Am Freitag rauschte die Aktie von D.Logistics [ Kurs/Chart ] bei überdurchschnittlich hohen Umsätzen um fast zwölf Prozent nach unten. Die Anleger konnten sich keinen Reim machen auf den Kurssturz, eine Unternehmensmeldung lag nicht vor. Am Montag dann des Rätsels Lösung: Das Logistikunternehmen hat die Planzahlen für 2001 deutlich verfehlt und wird nun eine genaue Prüfung der Ertrags- und Geschäftslage durchführen lassen.
Man muss nur eins und eins zusammen zählen und schon kommt einem der Verdacht, dass hier Insider am Werk waren. Offensichtlich haben am Freitag Investoren verkauft, die von der dramatischen Situation bei D.Logistics früher Bescheid wussten als die meisten Anderen. Beim Unternehmen selbst stößt das Kursdebakel vom Freitag auf Unverständnis: Die Firma hat das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BaWe) um Unterstützung bei der Aufklärung der Vorgänge gebeten.
Verdächtig auch die extremen Abgaben bei SER Systems [ Kurs/Chart ]. Seit Anfang Februar haben die Titel des Softwareunternehmens nachrichtenlos rund 70 Prozent verloren. Marktteilnehmer argumentierten, SER falle im Sog der Pleitefirmen Elsa [ Kurs/Chart ] und Softmatic [ Kurs/Chart ]. Doch Zweifel blieben. Vor allem, weil sich der Vorstand am 13. Februar von knapp 50.000 Aktien trennte.
Weitere Fälle?
Am Dienstag platzte die Bombe: SER Systems hat in 2001 einen drastischen Einbruch bei Umsatz und EBIT verbucht, den geplanten Turnaround nicht erreicht. Die Folge: Die Aktie bricht erneut ein, verliert bis zum Mittag über 20 Prozent. Ist SER Systems ebenfalls ein Fall für das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel?
Ist die Kursentwicklung bei SER und D.Logistics nun Zufall oder ist der böse Verdacht gerechtfertigt? Müssen die Anleger mit weiteren Überraschungen am Neuen Markt rechnen? Rätselhaft ist beispielsweise die Kursentwicklung bei Umweltkontor. Das Papier verliert bereits seit Tagen stark. Ein Grund könnte die schwache Bilanz des Konkurrenten Energiekontor sein. Anleger sollten den Verlauf der Umweltkontor aber in jedem Fall genau beobachten.
Auffällig ist auch die Kursentwicklung bei Lintec [ Kurs/Chart ]. Seit drei Tagen steht die Aktie unter Verkaufsdruck, verliert seit Freitag über 20 Prozent. Neue Meldungen aus dem Hause Lintec gibt es nicht. Die Geschäftszahlen für 2001 werden am 27. März veröffentlicht. Auch hier gilt: Kursentwicklung beobachten und überprüfen, ob das Handelsvolumen höher ist als sonst.
Insiderhandel – eine unendliche Geschichte Nach dieser Methode verfährt auch das Bundesaufsichtsamt für Wertpapierhandel. Hierzu benutzt die Behörde eine professionelle Software, mit der sich die Umsätze und die Kursbewegungen genau überprüfen lassen. Im vergangenen Jahr hatte das BaWe so viel zu tun wie noch nie seit der Gründung 1995. Das Amt leitete 25 Insiderverfahren an die Staatsanwaltschaften weiter. Dies ist die höchste Zahl seit der Gründung der Behörde Anfang 1995. In 2001 untersuchte die Behörde 55 neue Fälle und arbeitete noch an 50 Verfahren aus dem Jahr 2000. Mehr als die Hälfte der Untersuchungen betrafen Aktien vom Neuen Markt.
Die größten Skandale waren die Fälle EM.TV [ Kurs/Chart ], Infomatec und Metabox [ Kurs/Chart ]. Die Brüder Haffa trennten sich in großem Maße von ihren EM.TV-Aktien. Gerhard Harlos und Alexander Häfele, Vorständler bei Infomatec, wanderten wegen Kursmanipulation und verbotener Insidergeschäfte hinter schwedische Gardinen. Der Set-Top-Box-Hersteller Metabox veröffentlichte falsche Auftragsmeldungen und stürzte die Anleger in eine große Vertrauenskrise.
Aus diesen und weiteren Fällen hat die Deutsche Börse vergangenes Jahr auf Drängen von Analysten und Anlegern endlich Konsequenzen gezogen. Seit März müssen die Emittenten sowie deren Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder ihre Wertpapiergeschäfte an die Deutsche Börse melden. Drei Tage nach der Transaktion wird das Geschäft auf der Internetseite veröffentlicht. Geholfen hat es offenbar w ww.stock-world.de wenig.
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