Freitag, 10. August 2007 | Hamburg (aktiencheck.de AG) - Dr. Stefan Schröder, Analyst von SES Research, stuft die Aktie von GPC Biotech (ISIN DE0005851505/ WKN 585150) von "verkaufen" auf "halten" hoch.
Die von GPC Biotech vorgelegten Geschäftszahlen zum 2. Quartal 2007 hätten hinsichtlich des Umsatzes mit den Prognosen der Analysten übereingestimmt, hingegen seien das Betriebs- und Nettoergebnis schwächer ausgefallen, als erwartet.
Ursächlich für die höher ausgefallenen Verluste seien die gegenüber Q1 stark angestiegenen F&E-Aufwendungen von EUR 15,5 Mio. (erwartet: EUR 13,8 Mio.) gewesen. Wesentlichen Anteil hätten hieran Restrukturierungskosten in Höhe von insgesamt EUR 0,9 Mio., die zu einem großen Teil auf den F&E-Bereich entfallen würden und im Zusammenhang mit der Schließung der Niederlassung in Waltham stünden. Darin enthalten seien Abfindungszahlungen und Kosten für Aufhebungsvereinbarungen.
Darüber hinaus sei der Anstieg der F&E-Aufwendungen gegenüber Q1 auf die weiter voranschreitenden klinischen Satraplatin-Studien in den Phasen I und II zurückzuführen, die dazu angelegt seien, zusätzliche Indikationsgebiete für das Krebsmedikament zu erschließen. Die allgemeinen und Verwaltungskosten seien hingegen in ihrem Anstieg aufgrund des Aufbaus der Vertriebs- und Marketingstruktur in den USA mit EUR 12,4 Mio. im Rahmen der Erwartungen der Analysten ausgefallen (geschätzt: EUR 12,8 Mio.).
Nachdem das Beratergremium für Krebsmedikamente (ODAC) der US-Gesundheitsbehörde FDA in einem 12 zu 0-Votum empfohlen habe, die endgültigen Überlebensdaten aus der Zulassungsstudie für Satraplatin (Orplatna) vor ihrer Entscheidung abzuwarten, habe GPC Biotech seinen Antrag auf beschleunigte Zulassung des Prostatakrebs-Medikamentes zurückgezogen, um einer formalen Ablehnung durch die FDA zuvorzukommen.
GPC Biotech erwarte, dass die finalen Überlebensdaten von 700 Patienten aus der Satraplatin-Studie innerhalb der nächsten sechs Monate vorliegen würden. Auf der Basis aussagekräftiger Gesamtüberlebensdaten werde das Unternehmen daraufhin erneut einen Antrag auf die beschleunigte Zulassung des Medikamentes bei der FDA einreichen. Bei planmäßigem Verlauf bedeute dies, dass eine Entscheidung der FDA über die Zulassung innerhalb der nächsten 12 Monate vorliegen könnte. Im Erfolgsfall rechne man daher mit einer Vermarktung des Krebsmedikamentes frühestens in Q4 2008 (bisher: Q4 2007).
Das Unternehmen habe seine Guidance für den Rest des Jahres 2007 aktualisiert und rechne infolge der geplatzten Vermarktungspläne mit einem Gesamtumsatz von EUR 17 Mio. bis EUR 19 Mio. Sofort umgesetzte Einsparungsmaßnahmen sollten bis Ende 2007 ca. EUR 10 Mio. einsparen. Erreicht werde dies, indem GPC Biotech den für H2 2007 geplanten Start weiterer klinischer Prüfungen der Phase I und II mit Satraplatin bis zum Vorliegen aussagefähiger Überlebensdaten aufschiebe. Im Rahmen der Sparmaßnahmen streiche das Unternehmen zudem präklinische Studien mit anderen Medikamentenkandidaten seiner Pipeline. Dagegen würden bereits laufende klinische Prüfungen der Phase I und II mit Satraplatin nicht gestoppt.
Das Unternehmen habe zusätzlich zu diesen Sofortmaßnahmen, die vorwiegend den Bereich der F&E-Projekte betreffen würden, angekündigt, weitere Schritte zur Kostendämpfung zu prüfen. Die Analysten von SES Research würden diese im Bereich der Aufwendungen erwarten, die in H2 2007 für den Aufbau der Vertriebs- und Vermarktungsorganisation in den USA vorgesehen gewesen seien. Die Analysten würden hierfür bis Ende 2007 zusätzliche Einsparungen von rund 4 Mio. EUR gegenüber ihren bisherigen Schätzungen veranschlagen.
Ihre Prognosen würden die Analysten entsprechend anpassen. Für die von GPC Biotech vereinnahmten Spitzenumsätze würden sie EUR 550 Mio. (bisher rund EUR 700 Mio.) berücksichtigen. Diese Umsatzzahlen würden den Off-Label-Use für weitere Indikationen neben Prostatakrebs beinhalten.
An liquiden Mitteln (einschließlich Wertpapiere des Umlaufvermögens) erwarte das Unternehmen Ende 2007 einen Bestand in Höhe von EUR 60 Mio. Darin enthalten seien Vorauszahlungen des japanischen Lizenzpartners Yakult in Höhe von EUR 7,4 Mio. sowie Meilensteinzahlungen des Partners Pharmion in Höhe von EUR 6 Mio. in Q3. Bei planmäßigem Verlauf sollte GPC Biotech bis zum Ende des Zulassungsverfahrens damit ausreichend finanziert sein. Die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung sei nicht ausgeschlossen.
Für die Erfolgschancen von Satraplatin (Orplatna) veranschlage man rund 60% (bisher 50%) und bleibe damit unter der für Krebsmedikamente in Phase III publizierten durchschnittlichen Erfolgsquote von 65%. Die für das Zulassungsverfahren in den USA relevante Gesamtüberlebensrate stelle das härteste Kriterium für ein Krebsmedikament dar, um dessen klinischen Nutzen zu belegen.
Eine Zwischenanalyse auf der Basis von 463 Patienten habe für Satraplatin als - statistisch nicht signifikanten - Trend einen Überlebensvorteil von 4 Wochen gegenüber dem Placeboarm gezeigt. Eine Untergruppe von Patienten mit reiferen Überlebensdaten (Nachuntersuchung nach mindestens 12 Monaten) habe einen positiveren Trend mit einem Überlebensvorteil (Median) von 9,7 Wochen gegenüber dem Placebo (keine statistische Signifikanz) gezeigt.
Die schwere Panne in der Kommunikation mit der FDA im Vorfeld und bei Durchführung der Studie führe man auf Missverständnisse, Fehleinschätzungen und vor allem Unerfahrenheit des Unternehmens im Umgang mit der FDA-Behörde und den Fallstricken, die sich aus den komplexen Anforderungen ergeben würden, zurück. Die Analysten würden den Sachverhalt in Form eines erhöhten Risikos berücksichtigen.
Die Anschuldigungen, GPC Biotech habe bewusst Informationen vor Investoren zurückgehalten, halte man dagegen bisher für wenig überzeugend. Inwieweit verschiedene Anwaltskanzleien hier justiziables Material finden würden, um über Sammelklagen das Unternehmen zu Vergleichszahlungen zu nötigen, bleibe offen. Ebenso zweifelhaft bleibe, ob und in welchem Umfang sich Investoren diesen Klagen anschließen würden.
Prinzipiell sei das derzeit laufende europäische Zulassungsverfahren an der EMEA (der Antrag sei kürzlich angenommen worden) unabhängig vom Prozedere und der Einschätzung durch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA. Da der Zulassungsantrag jedoch im Wesentlichen auf identischen klinischen Studiendaten beruhe, würden die Analysten dem europäischen Zulassungsverfahren die gleiche Erfolgsquote von 60% zugrunde legen.
Das neue Kursziel der Analysten von SES Research für die GPC Biotech-Aktie lautet EUR 10,60 und das Rating "halten" (zuvor "verkaufen"). (Analyse vom 10.08.2007) (10.08.2007/ac/a/t) Analyse-Datum: 10.08.2007 | | |
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