Es ist den jüngeren Menschen garnicht bewußt, daß niemand aus den Ostgebieten flüchten wollte, mit Ausnahme der Ostpreußen, die in Kriegshandlungen hineingekommen waren. Meine Mutter wurde aufgefordert, mit mir und meinen beiden Omas unser Haus binnen einer halben Stunde mit maximal 45 kg Gepäck pro Person zu verlassen. Das Gepäck wurde anschließend von den Tschechen auf Wertsachen gefilzt, die die Russen vorher nicht entdeckt hatten. Wir hatten das große Glück, daß wir nicht auf einen Hungermarsch mußten, sondern im Viehwaggon nach dem Westen ausreisen durften. Es war kein großartiger Empfang, den man uns im Westen bereitet hat. Zum Tauschen für Lebensmittel hatten wir ja nichts mitnehmen können, sodaß es uns genau so schlecht ergangen ist, wie den ausgebombten Stättern im Westen. Mich ärgert jedes Mal die Gleichsetzung mit Flüchtlingen, da wir ja mit der Waffe in der Hand unserer Vertreiber gezwungen worden waren, das Elternhaus zu verlassen. Der Zwang zur Ausreise ergab sich aus der Kriegsschuld, die alle Deutschen auf sich geladen hatten. Daher wurden auch später die Vermögen aller Deutschen im Rahmen des "Lastenausgleichs" belastet, um den Heimatvertriebenen bei der Schaffung einer neuen Heimat zu helfen. Heute aber geht es alleine darum, Leuten aus Mitleid zu helfen, wenn sie verfolgt werden; dies im christlichen Sinne. Daß sich aber allzu viele Leute ein besseres Fortkommen erhoffen, als sie es in ihren abgewirtschafteten Herkunftsländern haben würden, erschwert es sehr, die wirklich Verfolgten mit Achtung aufzunehmen. |