» Export und Inlandsproduktion wachsen stark / Deutsche erfolgreich bei CO2-Reduktion / Deutsche Automobilindustrie fährt schneller aus der Krise Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)
(Verbandspresse, 05.07.2010 09:14)
(Berlin) - "Die deutsche Automobilindustrie fährt schneller aus der Krise als erwartet. Im ersten Halbjahr hat sie ihre Pkw-Exporte um 44 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesteigert und die Pkw-Inlandsproduktion um 23 Prozent erhöht. Vor allem China und der US-Markt treiben die Nachfrage. Im zweiten Halbjahr wird das Wachstum zwar geringer ausfallen. Doch wir sind zuversichtlich, dass wir im Gesamtjahr 2010 den Pkw-Export um mindestens ein Fünftel erhöhen und damit die Inlandsproduktion um mindestens 10 Prozent steigern können", betonte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), auf der VDA-Halbjahres-Pressekonferenz in Berlin. "Auf die Beschäftigung wirkt sich die rasche Erholung der Exportmärkte positiv aus. Die Auslastung steigt", so der VDA-Präsident.
Wachstumsträger sind vor allem die asiatischen Märkte. So hat der chinesische Pkw-Markt in den ersten fünf Monaten um mehr als die Hälfte zugelegt, in Indien ist das Pkw-Geschäft um fast ein Drittel gestiegen. Auch der US-Markt erholt sich, der Absatz von Light Vehicles legte im ersten Halbjahr 2010 um knapp 17 Prozent zu. Die deutschen Konzernmarken sind mit einem Plus von 18,4 Prozent im gleichen Zeitraum schneller gewachsen als der US-Markt insgesamt.
"Keine Frage - das Auslandsgeschäft ist derzeit der Motor dieser Industrie. Die starken Exportzuwächse des ersten Halbjahres 2010 müssen jedoch vor dem Hintergrund der sehr schwachen Vorjahresmonate gesehen werden", so Wissmann. Die zweite Jahreshälfte 2010 wird ein moderates Wachstum aufweisen, da der Wendepunkt auf den Exportmärkten im Sommer 2009 erreicht wurde und sich damit die Vergleichsbasis des Vorjahres besserte.
"Wir gehen davon aus, dass die deutsche Automobilindustrie im Gesamtjahr 2010 den Pkw-Export um mindestens ein Fünftel auf über 4,15 Mio. Pkw steigern wird. Damit werden wir auch über dem Exportniveau des Jahres 2008 liegen - und vom bisherigen Ausfuhrrekord 2007 nur noch wenig entfernt sein. Das zeigt, wie rasch der Hochlauf erfolgt", sagte Wissmann. Die Auftragseingänge aus dem Ausland haben sich seit August 2009 kontinuierlich erhöht, allein im ersten Halbjahr 2010 um gut 28 Prozent.
Der Weltautomobilmarkt wird nach Angaben des VDA-Präsidenten im Gesamtjahr 2010 auf mindestens 59 Mio. Pkw zunehmen. China wird um ein Fünftel wachsen, die USA um 12 Prozent. Westeuropa hingegen wird erwartungsgemäß nicht mehr das Niveau des Vorjahres erreichen, da in vielen EU-Ländern staatliche Incentivierungsprogramme ausgelaufen sind.
"Die globale Konjunkturlage ist also insgesamt durchaus erfreulich. Aber wir dürfen mögliche Risiken nicht aus den Augen verlieren. Das betrifft die prekäre Haushaltssituation einzelner EU-Länder sowie die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise, etwa bei Eisenerz. Das beobachten wir genau", betonte Wissmann. Die Industrie brauche zudem möglichst stabile Wechselkurse - und kein "ständiges Auf und Ab". Mit dem aktuellen Kurs von rund 1,20 Dollar könne die Branche allerdings "durchaus leben".
Die Pkw-Inlandsfertigung werde im Gesamtjahr 2010 um mindestens 10 Prozent auf 5,45 Mio. Neuwagen steigen. Damit sei man nur noch rund 100.000 Einheiten vom hohen Produktionsniveau des Jahres 2008 entfernt.
"Die deutsche Automobilindustrie erntet jetzt die Früchte ihrer jahrelangen Anstrengungen, die globale Präsenz zu stärken. Von der Dynamik der Auslandsmärkte profitieren vor allem die deutschen Marken", erklärte Wissmann. Neben dem Export ist die Auslandsfertigung für deutsche Hersteller ein zweiter strategischer Pfeiler, der immer weiter ausgebaut wird: Noch 1994 entfiel knapp ein Drittel der gesamten Pkw-Produktion der deutschen Hersteller auf das Ausland (1,93 Mio. Pkw); 2010 werden es rund 5,55 Mio. Pkw sein. Die Fertigung außerhalb Deutschlands hat sich damit in 16 Jahren fast verdreifacht.
Vor allem die asiatischen Standorte gewinnen an Bedeutung. Heute wird mehr als jedes vierte Auto, das deutsche Hersteller im Ausland produzieren, in China gefertigt. Vor fünf Jahren war es nur jeder zehnte Pkw. Die Internationalisierung ist auch bei den deutschen Zulieferern zu beobachten - sie sind heute weltweit mit rund 2.000 Standorten vertreten.
"Unsere verstärkten Auslandsaktivitäten stabilisieren den Standort Deutschland zusätzlich. Export und internationale Fertigung sind zwei Seiten einer Medaille. Der Schritt zu globaler Präsenz ist eine notwendige Bedingung, um unseren Produktions- und Forschungsstandort Deutschland stark zu halten. Drei neue Arbeitsplätze im Ausland sichern oder schaffen einen Arbeitsplatz im Inland", betonte Wissmann.
Während der Exportmotor brummt, ist der Pkw-Inlandsmarkt überzeichnet durch das hohe Neuzulassungsvolumen des Vorjahres, ausgelöst durch die Neuordnung der Kfz-Steuer und die Umweltprämie. "Im laufenden Jahr erfolgt die Normalisierung", so Wissmann. Im ersten Halbjahr wurden 1,47 Mio. Pkw neu zugelassen, das ist ein Rückgang um 29 Prozent gegenüber dem hohen Vorjahreswert.
Auch die Auftragseingänge aus dem Inland haben sich - angesichts der hohen Vorjahreswerte - wie erwartet entwickelt. Der Auftragsbestand der deutschen Hersteller - gespeist aus den Inlandsbestellungen - liegt aktuell bei knapp 380.00 Einheiten und damit ein Viertel unter Vorjahr.
Wissmann präzisierte die bisherige Prognose für den deutschen Markt: "Wir rechnen für das Gesamtjahr 2010 mit einem Pkw-Neuzulassungsvolumen von 2,8 bis 2,9 Mio. Einheiten." Das entspricht einem Rückgang um rund ein Viertel gegenüber dem Niveau des Vorjahres. Allerdings sei für eine aussagekräftige Bewertung des Marktes das Volumen der beiden Jahre 2009 und 2010 entscheidend - das sind im Schnitt rund 3,3 Mio. Pkw: "Wir sehen darin ein durchaus respektables Ergebnis", so der VDA-Präsident.
Der Pkw-Inlandsmarkt kehre 2010 zu den Strukturen zurück, die vor der Prämie Bestand hatten: Der Marktanteil deutscher Hersteller hat die 70-Prozent-Marke übersprungen, nachdem er 2009 kurzfristig auf 62 Prozent gesunken war. Der Dieselanteil beträgt derzeit 41 Prozent (2009: 31 Prozent). Der Marktanteil der Kleinst-, Klein- und Kompaktwagen normalisiert sich und liegt wieder bei gut 50 Prozent (2009: 62 Prozent). Das Mittelklasse-Segment gewinnt Marktanteile zurück. Auch die Halterstruktur hat sich verändert: Der Anteil der privaten Halter bei Neuwagenkäufen ging zurück (von 63 Prozent im Vorjahr auf jetzt 44 Prozent), entsprechend stiegen die gewerblichen Neuzulassungen, bei denen die deutschen Marken besonders stark vertreten sind. "Diese Entwicklung wirkt sich positiv auf unsere Unternehmen aus", so Wissmann.
Auch auf dem Nutzfahrzeugmarkt, bei dem die Krise besonders ausgeprägt war, gibt es ermutigende Signale: "Wir haben den Wendepunkt durchschritten", so Wissmann. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 129.080 Nutzfahrzeuge in Deutschland neu zugelassen. Dies entspricht einem Plus von 7 Prozent. Die Transporter haben die Trendwende im Februar 2010 geschafft. Im Segment der schweren Fahrzeuge wurden im Mai 2010 zum ersten Mal seit September 2008 wieder Zuwächse verzeichnet. Der Juni konnte mit einem Plus von 37 Prozent daran anknüpfen. Wissmann: "Damit steht fest: Auch im schweren Segment ist die Wende vollzogen."
Für das Gesamtjahr rechnet der VDA-Präsident bei den Transportern mit einem Zuwachs von 3 Prozent auf knapp 180.000 Einheiten. Allerdings werde das Marktvolumen - auf das Gesamtjahr gerechnet - noch um ein Fünftel unter dem des Jahres 2008 liegen. In der Klasse über 6t wird ebenfalls ein leichtes Plus von 5 Prozent auf 64.000 Neuzulassungen erwartet. "Auch wenn dies noch deutlich unter den Höchstständen der letzten Jahre liegt, so gibt es hier Zeichen der Entspannung: Bei den Vermietern zieht das Geschäft an, die vorübergehend stillgelegten Fahrzeuge unserer Kunden werden nach und nach reaktiviert. Bei den Anhänger- und Aufbautenherstellern ist aus Hoffnung mittlerweile wieder Zuversicht geworden. Die Auftragseingänge steigen, allerdings ist das Niveau noch immer gering."
Wissmann wies auf die 63. IAA Nutzfahrzeuge hin, die im September in Hannover stattfindet und vom VDA organisiert wird. Die IAA steht unter dem Motto "Nutzfahrzeuge: Effizient, flexibel, zukunftssicher". Es werden etwa 1.700 Aussteller erwartet. Das sind zwar weniger als vor zwei Jahren - damals fand die IAA Nutzfahrzeuge auf dem Höhepunkt eines fünfjährigen Booms statt. "Aber wir liegen mit der Zahl der Aussteller bereits wieder über dem Niveau von 2006", so der VDA-Präsident. Der Länderfokus wird dieses Jahr Benelux sein.
Allein seit dem Amtsantritt von Wissmann vor drei Jahren als VDA-Präsident haben die deutschen Pkw-Hersteller bei der Reduzierung der CO2-Emissionen große Fortschritte gemacht: "Heute haben unsere Hersteller über 260 Pkw-Modelle im Angebot, deren CO2-Ausstoß unter 130 g/km liegt. Gegenüber 2007 hat sich diese Zahl verfünffacht", betonte Wissmann.
"Nach den offiziellen KBA-Neuzulassungszahlen bieten die deutschen Hersteller in allen Fahrzeugklassen emissionsarme Modelle an. "In sechs von zehn Segmenten stellen die deutschen Marken den CO2-Champion, also das verbrauchsgünstigste Modell", so Wissmann. "Die deutschen Konzernmarken weisen in zehn von zehn Fahrzeugsegmenten durchschnittlich niedrigere CO2-Werte auf als die Importeure. Das reicht von Kleinwagen bis zum großen Familienvan", unterstrich der VDA-Präsident.
In den vergangenen drei Jahren (Mai 2007 - Mai 2010) sind die durchschnittlichen CO2-Emissionen von neu zugelassenen Pkw deutscher Hersteller insgesamt um fast 11 Prozent auf 153,9 g/km gesunken (Mai 2007: 172,5 g/km CO2). Die deutschen Hersteller verfolgen konsequent diesen Kurs und liegen jetzt nur noch 1,3 Gramm über dem Durchschnittswert von 152,6 g/km CO2. Wissmann: "Erneut spielt hierbei der Clean Diesel mit seiner Kraftstoffeffizienz eine Schlüsselrolle: Die Diesel-Pkw konnten von Januar bis Mai 2010 ihren CO2-Wert um 3,8 Prozent verringern." Auch bezogen auf die Schadstoffe im eigentlichen Sinne könne man der jüngsten Aussage von Eurotax-Schwacke nur zustimmen: "Die saubersten Diesel kommen aus Deutschland. Unsere Hersteller bieten insgesamt elf Modellreihen an, die bereits heute die erst in fünf Jahren verbindlich vorgeschriebene anspruchsvolle Euro-6-Norm erfüllen", so Wissmann.
Mit diesen Fortschritten bei der CO2-Reduzierung stelle sich die deutsche Automobilindustrie jedem Vergleich. Der VDA begrüße auch den Entwurf der Bundesregierung zur Pkw-Verbrauchskennzeichnung, die voraussichtlich 2011 in Deutschland eingeführt wird. Es sei notwendig, bei der Verbrauchskennzeichnung nicht nur den CO2-Wert, sondern auch das Gewicht des Autos zu berücksichtigen. Nur so sei die Effizienz der einzelnen Fahrzeuge überhaupt darstellbar: "Ein großer Familienvan lässt sich nicht mit einem zweisitzigen City-Car vergleichen. Auch ein Einfamilienhaus hat eine andere Energiebilanz als ein 2-Zimmer-Appartement", erläuterte Wissmann.
Der VDA-Präsident wies darauf hin, dass die EU-Kommission beim wichtigen Thema Öko-Innovationen auf der Bremse stehe. Dabei handelt es sich um CO2-reduzierende Technologien wie Solardächer oder die Umwandlung der Motorwärme in elektrische Energie, die bisher noch nicht im Fahrzyklus berücksichtigt werden. Die Anrechnung solcher CO2-sparender Technologien führe bei Herstellern und Zulieferern zu einem regen Innovationswettbewerb, der Umwelt und Verbrauchern gleichermaßen zugute komme, betonte Wissmann. "Diese Chancen sollten jetzt nicht in bürokratischen Mühlen in Brüssel zerrieben werden." Während der Europäische Rat bereits grünes Licht gegeben habe, zögere die Kommission die Umsetzung der Öko-Innovationen hinaus, obwohl diese in der CO2-Regulierung für Pkw längst beschlossen sind. Wissmann forderte die Kommission auf, noch in diesem Jahr einen Vorschlag schriftlich zu unterbreiten.
Der VDA-Präsident zog eine erste Zwischenbilanz nach dem Elektromobilitätsgipfel mit Bundeskanzlerin Merkel Anfang Mai: "In der Nationalen Plattform Elektromobilität wird die Kompetenz unseres Landes zu diesem Thema gebündelt. Ich bin zuversichtlich, dass die sieben Arbeitsgruppen unter Führung des Lenkungskreises bald konkrete Arbeitspläne vorlegen und eine mittelfristige Priorisierung der Arbeitsschwerpunkte vornehmen, so dass der Zwischenbericht bis Ende November der Bundesregierung vorgelegt werden kann." "Wir hoffen, dass die Regierung schon in ihrem Haushaltskonzept für 2011 und für die mittelfristige Finanzplanung bis 2014 Konsequenzen aus diesem Schulterschluss zieht und eine Fortschreibung des Nationalen Entwicklungsplans Elektromobilität über 2011 hinaus ins Auge fasst", betonte Wissmann.
Quelle/Kontaktadresse: Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA) Pressestelle Westendstr. 61, 60325 Frankfurt am Main Telefon: (069) 975070, Telefax: (069) 97507261 |