Neue Risikoscheu vereitelt Milliardendeal in Großbritannien
Kreditklemme verschärft sichVon Michael Maisch
Die Krise im internationalen Anleihe- und Kreditgeschäft weitet sich aus. Am Donnerstag musste die britische Pub-Kette Mitchells & Butlers und der Immobilienfinanzierer Robert Tchenguiz nach eigenen Angaben ein 4,5 Mrd. Pfund (6,7 Mrd. Euro) schweres Joint Venture absagen, weil die Banken die Finanzierungskonditionen für das Vorhaben verschärft hatten.
LONDON. Die Transaktion ist das jüngste Opfer der Turbulenzen an den Anleihe- und Kreditmärkten. Der Ursprung der aktuellen Verwerfungen liegt am Markt für riskante US-Immobilienfinanzierungen. Die sogenannte Subprime-Krise in den USA hat den Investoren rund um den Globus den Appetit auf riskantere Anlagen verdorben. In der Folge scheiterten einige milliardenschwere Finanzierungen spektakulär. Mangels Nachfrage blieb ein Konsortium aus acht Banken auf fünf Mrd. Pfund Krediten für die Übernahme der britischen Drogeriekette Alliance Boots sitzen. Ursprünglich hatten die Geldhäuser die Darlehen an den Kapitalmarkt weiterreichen wollen. Ähnlich erging es dem Konsortium, das die Finanzierung der Übernahme des US-Autobauers Chrysler durch die Beteiligungsgesellschaft Cerberus übernommen hat. Hier scheiterte der Verkauf von Darlehen über zwölf Mrd. Dollar. <!--nodist-->
Bild für Bild: Wie es zur Subprime-Krise kam
<!--/nodist-->Wegen der akuten Risikoscheu der Investoren mussten weltweit in den vergangenen Wochen über 30 Finanzierungspakete wieder aufgeschnürt werden. Die Schätzungen für das Volumen der weltweit derzeit noch offenen Finanzierungen schwankt zwischen 300 Mrd. und 500 Mrd. Dollar. Jerry del Missier, Ko-Leiter des Investment-Bankings von Barclays erwartet, dass es mehrere Monate dauern wird, bis die Banken diese Fälle abgearbeitet haben. Zuletzt habe sich der Markt komplett gedreht. Noch vor wenigen Wochen hätten die Beteiligungsgesellschaften die Bedingungen für Finanzierungen fast nach Belieben bestimmt. Inzwischen hätten die risikoscheuen Investoren die Verhandlungsmacht fest in der Hand. <!--nodist-->Lesen Sie weiter auf Seite 2: „In den kommenden Tagen und Wochen werden noch mehr Transaktionen platzen.“ <!--/nodist-->„In den kommenden Tagen und Wochen werden noch mehr Transaktionen platzen“, warnt ein anderer Londoner Investmentbanker. Davon könnten auch bereits fest vereinbarte Finanzierungen betroffen sein. Viele Banken rechneten derzeit nach, ob sie nicht lieber Vertragsstrafen zahlen sollten, die fällig würden, falls sie Finanzierungszusagen nicht erfüllten, als auf unverkäuflichen Milliarden-Darlehen sitzen zu bleiben. Trotz der aktuellen Krise sieht der Banker keine akuten Gefahren für die Bilanzen der Banken. Die meisten Institute hätten die Gefahr kommen sehen, und sich an den Derivatemärkten zumindest teilweise gegen den Abschwung abgesichert. Im Fall von Mitchells & Butlers haben die Royal Bank of Scotland und der Citigroup in der vergangenen Woche ihre Finanzierungsbedingungen verschärft, weil sie befürchteten dass sie auf Darlehen von mehr als vier Mrd. Pfund sitzen bleiben. „Bis zum Beginn der jüngsten Martkturbulenzen waren wir sehr zuversichtlich, dass wir die weit fortgeschrittenen Verhandlungen mit den Banken abschließen können“, teilte der Pub-Betreiber am Donnerstag mit. Das Management müsse jetzt davon ausgehen, das der Plan im aktuellen Umfeld nicht realisierbar sei. Im Rahmen des gescheiterten Joint Ventures sollte Mitchells und Butlers 1 300 seiner 2 000 Pubs in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Milliardär Tchenguiz einbringen. Tchenguiz hatte sich zuvor einen Anteil von 14 Prozent an der Pubkette gesichert und gefordert, dass das Unternehmen seinen lukrativen Immobilienbesitz auslagert. Tchenguiz wollte sich mit einem Anteil von 200 Mill. bis 300 Mill. Pfund an dem Joint Venture beteiligen. Die RBS und die Citigroup sollten den Partnern insgesamt 4,2 Mrd. Pfund an Krediten gewähren, die mit den jährlichen Mieteinnahmen der Pubs von 240 Mill. Pfund besichert werden sollten. <!-- ISI_LISTEN_STOP --> |