dass der Ölpreis die Marke von 100-$-Marke bald knackt. Ein Barrel (159 Liter) US-Leichtöl kostete im elektronischen Handel zeitweise mehr als 96 $. In Deutschland kletterte der Dieselpreis auf ein Rekordhoch. Werbung Die Rally scheint unaufhaltsam: Auf Jahressicht hat der Ölpreis um 57 Prozent zugelegt. Marktteilnehmer führen mehrere Gründe an: Sinkende Lagerbestände in den USA, anhaltende geopolitische Risiken und den Dollarverfall, der dank der Leitzinssenkung der US-Notenbank Fed am Mittwoch noch länger anhalten dürfte. Die Rücknahme des Leitzinses um 25 Basispunkte gab dem Ölpreis am Donnerstag Auftrieb und ließ ihn in New York auf den Rekordstand von 96,24 $ steigen. Später fielen die Notierungen wieder um rund 2 $, als Gewinnmitnahmen einsetzten.
Der Ölpreisrekord lässt auch hierzulande die Benzin- und Dieselpreise ansteigen. 1,24 Euro kostete der Liter nach Angaben der Mineralölindustrie am Donnerstag im Bundesdurchschnitt. Laut dem Hamburger Energie Informationsdienst (EID) war Diesel damit so teuer wie nie zuvor. EID-Chefredakteur Rainer Wiek sagte, er rechne angesichts der steigenden Rohölnotierungen mit weiteren Anstiegen. Superbenzin lag mit etwa 1,39 Euro je Liter noch unter den Höchstständen dieses Jahres, als Autofahrer im Frühsommer vorübergehend zwischen 1,42 und 1,43 Euro bezahlen mussten.
Partylaune und Angst vor Übertreibung
An den Terminmärkten wetten die Händler auf steigende Preise: Daten der New York Mercantile Exchange (Nymex), an der das Leichtöl West Texas Intermediate gehandelt wird, zeigen auf, dass einige Marktteilnehmer sogar auf einen Preis von 125 $ im Dezember wetten. Überhaupt ist das spekulative Interesse an Rohöl zur Zeit enorm stark: Die Kaufpositionen von Spekulanten - das sind die Marktteilnehmer, die Öl nicht für Produktionszwecke brauchen und deshalb keine physische Lieferung wollen - sind in den vergangenen Wochen enorm angeschwollen.
Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst der Commerzbank, spricht von "Partylaune an den Rohstoffmärkten": "Das Erreichen der 100-$-Marke wird immer wahrscheinlicher, wobei wir dies für aktuell nicht fundamental nachvollziehbar erachten und dementsprechend das Korrekturrisiko für sehr hoch halten."
Kritiker der Ölhausse wenden ein, dass der Markt nicht so eng ist wie gerne behauptet. Ein wichtiger Gradmesser sind die US-Lagerzahlen, die wöchentlich vom amerikanischen Energieministerium veröffentlicht werden. Am Mittwoch waren die Rohölbestände um 3,9 Millionen Barrel gefallen. Der Ölpreis sprang unmittelbar nach Bekanntgabe der Zahlen um über 2 $ nach oben. Die Rohöllagerbestände liegen somit zwar auf dem tiefsten Stand seit zwei Jahren. Doch setzt man die Bestände ins Verhältnis zur Nachfrage - die Experten nennen die Kennzahl "forward demand cover" - liegt der Wert über den Niveaus der Jahre 2003 und 2004. "Es gibt unvermindert starke Argeumente für einen deutlichen Rückgang des Rohölpreises in den kommenden Wochen", sagte Dora Borbély, Rohstoffanalysten der Deka-Bank. "Ein gewisser Teil der Übertreibung beim Rohölpreis ist der Spekulation zuzuschreiben "
"Gefährliches Terrain"
Die Ölhausse nährt Befürchtungen, dass einzelne Investoren wie Hedge-Fonds in Schieflage geraten könnten. So hatte sich der Hedge-Fonds Amaranth im vergangenen mit Wetten auf den Erdgaspreis verhoben. Die Furcht vor Ausfällen wächst. "Wir befinden uns momentan außerhalb der üblichen Handelsparameter. In solch einem Umfeld ist es zunehmend schwierig, normale Handelsszenarien zu berechnen. Wir befinden uns auf unsicherem Terrain mit brutalem symmetrischen Risiko, das wir aus keinen historischen Modellen kennen", sagte Olivier Jakob, Managing Director des Researchhauses Petromatrix.
Autor/Autoren: Tobias Bayer (Frankfurt)
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