INTERSHOP AKTIE - VOR KRÄFTIGEM REBOUND?
von Alexander Hahn
VOLLE AUFTRAGSBÜCHER - GLÄNZENDE ZUKUNFTSPERSPEKTIVEN
So lässt sich die aktuelle Situation bei Intershop beschreiben. Mit Vorlage der Zahlen für das letzte Quartal 2007 wurde deutlich, dass bei Intershop neue Zeiten angebrochen sind: Zum dritten Mal in Folge konnte ein operativer Gewinn erwirtschaftet werden. Dies, nachdem das Unternehmen in den ersten zehn Jahren seines Bestehens ein ums andere Mal Verluste geschrieben hatte. Das neue Intershop-Management und vor allem der Aufsichtsratsvorsitzende Michael Sauer - Er ist seit knapp einem Jahr im Amt; erst seit seiner Ernennung scheint hier ein Kontrollorgan zu arbeiten, das diesen Namen verdient. - haben im vergangenen Jahr sehr viel bewegt. Dementsprechend verwundert es den informierten Beobachter keinesfalls, dass die operative Basis für das laufende Geschäftsjahr bei Intershop überaus viel versprechend ist:
Nach Unternehmensangaben sind die Auftragsbücher prall gefüllt. Erst kürzlich hat Intershop den Abschluss eines umfassenden Rahmenvertrages mit der Otto-Group bekannt gegeben, der über drei Jahre einen Gesamtumsatz über mehrere Millionen Euro garantiert. Die Mannschaft ist komplett ausgelastet, so dass laufende Projekte aktuell nur durch einen hohen Anteil an externen Beratern, die zu hohen Tagessätzen eingekauft werden müssen, abgearbeitet werden können. Entsprechend operiert Intershop bei jenen Aufträgen, bei denen viele Externe zum Einsatz kommen, derzeit noch mit vergleichsweise niedrigen Nettomargen. Um diese unbefriedigende Situation zu beenden und auch bei Projekten, die nicht mit eigenen Kapazitäten abgearbeitet werden können, eine attraktive Nettomarge zu erwirtschaften, wird bei Intershop derzeit mit Hochdruck an der Rekrutierung freier Mitarbeiter im Ausland gearbeitet (sogenanntes "Off-Shoring"). Im ersten Schritt konnte hierzu bereits ein Team hochqualifizierter Programmierer aus dem osteuropäischen Raum gewonnen werden. Erste Erfolge des Off-Shoring sollten sich nach abgeschlossener Schulung dieser Mitarbeiter (Die Aufrechterhaltung der bei Intershop gewohnt hohen Software- und Supportqualität muss selbstverständlich gewährleistet bleiben.) spätestens im Q3-Ergebnis zeigen. Da als Folge dieser Aktivitäten die Support- und Serviceleistungen deutlich höhere Ergebnisbeiträge liefern werden, kommt Intershop dem Ziel, auch ohne Lizenzeinnahmen profitabel zu arbeiten, einen deutlichen Schritt näher. Mittelfristiges Ziel ist es, die Lizenzeinnahmen quasi als Sahnehäubchen on Top eines stetigen, in hohem Maße vorausplanbaren Gewinnes aus Beratungs-, Support und Fulfillment-Geschäft zu verbuchen.
STICHWORT LIZENZEINNAHMEN:
Aktuell richten sich die Kosten für den Kunden nach Anzahl der Prozessoren bzw. nach dem Funktionsumfang der Software. Somit werden bei Intershop vergleichsweise hohe anfängliche Einnahmen erzielt, die allerdings zu stark schwankenden Quartalsergebnissen führen. Von diesem Lizenzmodell möchte man sich auf lange Sicht verabschieden. Ziel ist die Beteiligung am Online-Umsatz des Kunden ("Fee"-Modell), womit man eine langfristige Kundenbeziehung aufbauen möchte sowie die Einnahmen aus Lizenzen verstetigt. Intershop profitiert dabei proportional am Erfolg der installierten E-Commerce-Shops seiner Kunden und partizipiert damit endlich unmittelbar am Boom des Onlinehandels, eines der wachstumstärksten Marktsegmente unserer Wirtschaft. Im Full-Service, mit dem man Kunden das komplette Outsourcing der E-Commerce-Aktivitäten anbietet, ist dieses Modell bereits Realität: Die Einnahmen resultieren komplett aus einem Anteil des Shopumsatzes, wobei das unternehmerische Risiko sogar zum Großteil vom Kunden selbst getragen wird. Dieser bezahlt bei Vertragsunterzeichnung eine sogenannte "Entrance-Fee", die die Kosten der Shoperstellung durch Intershop in etwa abdeckt und die erst wieder an den Kunden rückvergütet wird, wenn die avisierten Umsatzziele des neuen Shops auch tatsächlich erreicht werden. Ab diesem Zeitpunkt werden dann signifikante Erträge aus der Umsatzbeteiligung generiert. Auf diesem Geschäftsfeld, in dem 2007 bereits die ersten drei kleineren Kunden bedient wurden, ruhen hohe Erwartungen für die zukünftige Umsatz- und Ergebnisentwicklung Intershops. Jeder erfolgreich etablierte Shop bietet die direkte Chance auf hochskalierbare Erträge bei sehr begrenztem unternehmerischen Risiko. Mit Fiege hat Intershop bereits einen hochkarätigen Logistikpartner für das Fulfillment gewonnen, so dass das Ziel, pro Jahr 3-5 Neukunden zu akquirieren, für das Jahr 2008 bekräftigt werden konnte. In den USA soll ein Partner bis Ende des laufenden Jahres gefunden sein. Zusätzliches Augenmerk richtet sich derzeit auch auf eine mögliche Kooperation mit der D+S-Tochter Heycom, die eine besondere Expertise für das Fulfillment-Geschäft im Fashion-Bereich besitzt.
PLATINUM-KUNDE IN DER PIPELINE
Vorgenommen hat sich Andreas Riedel, Vorstandsvorsitzender der Intershop, auch eine Stärkung des Vertriebes. Während man sich in Nordeuropa durch Partner sehr gut vertreten sieht, ist die vertriebliche Abdeckung in Ländern wie Italien, Frankreich oder Großbritannien eher schwach. Diesem Problem will man mit dem Aufbau neuer Partnerstrukturen begegnen, hierzu laufen auch Verhandlungen mit Herstellern von ERP-Systemen. Ein Erfolg der Ausweitung der Vertriebsaktivitäten konnte kürzlich bereits vermeldet werden: Mit ISHP Holdings, einer Tochtergesellschaft von MAP Venture Partners expandiert man in Australien und Neuseeland, einem Markt, der für Intershop zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der erste Neukunde dieser Zusammenarbeit soll bereits in Kürze publiziert werden können. Dem Vernehmen nach handelt es sich um einen so genannten "Platinum-Kunden", also einen Kunden, der Intershop jährliche Umsätze in Höhe von mehr als einer Million Euro garantiert.
Während in Europa die Konkurrenz Intershops insbesondere bei Großkunden mit Unternehmen wie bspw. Hybris oder durch Open Source-Lösungen eher schwach ist, ist der US-Markt sehr wettbewerbsintensiv: Mit IBM, Broadvision oder ATG trifft Intershop hier auf namhafte Konkurrenten. Mit Nader Nemati konnte man zu Beginn des Jahres 2008 aber ein Schwergewicht im E-Commerce als Managing Director gewinnen und erwartet nun ein deutliches Wachstum im US-Geschäft.
AUSREICHEND LIQUIDITÄT VORHANDEN
Bilanziell steht Intershop mittlerweile ebenfalls sehr gut da: Die Eigenkapitalquote betrug Ende 2007 53%, der Cashbestand ist mit über sieben Millionen Euro zu Beginn des laufenden Jahres ebenfalls sehr erfreulich. Intershop ist zudem nahezu schuldenfrei (Es stehen noch einige wenige Zerobonds einer im Jahre 2004 begebenen Wandelanleihe aus, die verbliebenen Stücke dürften aller Voraussicht nach zu Ende des Jahres 2008 komplett in Aktien gewandelt werden und somit dem Eigenkapital Intershops zufließen.). Liquiditätsfragen sollten zukünftig damit kein Hindernis bei der Akquise neuer Kunden sein. Dies war in der Vergangenheit zu Zeiten eines defizitären Kerngeschäftes und knapper Cash-Reserven ein deutlicher Malus für Intershop: Wer als Kunde eine Softwarelizenz mit fünfjährigem Supportvertrag erwirbt, schaut sich sehr genau die Ertrags- und Liquiditätslage der Firma an, bei der er die Lizenz erwerben will! Ob die nunmehr ausreichend vorhandene Liquidität (bei gleichzeitig erreichter Profitabilität) auch für den Rückkauf eigener Aktien verwendet wird, ist derzeit noch in Prüfung; belastbare Ergebnisse werden in einigen Wochen erwartet. Das Intershop-Management ist auf jeden Fall bemüht, der in den vergangenen Jahren erfolgten Verwässerung des Stammkapitals nach allen Möglichkeiten aktiv entgegen zu wirken.
Weitere bilanzielle Entlastung auf der Kostenseite wird übrigens die erstmalige Aktivierung der Entwicklungskosten für die selbsterstellte Software bringen (Weiterentwicklung der Enfinity-Suite). Das sollte sich vor allem in den Zahlen ab dem zweiten Quartal 2008 niederschlagen. Für die Zahlen zum ersten Quartal 2008, die Andreas Riedel - zusammen mit einem aktualisierten Ausblick auf das laufende Jahr - Anfang Mai präsentieren wird, ist trotz der Vorlaufkosten für das Off-Shoring ein positives Ergebnis Pflicht. Im Ergebnis des zweiten Quartales, das saisonal die stärkeren Lizenzergebnisse aufweist, sollte dann die volle Ertragskraft der "neuen Intershop" deutlich werden.
POSITIVER NEWSFLOW ZU ERWARTEN
Zusätzlich macht der in den kommenden Wochen zu erwartende Newsflow Hoffnung: Neben dem bereits erwähnten Livegang des großen E-Commerce-Shops Down Under sollten auch neue Aufträge im Bereich Full-Service vermeldet werden können. Weiteres Interesse an der Aktie könnte auch die Tatsache auslösen, dass nach der Übernahme von D+S Apax neuer Großaktionär von Intershop werden dürfte. Vergegenwärtigt man sich, welche Bedeutung eine E-Commerce-Software wie diejenige von Intershop für ein so stark expandierendes Fulfillment-Unternehmen wie die D+S-Tochter Heycom haben sollte, könnte bald zusätzliche Phantasie in die Aktie kommen: Eignet sich der hochkarätige Intershop-Kundenstamm doch bestens für die Hebung von signifikanten Synergien durch Cross-Selling - übrigens nicht nur für Unternehmen wie D+S.
Vor diesem Hintergrund erscheint es unverständlich, warum der Intershop Aktienkurs nach Höchstkursen von 4,28 EUR im September 2007 mit der Gesamtmarktschwäche gegenwärtig auf ein Niveau von 2,50-2,80 zurückgekommen ist und auf diesem Niveau noch immer verharrt. Einem Kursniveau, das im Vorjahr bereits deutlich überschritten wurde, als sich der Turnaround Intershops nur mehr als Hoffnungsschimmer am Horizont abzeichnete, aber noch weit davon entfernt war, Realität zu sein.
INTERSHOP VOR DEM REBOUND
Ein Rebound des Aktienkurses auf und über das im Jahre 2007 erreichte Hoch sollte somit nur ein Frage der Zeit sein. Einen Hinweis darauf, wohin die Reise dann mittel- bis langfristig gehen kann, werden spätestens die Zahlen zum zweiten Quartal liefern, wenn aus der Ergebnisentwicklung Intershops auch für die skeptischeren Anlegernaturen deutlich sichtbar wird, dass es sich bei Intershop um eine lupenreine Wachstumsaktie mit einem gehörigen Schuss Übernahmephantasie handelt. Dass Intershop eine nunmehr eine profitable Firma mit einem technologischen führenden Produkt in einem Wachstumsmarkt mit jährlich zweistelligen Zuwachsraten ist, dazu noch über einen exzellenten Kundenstamm und einen riesigen Verlustvortrag verfügt, ist angesichts der jahrelangen Ergebnismalaise, die das alte Management verantwortete, bei vielen Investoren noch nicht wirklich ins Bewusstsein gerückt. Kommen hier die erwarteten Ergebnisse, werden weitaus größere Anlegergruppen die Intershop-Aktie für ihr Depot entdecken, als dies bisher der Fall ist.
Ab einer Marktkapitalisierung von 100 Millionen EUR (entsprechend einem Kursniveau von ca. 4 EUR) wird die Aktie zudem für institutionelle Anleger interessant - bislang ist dieser Investorenkreis in Aktien der Intershop AG noch fast gar nicht vertreten. Vorstandschef Riedel, ein früherer Metro-Vorstand, vermittelt nicht den Eindruck, als wolle er den institutionellen Anlegern noch lange einen Anlass dazu geben, ihre Zurückhaltung gegenüber einem Investment in Intershop-Aktien aufrecht zu erhalten.
Technische Analyse von orlandus (Hans Doßler)
1. Das langfristige Bild
Die Intershop-Aktie testete nach einer mehrjährigen Bodenbildung im Verlauf des letzten Jahres in einer volumengestützten Aufwärtsbewegung den langjährigen Widerstand bei etwa 4 Euro und prallte zunächst daran ab. Die seither laufende Korrektur formierte sich zu einem Muster, welches eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung erwarten lässt (Bullenflagge). Unter stetig nachlassendem Volumen wird die Aktie unterhalb einer bullischen Auffächerung des Abwärtstrends seit 2000 nach unten geführt, sie hebelt quasi dagegen.
Inzwischen ist der Kurs an der mehrjährigen Aufwärtstrendlinie angekommen. Hier liegt ein Cluster an Unterstützungen, das in nächster Zeit für einen Abprall nach oben sorgen sollte (temporäre Durchbrüche sind dabei einzuplanen). Ein daraus zu erwartender Durchbruch über die Auffächerung des Abwärtstrends würde erhebliches Upmomentum freisetzen und zunächst den dominanten Widerstand bei 4 Euro zum Ziel haben. Dort muss sich an den kurzfristigen Mustern zeigen, ob er nachhaltig aufgebrochen werden kann, was angesichts einer aktiven großen Bodenformation (inverse SKS) langfristig Ziele im Bereich oberhalb von 10 Euro freimachen würde.
Chart erstellt mit Tradesignal Intershop Monatschart Chart vergrößern
2. Das mittelfristige Bild
Im Wochenchart wurde die mehrjährige Aufwärtstrendlinie bei 2,46 Euro exakt verteidigt. Vorher gab es einen temporären Durchbruch, der mit erstaunlich geringem Handelsvolumen einherging. An der Marke von 2,31 Euro, die bereits im Januar der Tiefpunkt eines volumenstarken Reversals war, kam es erneut zu einem Abprall. Zu erwarten ist deshalb, dass sich jetzt die Aktie im Bereich der Aufwärtstrendlinie stabilisiert oder auch eine Gegenreaktion in Richtung der mittelfristigen Abwärtstrendlinie einleitet.
Allerdings ist derzeit die Volatilität aufgrund von verzerrten Marktverhältnissen stark eingeschränkt. Konkret: Schon seit einigen Monaten dominiert ein kapitalkräftiger Akteur das Marktgeschehen, indem er permanent in der Art eines Marketmakers hochvolumige Orders sehr eng auf beiden Seiten des aktuellen Kursgeschehens einstellt, jedoch durch geschickte Kursanpassungen eine Ausführung überwiegend umgeht. Es stellt sich die Frage: Wem nützt das? Mit Hilfe der technischen Analyse kann diese Frage nicht geklärt werden, es kann jedoch ausgeschlossen werden, dass hier ein echtes Verkaufsinteresse vorliegt. Für kurzfristig agierende trendfolgende Trader ist die Aktie jedenfalls durch dieses Preisfixing uninteressant geworden, sie wurden bereits vollständig daraus vertrieben. Von dieser Seite ist also auch kein Downmomentum durch Stopp-Verkäufe mehr zu erwarten.
Chart erstellt mit Tradesignal Intershop Wochenchart 1 Chart vergrößern
Oszillierende Indikatoren wie der RSI notieren nahe dem unteren Extrembereich und weisen damit eine überverkaufte Verfassung aus. Der Money Flow Index, der Volumendaten in die Berechnung einbezieht, zeigt seit Januar eine auffällige bullische Divergenz zum Kursverlauf. Im Bollinger Band gibt es nach einem kurzfristigen Herauslaufen durch ein neues Low innerhalb des Bandes ein antizyklisches Kaufsignal. Der MACD läuft seit Oktober letzten Jahres ungewöhnlich gleichmäßig und reaktionslos nach unten, auch dies ein Zeichen von abnormen Marktverhältnissen.
Chart erstellt mit tradesignal Intershop Wochenchart 2 Chart vergrößern
Insgesamt gibt die Technik im mittelfristigen Fenster deutliche Hinweise darauf, dass hier etwas "im Busch" ist. Auf die Auflösung dieses Rätsels darf man gespannt sein. |