sieht auch die FTD (s. unten).
Dazu noch ein paar Gedanken von mir: Zur Fehleinschätzung um Weihnachten, dass der Euro zum Dollar auf 1,50 bis 1,80 steigen würde (1,80 nannte der "Spiegel" in einer Titelgeschichte), kam es, weil "Experten" wie so oft den Trend der Vergangenheit in die Zukunft hochgerechnet hatten. Totschlagargument war das US-Zwillingsdefizit. Dieses wurde jedoch 2004 bei einem mittleren EUR/USD-Kurs von 1,20 angehäuft. Fällt der Dollar, wird das Außenhandelsdefizit "automatisch" kleiner. Deshalb war es Weihnachten, bei EUR/USD von 1,3460, "Schnee von gestern". Folge: Die TIC-Zahlen im Januar 2005 (Kapitalzuflüsse in die USA) waren unerwartet gut, der Euro erholte sich, Dollar-Shorts (Gates, Buffett) wurden auf dem falschen Fuß erwischt und lösten die jüngste Dollar-Rallye aus.
Nun jedoch haben wir - bei EUR/USD 1,22 - wieder das gleiche Problem wie letztes Jahr. Das US-Defizit wird bei diesem Kurs - ebenfalls "automatisch" - wieder steigen, so dass nun mittelfristig eine deutliche Erholung des Euros bevorstehen könnte (es sei denn, die EU-Wirtschaft schmiert noch weiter ab). Im FTD-Artikel (unten) werden für EUR/USD Kursziele von 1,28 für Ende des Jahres genannt.
Weiterhin Euro-positiv ist, dass sich ein vorläufiges Ende des Zinserhöhungszyklus der Fed im Sommer abzeichnet. Da die US-Inflation weiter steigt, werden die kurzfristigen inflationsbereinigten Netto-Zinsen auf den Dollar somit unterm Strich nicht höher. Sie werden, ähnlich wie beim Euro, nur bei knapp über Null liegen.
Aus der FTD vom 03.06.2005 Dossier: Experten erwarten Ende des Euro-Sturzes
von Sebastian Dullien, Berlin, und Claus Hecking, Frankfurt
Trotz der anhaltenden Krise um die EU-Verfassung dürfte der jüngste Euro-Absturz nach Einschätzung von Ökonomen bald gestoppt sein. Eine Abwertung weit unter 1,20 $ gilt als unwahrscheinlich.
"Der größte politisch motivierte Druck auf den Euro ist jetzt erst einmal ausgestanden", sagte Armin Mekelburg, Währungsstratege der HypoVereinsbank. "Eigentlich ist der Euro derzeit schon schwächer, als es die Wirtschaftsdaten legitimieren", sagte David Milleker von der Dresdner Bank. Zwar sei kurzfristig noch ein Verlust um einige Cent denkbar, ein neuer Absturz wie in den vergangenen Monaten sei dann aber unwahrscheinlich.
Allein in der jetzt ablaufenden Woche hatte der Euro zeitweise fast 5 Cent gegenüber dem Dollar verloren. Vor allem die gescheiterten Referenden zur EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden ließen den Kurs weiter absacken. In den vergangenen Wochen hatten schon die Regierungskrisen in Deutschland, Frankreich und Italien den Euro belastet. Seit ihrem Höhepunkt von 1,36 $ Ende 2004 hat die Währung damit mehr als zehn Prozent ihres Wertes zum Dollar eingebüßt.
Experten gelassen
Wirtschaftlich nehmen Experten diese Korrektur bisher gelassen. In den beiden vergangenen Jahren hatte der Euro zum Dollar weit über normale Niveaus hinaus zugelegt, weil an den Märkten die Sorge über das enorme US-Außendefizit vorherrschte. Die Industrieländerorganisation OECD prognostiziert, dass das US-amerikanische Leistungsbilanzdefizit 2006 den Rekord von fast sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht. Dies könne zu einem Dollar-Crash führen.
Nach Ansicht zahlreicher Experten hat es in den vergangenen Wochen jetzt erst einmal einen Paradigmenwechsel am Devisenmarkt gegeben. "Die Stimmung hat sich gegen den Euro gedreht; vom US-Defizit spricht niemand mehr", sagte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. "Der Markt hat ein neues Thema gefunden: die wirtschaftlichen und politischen Probleme der EU." Die Experten der HypoVereinsbank revidierten ihre Euro-Prognose für das Ende des zweiten Quartals von 1,30 auf 1,20 $.
Trend wird bald kippen
Für die meisten Experten wird der neue Trend dennoch bald wieder kippen. "Es werden auch wieder die fundamentalen Probleme der USA in den Vordergrund treten", sagte Jens-Uwe Wächter von der Deka-Bank. So zeichne sich noch keine Korrektur des US-Außendefizits ab. Der Euro werde sich deshalb in den kommenden Monaten zwischen 1,20 $ und 1,27 $ bewegen.
Ähnlich äußerte sich Milleker: "Schon Ende nächster Woche könnte die Stimmung wieder drehen, wenn die US-Handelsdaten veröffentlicht werden." Das Defizit der Amerikaner im Austausch von Waren mit dem Ausland war zwar im März spürbar zurückgegangen. Jedoch hatten dabei Sonderfaktoren eine Rolle gespielt. Laut Milleker dürfte der Fehlbetrag im April wieder gestiegen sein.
Auch der tendenziell eher Dollar-optimistische Devisenexperte Stephen Jen von Morgan Stanley hält es für unwahrscheinlich, dass der Euro unter 1,20 $ fällt. "Dann würden asiatische Zentralbanken sofort Euro kaufen" und den Kurs so wieder stützen. Die Notenbanken hätten bereits begonnen, einen Teil ihrer riesigen Dollar-Bestände in Euro umzuschichten. Bei einem Wechselkurs von 1,20 $ pro Euro würden sie sich noch stärker mit Euro eindecken.
Weiterer Abrutsch unwahrscheinlich
Gegen ein weiteres Abrutschen des Euro spreche zudem, dass es "nach den Wahlen in Deutschland im Herbst zu einer Aufbruchstimmung am Markt kommen" könne, sagte Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. Als Risiko nannten die Experten allerdings, dass sich die Konjunkturverlangsamung in der Euro-Zone als gravierender herausstellen könnte.
"Wenn sich zum Jahresende keine Wirtschaftserholung abzeichnet, könnte der Euro auf 1,10 $ abrutschen", sagte Jen. Marcus Hettinger von Credit Suisse sagte, auch der wachsende Zinsabstand zwischen den USA und Europa könnte den Euro belasten. So würden die US-Leitzinsen bis Jahresende wohl von 3,0 auf 4,25 Prozent steigen, die europäischen hingegen bei 2,0 Prozent verharren: "Bis 1,175 $ könnte es für den Euro dann schon runtergehen." Dann aber werde das Ende des Zinserhöhungszyklus in den USA näher rücken und Amerikas Leistungsbilanzdefizit wieder in den Fokus geraten. Im Sommer 2006 sieht Hettinger den Euro wieder bei 1,28 $. |