Soviel zum Benzinpreis (PS: Den Artikel habe ich aus einem anderen thread vom user moya kopiert)
Benzinpreis und Wählerfang Von Michael Vaupel
In den USA stehen Kongreßwahlen an. Am 7. November wird gewählt, und zwar wird über 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 33 Sitze im Senat abgestimmt. Bis jetzt haben die Republikaner von Präsident Bush im Repräsentantenhaus die Mehrheit. Wenn nun die oppositionellen Demokraten die Mehrheit erringen könnten, könnte es die Bush-Administration schwerer haben, ihre Vorhaben durchzubringen. Bei den letzten Kongreßwahlen – im November 2004 – war mir aufgefallen, daß die Bush-Administration einige Monate vorher Maßnahmen ergriff, um den Ölpreis tendenziell zu drücken. Meine Vermutung damals: Die Bush-Administration wollte ganz bewußt vor den Wahlen den Benzinpreis ein wenig drücken, damit sich die Amerikaner in ihrem Spätsommerurlaub nicht über gestiegene Benzinpreise aufregen, sondern über fallende Benzinpreise freuen sollten. Und zufriedene Bürger wählen tendenziell die bestehende Regierung.
Text zur Anzeige gekürzt. Gesamtes Posting anzeigen...
Und damals nutzte die Bush-Administration folgendes Mittel: Sie verringerte einfach den sogenannten „Zuguß“ in die amerikanischen strategischen Erdölreserven (SPR = Strategic Petroleum Reserve). Im Juli 2004 waren es noch rund 5 Millionen Barrel Zuguß, im August 2004 waren es 4,2 Millionen Barrel…und dann wurde aber für September der Zuguß rigoros auf 0 Barrel heruntergesetzt. Die Konsequenz: Die Nachfrage ging entsprechend um diese Menge zurück, der gewünschte Erfolg stellte sich ein: Bis November 2004 fiel der Ölpreis und damit der US-Benzinpreis. So ziemlich genau ab November wurde die Auffüllung der strategischen Erdölreserven wieder fortgesetzt, der Ölpreis stieg wieder – da war die Wahl aber auch gelaufen, und die Republikaner von George W. Bush konnten sich über eine Mehrheit in Repräsentantenhaus und Senat freuen.
Das hat nichts mit „Verschwörungstheorien“ zu tun, sondern einfach mit dem Nutzen von Möglichkeiten, die die Bush-Administration hat. Wie in diesem Fall die Steuerung des Zugusses in die SPR. Das war damals auch kein Geheimnis, denn ich konnte auf offizielle Zahlen des US-Energieministeriums zurückgreifen. Da die Bush-Administration mit dieser Vorgehensweise beim letzten Mal Erfolg hatte (Mehrheit bei den Wahlen), habe ich mal geschaut, ob sie nicht auch diesmal entsprechend dafür gesorgt hat, daß der Ölpreis tendenziell etwas schwächelte. (Denn natürlich werden Wahlen nicht nur aufgrund dieses einen Faktors entschieden, aber bei einem Kopf-an-Kopf-Rennen könnte das durchaus den Ausschlag geben.) Und der Ölpreis ist ja in der Tat auch diesmal, wie 2004, seit dem Spätsommer gefallen.
Und wie ist es diesmal? Auch diesmal liegt der Zuguss aktuell bei Null. Diesmal ist das aber weniger auf die Tatsache eines bewußten Verzögerns des Zugusses zurückzuführen, sondern vielmehr auf die Tatsache, daß die strategischen Lager der USA aktuell einfach so gut wie voll sind (es sind knapp 700 Millionen Barrel gelagert, die maximale Kapazität liegt bei 727 Millionen Barrel. (Meine Quelle sind übrigens die offiziellen Zahlen des US-Energieministeriums: www.fe.doe.gov)
Immerhin: Ein abschließender Zuguß von 1,7 Millionen Barrel war ursprünglich noch für dieses Jahr geplant, wurde aber von Präsident Bush auf das erste Quartal 2007 (also nach die Wahlen) verschoben. Ja, das klingt aber nicht nach Mengen, die den Öl-Weltmarktpreis bzw. den US-Benzinpreis fühlbar beeinflussen könnten.
Ich bin aber noch auf etwas anderes gestoßen: Und zwar erinnern Sie sich ja vielleicht daran, daß im Juli der amerikanische Finanzminister gewechselt hat. Präsident Bush berief Henry Paulson ins Amt, und dieser Mann war Vorstandsvorsitzender des Brokerhauses Goldman Sachs gewesen. Gar kein schlechter Zug, diesen Finanzprofi als Finanzminister einzustellen. So, schauen wir mal weiter. Was kündigt Goldman Sachs im August an?
Dazu müssen Sie zunächst wissen, dass Goldman Sachs einen der wichtigsten (ich halte ihn sogar für DEN wichtigsten) Rohstoff-Index berechnet, den GSCI Excess Return. Goldman Sachs vermeldet im August, daß der Basiswert Benzin (im Index enthalten) durch eine andere Art von Benzin ersetzt wird, weil gesetzliche Vorschriften gewisse Giftstoffe verboten haben (was ja an sich sehr positiv ist). Das ist noch nicht der entscheidende Punkt, das war auch vorher klar, daß dieser Tausch kommen würde. Entscheidend ist: Im August teilt Goldman Sachs mit, daß diese Umstellung zum Anlaß genommen wird, die Gewichtung von Benzin von rund 8,7 auf aktuell 2,26 Prozent zu verringern. Übergangszeit? Von August 2006 bis Oktober 2006. Zur Erinnerung: Die Wahl ist im November.
Hat natürlich kaum einer bemerkt, wen interessiert schon eine Anpassung der Basiswerte in einem Rohstoff-Index. Diese drastische Senkung der Gewichtung von Benzin hat aber folgende Auswirkung: Die großen institutionellen Anleger bauen oft gewisse Indizes 1 zu 1 nach. Das gilt natürlich auch für einen der entscheidenden Rohstoff-Indizes. Wenn ein Institutioneller den GSCI Excess Return nachbauen wollte, dann kaufte er also entsprechend für 8,7 Prozent der Anlagesumme Benzin-Futures. Sie sehen, was für eine Auswirkung die Senkung der Gewichtung auf 2,26 Prozent hat: Denn jetzt muß dieser Institutionelle nur noch weniger als ein Drittel der vorher gehaltenen Summe in Benzin-Futures halten. Was macht er mit dem Rest? Braucht er nicht mehr. Glattstellen. Und da es hier natürlich um Milliarden geht, hat dieser Zug von Goldman Sachs – zack – dazu geführt, daß der Kurs des Benzin-Futures und damit natürlich der Benzinpreis vor Ort gefallen ist. Und zwar solange, bis die Umstellung abgeschlossen ist. Wie gesagt, das ist diesen Monat der Fall. Verstehen Sie jetzt, warum ich gegenüber den großen Emittenten skeptisch bin?
Bleiben Sie wachsam! |