7. September 2004, 02:06, Neue Zürcher Zeitung
Buyout-Funds ziehen ihr Geld vom Tisch dek. (New York) Fallende Zinsen sind ein Segen für Bondinvestoren. Besonders interessant sind die letzten Jahre für eine spezielle Nische des Bondmarktes gewesen: den Bereich des «Leveraged Buyout». Hier finden sich in der Regel spezialisierte Investment-Funds, deren Augenmerk hauptsächlich auf Akquisitionen bei kleinen bis mittelgrossen Unternehmen liegt. Typischerweise finanzieren die Funds ihre Transaktionen mit Krediten und Bondemissionen, womit sich auch der Name «Leveraged Buyout» erklärt. Dank den tiefen Zinsen ist es vielen Funds in den letzten Jahren möglich gewesen, immer grössere Transaktionen zu tätigen. Die Leveraged-Buyout- Funds haben eine wichtige Funktion in der Wertschöpfungskette der Finanzmärkte, da sie mit ihren Akquisitionen dafür sorgen, dass die gekauften Gesellschaften mit einer optimalen Finanzierungsstruktur ausgestattet werden. Doch offenbar haben die Leveraged-Buyout-Funds ihre Aufgabe in letzter Zeit nicht mehr so zuverlässig erfüllt, wie es manche Wall-Street-Analytiker gerne sehen würden. *
Die Funds haben nämlich angefangen, Geld aus den gekauften Gesellschaften abzusaugen, um sich mittels ausserordentlicher Dividenden frühzeitig aus der Investition zu verabschieden. Ein Buyout-Fund emittiert typischerweise eine Obligation, um die geplante Akquisition zu tätigen. Die Bonds wandern in die Bilanz der gekauften Gesellschaft und belasten deren Erfolgsrechnung mit dem jährlichen Zinsaufwand. Das frische Kapital dient der Gesellschaft, um in ihrer Branche weiterhin am Ball zu bleiben. Nach einigen Jahren hat die Gesellschaft dann hoffentlich genügend flüssige Mittel erwirtschaftet, um die Bonds zurückzuzahlen. Der Buyout-Fund verkauft dann die Gesellschaft und verdient so den nötigen Mehrertrag, um das Anlagerisiko zu rechtfertigen. Neuerdings haben die Buyout- Funds allerdings angefangen, ihren Anlagehorizont stark zu verkürzen, indem sie sich ausserordentliche Dividenden auszahlen. Beispiele dazu sind TransWestern Publishing, ein Verlag aus San Diego, der kürzlich rund 200 Mio. $ an seinen Hauptaktionär, den Buyout-Fund Thomas Lee Partners, ausbezahlt hat. Auch das Chemieunternehmen Nalco, das für rund 4,3 Mrd. $ von einem Konsortium von Buyout-Funds übernommen wurde, hat den Funds kürzlich massive Dividenden ausbezahlt. *
Besorgt sind die Wall-Street-Analytiker unter anderem deshalb, weil den Gesellschaften durch diese hohen Dividendenzahlungen Kapital abgesogen wird, das für produktive Investitionen dienen könnte. Niemand am Bondmarkt mag es, wenn Gesellschaften Bonds emittieren, allein um hohe Dividenden auszuzahlen. Die Buyout- Funds rechtfertigen dies mit den hohen Cash Flows ihrer Unternehmen, was in gewissen Fällen durchaus zutreffend ist. Doch die wahre Sorge der Marktteilnehmer ist weniger die strapazierte Kapitalstruktur der akquirierten Unternehmen als vielmehr die Signalwirkung der Buyout-Funds. Warum sind diese Insider so besessen darauf, ihr Geld so schnell als möglich vom Tisch zu nehmen? Diese Frage müssen sich die Bondinvestoren wohl oder übel stellen, denn das Risiko bleibt letztlich auch bei ihnen hängen. |