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GAZPROM Jetzt hilft nur noch sparen Russlands Gazprom darf nicht übermächtig werden EIN KOMMENTAR VON FRITZ VORHOLZ Kein anderes Unternehmen sorgt an den Stammtischen derzeit für so viel Aufregung wie Gazprom, der Sponsor von Schalke 04. Der russische Energieriese investiert zwecks Imagepflege nicht nur in den sympathischen Fußballclub aus Gelsenkirchen; er ist auch die Nummer eins unter den Lieferanten von Erdgas und bemüht sich erfolgreich darum, seinen Einfluss in Deutschland auszubauen. Gerade greift der Konzern nach der Firma Wingas; das ist ein bedeutender Erdgashändler und der Eigentümer des größten Gasspeichers hierzulande. Kein Wunder, dass nun die Angst wächst - zumal der russische Staat, der Mehrheitseigentümer von Gazprom, im Ukraine-Konflikt mit dem Feuer spielt. Der Drang, die Macht des unheimlichen Imperiums unter der Führung des Putin-Gefolgsmannes Alexej Miller zu begrenzen, ist deshalb heute ausgeprägter denn je. Es geht um die Sicherheit der Gasversorgung - aber auch darum, politisch nicht erpressbar zu sein.
Doch wie ließe sich Gazprom in die Schranken weisen? Durch das Verbot, deutsche Unternehmen zu erwerben? Wohl kaum, die Abhängigkeit bliebe auch dann unverändert hoch. Selbst wenn es Gazprom untersagt würde, alleiniger Herrscher über den größten deutschen Erdgasspeicher im niedersächsischen Rehden zu werden, könnten sich die deutschen Verbraucher nicht sicherer fühlen. Der Speicher diente schon bisher nicht der Krisenvorsorge, sondern ausschließlich dem Geschäft der Gashändler. Die Übernahme durch Gazprom kann die Lage gar nicht verschlechtern.
Weitere Artikel zum Themenschwerpunkt Ukraine finden Sie in der aktuellen Ausgabe der ZEIT, die Sie am Kiosk oder online erwerben können. Es wäre zwar denkbar, russischen Stoff durch Erdgas aus anderen Ländern zu ersetzen und sich so von Gazprom zu emanzipieren. Tatsächlich sind die Möglichkeiten dafür aber begrenzt; die Mengen, die Russland bisher liefert, sind einfach zu groß. Und wenn die USA ihr per Fracking gewonnenes Erdgas eines Tages tatsächlich in großem Stil exportieren wollen, dann werden sie es dort verkaufen, wo sie die höchsten Preise erzielen: viel eher im energiehungrigen Fernen Osten als in Europa. Es gibt nur einen Hebel, den Einfluss von Gazprom zu schwächen, ohne auf Ersatzlieferanten zu setzen, die kaum zur Stelle sein werden: Erdgas sparsamer verwenden. Sogar die EU-Kommission hat bereits vorgerechnet, was möglich wäre: Bis 2030 könnten die Europäer so viel einsparen, wie sie 2010 aus Russland importierten. Also anfangen, und zwar sofort! VON Fritz Vorholz DATUM 30.04.2014 - 18:26 Uhr QUELLE DIE ZEIT MEHR ZUM THEMA |