Ich bin nun mit Verlust ausgestiegen. Ich hab eine für meine Verhältnisse größere Menge Aktien vor der Veröffentlichung der H2 Zahlen gekauft, weil ich darauf spekuliert habe, dass der Markt katastrophale Ergebnisse eingepreist hat und bei der Veröffentlichung von neutralen Zahlen dann leicht aufatmet.
Wie wir wissen ist dies nicht geschehen. Stattdessen ist der Kurs noch weiter gesunken, durchaus signifikant. Ihr braucht mich nicht für mein Gambling zu schelten. Es war eine Hypothese, die hat sich nicht bewahrheitet und ich wurde dafür finanziell bestraft.
Zu Pro7 habe ich mittel- und langfristig eine sehr schlechte Prognose. Ich habe mich mit dem Unternehmen lange und intensiv beschäftigt und kann daher sagen, dass ich den Konzern in der jetzigen Form nicht für überlebensfähig halte. Sämtliche Versuche sich neben dem Goldesel TV Vermarktung ein Standbein aufzubauen sind gescheitert. Geschäftsfelder die etwas relevanter laufen (z.B. Onlinevermarktung oder Red Arrow Lizenzgeschäft) sind nichts wovon der ProSieben Konzern leben könnte, denn die Margen sind in diesen Geschäften winzig. Die NuCom Gruppe ist wohl ein Lichtblick, auch wenn man keinen Einblick hat wie profitabel das Konglomerat wirklich ist. Dem Mutterkonzern bringt das aber erstmal auch nichts. Ich mache dem Management keinen Vorwurf. Unter Ebeling wurde schon vor 10 Jahren eine extrem innovationsfreundliche Kultur etabliert. Es wurde sehr viel Geld in "intrapreneurial"-Typen" investiert und es wurden viele durchaus mutige Experimente gewagt. Gebracht hat es alles nichts. Das Kerngeschäft von P7 ist ein Opfer der Globalisierung. Wer 5 Sekunden nachdenkt merkt schnell dass ein global agierendes Unternehmen wie Netflix, Amazon, Disney und Apple durch das globale Verwenden von einmal produzierten Content einen uneinholbaren Vorteil hat. Am gleichen Problem wird auch Joyn scheitern. Der von Pro7 produzierte lokale Content, also Shows, Comedy hat zwar definitiv eine Nachfrage, aber diese genügt nicht um mit den US-Riesen um das Abo zu des Deutschen zu konkurrieren. Irgendwann wird Germanys Next Top Model, Galileo etc. auf Netflix ausgestrahlt und dann ist der Konzern in seiner jetztigen Form spätestens Geschichte.
Ich erwarte dass TV in den kommenden Quartalen weiter an Relevanz verlieren wird. Völlig unspektakulär im Gleichschritt mit dem Aussterben der TV Zuschauerschaft. Wenn gleichzeitig die prophezeite Rezession kommt könnte ProSiebens Verschuldungsgrad zu einem enormen Problem werden. Ich erwarte, dass das Unternehmen dann zum zweiten Mal von einem PE zu einer geringen Bewertung von der Börse genommen wird. Dieser PE wird dann aber die Aufgabe haben den Konzern so stark zu stutzen, dass die TV Vermarktung wieder ausreicht um alle Gehälter zu bezahlen. Das heisst in Unterföhring wird massiv aufgeräumt werden, denn gefühlt arbeitet dort aktuell 30% der Non-TV Belegschaft verzweifelt daran neue Geschäftsfelder zu finden. Ein Unterfangen, dass gescheitert ist, denn es wird bereits seit 10 Jahren gesucht und gefunden wurde absolut nichts.
Es gibt einen letzten Lichtblick, nämlich die NuCom. Pro7 hält an dieser soweit ich mich erinnere 50%. Es ist durchaus denkbar, dass diese 50% bereits deutlich mehr wert sind als der Mutterkonzern an der Börse. Eine Abspaltung, z.B. in Form eines eigenen Börsengangs könnte den Aktienkurs noch einmal beflügeln. Allerdings ist mir das jetzt alles zu ungewisse, zumal niemand von außen weiß wann so ein Szenario eintritt und es weiß auch niemand ob sich die NuCom Unternehmen wirklich gut entwickeln.
In diesem Sinne wünsche ich allen noch investierten alles gute. Auch dem Unternehmen wünsche ich alles Gute. Mit Pro7 verbinde ich Unmengen an Kindheitserinnerungen. Es wäre wirklich schade wenn ein solches Unternehmen in der Versenkung verschwindet, aber ich habe nun ausführlich dargelegt, dass ich kein anderes Schicksal für den Konzern sehe. |