15.12.2009 15:05 Atomenergielobbyist wechselt zu Solarfirma Der Ex-Chef des Energieversorgers EnBW, Utz Claassen, der gerade eine Millionenabfindung kassiert hat, will die Solarbranche aufwirbeln. Er übernimmt das Ruder bei Solar Millennium. Die Aktie springt nach oben. Ex-EnBW-Chef Utz Claassen wechselt in die Solarbranche Mit seinem Schicksal als Frührentner, Buchautor und Experte in TV-Diskussionsrunden wollte er sich offenbar nicht abfinden. Nun kehrt Utz Claassen wieder zurück – auf die Bühne der Unternehmer. Zwei Jahre nach seinem unrühmlichen Abgang beim deutschen Energieversorger EnBW plant Claassen sein Comeback als Solarmanager. Ab 2010 wird er Vorstandschef des Solarkraftwerk-Entwicklers Solar Millennium.
Das klingt überraschend. Denn mehrfach war der umstrittene deutsche Top-Manager als Kandidat für den Chefposten bei großen Konzernen wie Porsche, bei der Deutschen Bahn oder auch bei der Siemens-Telefonsparte SEN gehandelt worden. Dass Claassen nun ausgerechnet bei einer kleinen Solarfirma anheuert, dürfte bei einigen auf Verwunderung stoßen.
Vom Saulus zum (Öko-)Paulus? Doch der einstige Verfechter längerer Atomkraftwerks-Laufzeiten gibt sich jetzt gänzlich "grün" geläutert. "Die Zukunft des Planeten liegt in neuen Technologien, ganz besonders in den Bereichen Energien und Klimaschutz", teilte der 46-jährige Querdenker mit. Er freue sich, an der Schaffung der Energiewelt von morgen mitzuwirken.
Unter Claassens Führung soll der ehrgeizige Wachstumskurs von Solar Millennium vorangetrieben werden. Der Aufsichtsrat erhofft sich von der Verpflichtung des Professors "erhebliche Wachstums- und Ertragsperspektiven sowie strategische Perspektiven". Als Beispiel nennt das Unternehmen das Mega-Wüsten-Projekt Desertec, an dem Solar Millennium teilhaben will.
Claassen übernimmt den Posten, den bisher Christian Bechtle inne hatte. Dieser wird entmachtet, bleibt aber Mitglied des Vorstands. Über die weitere Aufgabenverteilung will der Aufsichtsrat im Januar entscheiden.
SOLAR MILLENNIU...
31.75+1.10+3.58%Aktie macht Freudensprung Die Anleger reagieren erfreut auf den Chefwechsel. Die Aktie legt um rund vier Prozent zu und erreicht mit fast 32 Euro ein neues Jahreshoch. In den vergangenen zwei Monaten hat der Solartitel über 50 Prozent zugelegt.
Solar Millennium plant, entwickelt und baut weltweit solarthermische Kraftwerke. Besonders in Spanien ist das Unternehmen präsent. Weitere Schwerpunktregionen sind die USA, China, Nordafrika und Indien.
Streit vor Gericht Claassen war in der Vergangenheit als Top-Manager relativ umstritten. Wegen Einladungen von Politikern zur Fußball-WM musste er sich vor Gericht verantworten, wurde dann aber freigesprochen. Nach seinem Abgang bei EnBW stritt er sich monatelang um die Pensionszahlungen. Ursprünglich sollte der Professor rund 400.000 Euro jährlich bis zu seinem 63. Lebensjahr erhalten. Da er bei der Private-Equity-Firma Cerberus als Berater arbeitete, stellte EnBW Anfang des Jahres die Zahlungen ein. Im Oktober einigten sich beide Seiten darauf, dass Claassen eine einmalige Abfindung von 2,5 Millionen Euro erhält.
Zuletzt hatte sich der umtriebige Manager als Buch-Autor betätigt. In seinem Werk "Wir Geistesfahrer" kritisierte er die Unternehmer und Politiker als Krisenversager. "Wir denken und lenken falsch, wir riskieren die Zukunft unserer Kinder", heißt es in Claassens Buch.
Seine Sympathie für Solarenergie hat Claassen aber offenbar schon früher kundgetan. Es müsse das Ziel sein, Solarenergie in der Sahara oder in der Kalahari zu gewinnen und in Stuttgart, Berlin, Tokio oder New York zu verbrauchen, zitierte ihn vor kurzer Zeit die "Taz". |