Ferdinand Dudenhöffer leitet das Bochumer CAR-Center Automotive Research. Der Volkswirt zählt zu den renommiertesten, aber auch bissigsten Marktkennern. Bis zu seiner Pensionierung lehrte er an der Universität Duisburg-Essen.
https://www.n-tv.de/wirtschaft/...der-Verbrenner-article24681922.html
23.01.24 Dudenhöffer: Ampel provoziert Renaissance der Verbrenner . Das Aus für die Umweltprämie, eine ruinöse Preisschlacht bei E-Autos, eine miserable Ladeinfrastruktur: Autoxperte Dudenhöffer sieht die Mobilitätswende in weite Ferne gerückt. Benziner seien für die Industrie wieder eine Option. Eine Abrechnung mit der Politik der Ampel-Regierung.
Herr Professor Dudenhöffer, kaum hat die Ampel-Regierung die staatliche Umweltprämie gestrichen, setzt bei E-Autos eine große Rabattschlacht ein. Hätten wir die staatlichen Subventionen vielleicht gar nicht gebraucht?
Ferdinand Dudenhöffer: Die Rabattschlacht ist kein Grund zur Freude. Sie ist ruinös. Sie kann sowohl deutsche Automobilbauer als auch die gesamte Elektromobilität in Deutschland in die Knie zwingen.
Warum fängt dann ausgerechnet VW mit den heftigen Preissenkungen an?
Volkswagen versucht zu retten, was die Ampel-Koalition mit ihrer Nacht- und Nebel-Aktion im Dezember kaputtgemacht hat, als sie urplötzlich die Umweltprämie strich. Danach war nichts mehr los bei den Händlern. Volkswagen hat letztes Jahr den ID.3 für 43.000 Euro angeboten, nun für 33.000 Euro. Das Unternehmen ist nach meiner Einschätzung damit in tiefroten Zahlen. Und die Bevölkerung hat das Gefühl, die Bundesregierung habe das Elektroauto fallen lassen wie eine heiße Kartoffel.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagt im aktuellen "Stern"-Interview, nichts sei völlig überraschend gekommen: "Die Förderung sollte ohnehin auslaufen, nur eben etwas später."
Unsinn. Die Große Koalition hatte beschlossen, die Förderung Ende 2025 auslaufen zu lassen. Jetzt haben wir Anfang 2024 - und eine ruinöse Preisschlacht ist im Gange. Habeck redet viel, sagt aber wenig. Tausend Pläne, die sich als Luftnummern erweisen und dann wieder gestrichen werden. Dabei wäre es jetzt dringend notwendig, unsere Industrie zu stabilisieren.
Wenn das so einfach wäre. Dem Bund fehlen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts 60 Milliarden Euro für Investitionen. Müsste die Autoindustrie nicht endlich selbst in der Lage sein, auch bei der E-Mobilität marktwirtschaftlich erfolgreich zu werden? So sieht es auch die Bundesregierung.
Fragen Sie die Autohersteller. Ich sage voraus: Die Deutschen werden bei dieser Preisabwärtsspirale die Verlierer gegenüber den Chinesen und Tesla sein, die große Volumina produzieren und dadurch große Kostenvorteile haben, während die Deutschen hohe Verluste schreiben. Tesla allein hat bereits 1,8 Millionen Elektroautos verkauft. Das Geschwätz von Habeck und Co. nehmen Deutschlands Autobauer ohnehin nicht mehr ernst. Nach ein paar Monaten werden sie sich entscheiden, alle Kraft wieder in den hochprofitablen Verbrennungsmotor zu stecken.
Sie sehen eine Renaissance des Verbrenners kommen?
Ja. Der erste Autobauer, der anfängt, den Benziner wieder zu bewerben, wird mehr davon verkaufen und seine Marktanteile rasch steigern. Sie werden sehen, wie schnell die anderen nachziehen.
Haben Sie nicht zu viel Mitleid mit den deutschen Herstellern? Immerhin melden sie mal wieder Rekordgewinne. Das kann ja nicht nur an der staatlichen Umweltprämie gelegen haben.
Nein, denn nur maximal 15 Prozent der verkauften Autos sind elektrisch. Die Rekordgewinne wurden erzielt, weil die Hersteller hohe Verkaufspreise bei den Verbrennern durchsetzen konnten. Nach Corona gab es so viele Bestellungen, dass kein Anbieter Rabatte gewähren musste. Jetzt aber schmelzen die Aufträge wie Schnee in der Sonne.
Das heißt: Die deutsche Autoindustrie ist ohne Staatsknete gar nicht mehr zukunftsfähig? Welch ein Armutszeugnis!
Nicht nur die Deutschen, sondern alle westlichen Autobauer haben ein dickes Problem. Nicht umsonst werden bei der EU Schutzzölle eingefordert, angeregt durch den französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron. In China werden E-Autos nun mal massiv subventioniert, so treibt der Staat den weltweiten Erfolg seiner Fahrzeuge massiv voran. In Deutschland hat die Koalition vor allem große Töne gespukt, 15 Millionen E-Autos wollte sie bis 2030 auf die Straße bringen. Aber das kann nicht gelingen, weil all diese Pläne auf Sand gebaut waren.
Wie läuft es denn an anderen Stellen bei der Mobilitätswende, etwa beim Ausbau der Ladeinfrastruktur?
Wer bitte soll denn noch in Ladeinfrastruktur investieren, wenn der Elektroautomarkt in den Keller geht? Und dann die miserablen Stromnetze! Aral wollte für Busse und LKW Schnellladesäulen auf den Autobahnen aufstellen. Das scheiterte, weil das Stromnetz es nicht schafft. Wo leben wir? Mit der derzeitigen Infrastrukturpolitik macht die Regierung die Mobilitätswende total kaputt.
Die Defizite bei der Infrastruktur stammen weitgehend aus Zeiten der Großen Koalition.
Richtig. Dennoch: Wenn wir jetzt die Elektromobilität aufgeben, warum sollten dann EON oder EnBW weitere Ladesäulen aufstellen?
Es gibt auch eine staatliche, nationale Strategie, eine Schnellladestruktur aufzubauen.
Das gab es alles und dann hat Habeck es kassiert. Es ist kein Geld mehr da. Jetzt wurden auch die Subventionen für die Batterieforschung zusammengestrichen. Bei den geplanten Chipfabriken wird es ähnlich laufen. Die Regierung springt dauernd von links nach rechts, plant ein Wolkenkuckucksheim nach dem anderen. Ein Fundament dafür hat sie aber nicht.
Na ja, die Weltlage ist gerade nun mal multikomplex, da muss man reagieren.
Stimmt. Aber wir haben wirklich in weiten Teilen der Industrie den Anschluss verloren, weil wir uns ständig neuen Themen widmen. Wer weiß heute am besten, wie man Batterien baut? Die Chinesen, nicht wir. Die Deutschen rennen dagegen lieber dem Wasserstoff hinterher. Und morgen rennen sie vielleicht Computerchips hinterher. Das ist eine Katastrophe. So können Sie keine Industrie mit Wettbewerbsvorteilen aufbauen oder halten. Die Chinesen beherrschen das viel besser, sie folgen ihren Zielen sehr systematisch.....
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