Isländische Bank friert Konten in Deutschland ein Die Regierung in Reykjavik verstaatlicht die angeschlagene Kaupthing Bank.Rund 30 000 deutsche Kunden bangen jetzt um ihr Geld.
FRANKFURT/REYKJAVIK. Erstmals seit Ausbruch der Finanzkrise müssen auch deutsche Sparer um ihr Geld fürchten: Deutschen Kunden der isländischen Kaupthing Bank wird seit Donnerstagmorgen, sechs Uhr, der Zugriff auf ihre Konten verweigert. Die isländische Regierung hatte zuvor nach der Landsbanki und der Glitnir auch das größte Institut des Landes, die Kaupthing Bank, verstaatlicht.
Die isländischen Banken hatten bei ihrer Auslandsexpansion Schulden in Höhe von 61 Mrd. Euro angesammelt und waren durch die Verschärfung der Finanzkrise in Schieflage geraten. Wegen der Bankenkrise spricht die isländische Regierung bereits von einem drohenden Staatsbankrott.
Die deutsche Zweigstelle der isländischen Bank, die Kaupthing Edge, stellte am Donnerstag den Geschäftsbetrieb ein und fror mit sofortiger Wirkung alle Konten ein. Daraufhin verhängte die deutsche Bankenaufsicht BaFin ein rechtliches Zahlungs- und Veräußerungsverbot über die Frankfurter Zweigstelle. Laut der BaFin steht die Niederlassung derzeit in der Schuld von etwa 30 800 Kunden mit Einlagenverbindlichkeiten in Höhe von 308 Mio. Euro. Ob und wann Kunden wieder Zugriff auf ihr Geld erlangen, kommentierte die Kaupthing Bank auf Anfrage des Handelsblatts nicht.
Ob das Geld der deutschen Sparer zumindest bis zu einer Höhe von 20 887 Euro pro Kunde durch die isländische Einlagensicherung garantiert ist, blieb gestern unklar. Auf der Internetseite des Instituts hieß es, die Einlagen der Kunden außerhalb Islands und Großbritanniens würden nur durch die isländische Einlagensicherung gedeckt.
Islands Regierungschef Geir Haarde sagte hingegen gestern Abend auf einer Pressekonferenz, Kunden von Kaupthing Edge würden durch Garantien im jeweiligen Land geschützt, nicht durch isländische Garantien, da das Unternehmen eine Tochtergesellschaft von Kaupthing sei. Man wolle aber versuchen, zusammen mit den jeweiligen nationalen Behörden das Beste aus der Situation zu machen.
Was mit Einlagen geschieht, die die Summe von 20 887 Euro überschreiten, ist ohnehin unklar. Dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken, der seinen Mitgliedern 30 Prozent des haftenden Eigenkapitals (mindestens 1,5 Mio. Euro pro Kunde) garantiert, gehört Kaupthing nicht an.
Deshalb fallen die Isländer auch nicht unter die von Kanzlerin Merkel angekündigte deutsche Staatsgarantie. „Es geht nicht alles. Hohe Renditeversprechen in Island bedingen auch hohe Risiken. Bei der deutschen Einlagensicherung ist man sicher – mit Staatsgarantie“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums.
Kaupthing ist durch zahlreiche Übernahmen in wenigen Jahren zu einem der größten Geldhäuser in Nordeuropa aufgestiegen. Mit ihren hohen Zinsen lockte die Bank allein im ersten Halbjahr 140 000 Neukunden in Deutschland, England, Österreich, Schweiz und Skandinavien an.
Die Londoner Finanzaufsicht hat die britischen Töchter der isländischen Institute Kaupthing und Landsbanki für zahlungsunfähig erklärt und private Sparkonten mit drei Mrd. Pfund (3,8 Mrd. Euro) Einlagen an die niederländische Bankengruppe ING verkauft. Die isländische Regierung teilte zur Empörung des Schatzkanzlers Alistair Darling mit, sie werde ihren Verpflichtungen zur Entschädigung der Sparer nicht nachkommen. Darling kündigte daraufhin rechtliche Schritte an und nutzte ein Anti-Terror-Gesetz, um vier Mrd. Pfund an britischem Vermögen der Landsbanki einzufrieren. Privaten Sparern sagte Darling die volle Erstattung ihrer Einlagen zu. Auch in Schweden sichert seit Donnerstag die Zentralbank die Einlagen schwedischer Kaupthing-Kunden und begann mit der Auszahlung der Gelder.
Die alarmierende Berichterstattung über den drohenden Staatsbankrott Islands soll einen Großteil deutscher Kaupthing-Kunden dazu bewogen haben, ihre Konten zu räumen. „Nach unseren Recherchen sind in den letzten zwei Tagen massiv Gelder von Kaupthing-Kunden in Deutschland abgerufen worden“, sagt Horst Biallo vom unabhängigen Finanzportal Biallo.de.
Die Kaupthing Bank hatte seit März dieses Jahres mit aggressiven Konditionen um deutsche Kunden geworben. Erst Ende September hatte die Bank erneut ihre Angebote für Tages- und Festgeldkonten angehoben. Mit einem Tagesgeldangebot von 5,65 Prozent lockte Kaupthing Edge Neukunden. Gar 6,1 Prozent gab es auf Festgeld mit einer Laufzeit von zwölf Monaten – mehr als bei jeder anderen Bank in Deutschland. kck/dri/hst/kol/mm
|